Corona-Ganzjahresausgleich im Krankenhaus – ein Lichtblick für das Jahresergebnis 2020

Krankenhäuser im Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) erhalten im Zuge des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) mit § 21 Abs. 10 und 11 KHG die Möglichkeit, Erlösrückgänge im Jahr 2020 gegenüber dem Jahr 2019, die aufgrund des Coronavirus entstanden sind, im Rahmen von krankenhausindividuellen Verhandlungen der Vertragsparte

Ein wichtiges bilanzpolitisches Instrument für den Jahresabschluss 2020.

 

Krankenhäuser im Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) erhalten im Zuge des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) mit § 21 Abs. 10 und 11 KHG die Möglichkeit, Erlösrückgänge im Jahr 2020 gegenüber dem Jahr 2019, die aufgrund des Coronavirus entstanden sind, im Rahmen von krankenhausindividuellen Verhandlungen der Vertragsparteien vor Ort anteilig auszugleichen. Vor dem Hintergrund der sich im vierten Quartal des Jahres 2020 weiter verschärfenden Corona-Lage entwickelt sich dieser sogenannte Corona-Ganzjahresausgleich zu einem wichtigen bilanzpolitischen Instrument für den Jahresabschluss 2020. Wir beantworten deshalb einige wichtige Fragen zu diesem Themenkomplex.

Warum ein Ausgleich und keine zweite Freihaltepauschale?

Die mit dem COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz eingeführten pauschalen Ausgleichszahlungen konnten die Erlösausfälle infolge von Verschiebung oder Aussetzung von planbaren Aufnahmen, Operationen und Eingriffen nicht für jedes Krankenhaus vollständig kompensieren. Zudem war das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) bei der Verabschiedung der Ausgleichsregelung der Auffassung, dass es angesichts der Vielzahl der seit März 2020 ergriffenen Maßnahmen keiner weiteren Verlängerung der pauschalen finanziellen Hilfen nach § 21 Abs. 1 und 5 KHG über den 30. September 2020 hinaus bedurfte. Dennoch sollten weiterhin coronabedingte Belastungen der Krankenhäuser abgefangen werden. Die Regelung schafft daher die Möglichkeit, einen Erlösrückgang, der bei Krankenhäusern im Jahr 2020 aufgrund der Corona-Pandemie entstanden ist und der nicht anderweitig finanziert wird, im Rahmen von krankenhausindividuellen Verhandlungen der Vertragsparteien vor Ort auszugleichen. Erst im Rahmen der weiter voranschreitenden Corona-Pandemie entschloss sich der Gesetzgeber zur Einführung weiterer Unterstützungen wie insbesondere einer modifizierten Wiederauflage der Freihaltepauschale im Rahmen des Dritten Bevölkerungsschutzgesetzes.

Gibt es Vorgaben für die Vereinbarung?

Um die Vereinbarung durch die Vertragsparteien vor Ort zu erleichtern, wurden die Vertragsparteien auf Bundesebene beauftragt, bis zum 31. Dezember 2020 das Nähere für den Ausgleich eines durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Erlösrückgangs zu vereinbaren. Die Vertragsparteien auf Bundesebene haben sich auf eine entsprechende Vereinbarung verständigt (Corona-Ausgleichsvereinbarung 2020), die am 18. Dezember 2020 in Kraft getreten ist.

Was sind die wesentlichen gesetzlichen Vorgaben und die Inhalte der Vereinbarung auf Bundesebene?

  1. Die Ausgleichsregelung findet Anwendung im Regime sowohl des KHEntgG als auch der BPflV. Bei „Mischkrankenhäusern“ erfolgt eine getrennte Betrachtung.
  2. Maßgeblich für die Erlösermittlung zum Zweck des Corona-Ausgleichs sind die im Zeitraum vom 1. März bis zum 31. Dezember der Jahre 2019 und 2020 entlassenen voll- und teilstationären Patienten ohne Überlieger.
  3. Die Höhe des Ausgleichssatzes für das Jahr 2020 beträgt 85 %. Die Vertragsparteien vor Ort setzen für den Ausgleich grundsätzlich diese auf der Bundesebene vereinbarte Höhe des Ausgleichssatzes an. In begründeten Ausnahmefällen können sie jedoch einen abweichenden Ausgleichssatz vereinbaren, wenn dies zur Durchführung eines sachgerechten Ausgleichs des Erlösrückgangs erforderlich ist. Ein abweichender Ausgleichssatz ist insbesondere dann angezeigt, wenn bei der Erlösermittlung die variablen Sachkosten enthalten sind und der krankenhausindividuelle Anteil der variablen Sachkosten bei dem Krankenhaus wesentlich von dem Anteil abweicht, der der Vereinbarung der Ausgleichssatzhöhe auf Bundesebene zugrunde gelegt worden ist.
  4. Nach den gesetzlichen Vorgaben sind variable Sachkosten bei der Erlösermittlung für die Jahre 2019 und 2020 mindernd zu berücksichtigen. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) hat in diesem Zusammenhang um die variablen Sachkosten bereinigte Entgeltkataloge für die pauschalierenden Entgeltsysteme für die Jahre 2019 und 2020 auf seiner Internetseite veröffentlicht.
  5. Es sind nur Erlöse in die Vergleichsrechnung einzubeziehen, die Bestandteil des Gesamtbetrags des Krankenhauses sind.
  6. Insbesondere die Mittel für Pflegepersonal in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen (tagesbezogene Pflegeentgelte nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6a KHEntgG) werden nicht in die Erlösermittlung einbezogen.
  7. Die Beträge nach § 21 Abs. 5 Satz 1 KHG (50.000 EUR je Bett), die Zuschläge nach § 21 Abs. 6 Satz 1 KHG (Corona-Mehrkostenzuschlag) sowie die Zusatzentgelte nach § 26 Abs. 1 Satz 1 KHG (Zusatzentgelt für Corona-Testungen) sind in der Erlösermittlung nicht zu berücksichtigen.
  8. Die Erlöse aus den Freihaltepauschalen sind zu 85 % den Erlösen 2020 zuzurechnen, da die Ausgleichszahlungen zum Beispiel auch Mittel für ärztliche und nichtärztliche Wahlleistungen sowie für Ambulanzen enthalten.
  9. Die Abfinanzierung des errechneten Ausgleichsbetrags erfolgt über einen prozentualen Zuschlag auf die im Gesamtbetrag enthaltenen Entgelte. Die abrechnungstechnische Umsetzung entspricht insofern dem Verfahren bei anderen gesetzlich vorgegebenen Zuschlägen. Die Liquidität zur Kompensation der Erlösrückgänge fließt den Krankenhäusern daher erst im Jahr 2021 oder möglicherweise erst im nachfolgenden Vereinbarungszeitraum zu.
  10. Erlösabweichungen zwischen den tatsächlich abgerechneten Zuschlagsbeträgen und dem vereinbarten Ausgleichsbetrag sind im nächstmöglichen Vereinbarungszeitraum vollständig auszugleichen (Ausgleich vom Ausgleich).

Kann für den Corona-Ganzjahresausgleich eine Forderung im Jahresabschluss 2020 aktiviert werden?

Für den Corona-Ganzjahresausgleich ist eine Forderung zum 31. Dezember 2020 grundsätzlich nur dann zu aktivieren, wenn eine Vereinbarung oder Vorabstimmung mit den Kostenträgern bis zum Ende des Aufstellungszeitraums für den Jahresabschluss 2020 vorliegt. Falls eine solche Vereinbarung oder Abstimmung nicht vorliegt, ist nur dann eine Forderung zu aktivieren, wenn das Krankenhaus den klaren Willen hat, den Ganzjahresausgleich zu vereinbaren, und die Forderung auch entsprechend den gesetzlichen Vorgaben bzw. den Vorgaben der Vereinbarung auf Bundesebene verlässlich bewerten kann. Bei der Bewertung könnte es allerdings nicht unerhebliche Unsicherheiten geben. Hierauf ist mit einem ausreichend hohen Bewertungsabschlag zu reagieren.

Sind die Voraussetzungen in den gezeigten Fällen erfüllt, besteht daher nicht nur ein Wahlrecht, sondern die Verpflichtung zur Aktivierung einer Forderung im Jahresabschluss 2020, da das Krankenhaus einen gesetzlichen Ausgleichsanspruch hat und der Vorgang wirtschaftlich im Geschäftsjahr 2020 verursacht ist. Je nach Höhe des Ausgleichs ist nicht auszuschließen, dass eine Angabe der zugehörigen Ausgleichserträge im Anhang unter den außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen verpflichtend ist. Der Sachverhalt des Corona-Ganzjahresausgleichs ist dann zudem im Lagebericht zu erläutern.

Kann eine Verbindlichkeit entstehen, wenn festgestellt wird, dass eine Erlössteigerung gegenüber 2019 eingetreten ist?

Etwaige erzielte Erlössteigerungen werden nicht ausgeglichen und verbleiben damit beim Krankenhaus. Die geleisteten Ausgleichszahlungen (Freihaltepauschale) verbleiben laut Gesetzesbegründung in jedem Fall beim Krankenhaus, auch wenn dadurch Erlösüberschüsse generiert wurden. Es kann daher nicht der Fall einer Ausgleichsverbindlichkeit aus dem Corona-Ganzjahresausgleich im Jahresabschluss 2020 eintreten.

Fazit zum Corona-Ganzjahresausgleich im Krankenhaus

Der Gesetzgeber ist mit dem Corona-Ganzjahresausgleich von der pauschalen Kompensation der coronabedingten Ergebnisbelastungen der Krankenhäuser zugunsten einer krankenhausindividuellen Kompensation abgerückt. Zwar können durch den Ausgleich im Jahresergebnis 2020 wesentliche Corona-Belastungen „neutralisiert“ werden, die angespannte Liquiditätssituation vieler Krankenhäuser wird durch das Instrument aber nicht zeitnah verbessert.

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