Besser spät als nie – das Hinweisgeberschutzgesetz

Nach der Zustimmung des Bundesrates am 12. Mai 2023 ist das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) am 2. Juni 2023 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden und wird am 2. Juli 2023 in Kraft treten. Eigentlich hätte das Gesetz, mit dem Deutschland seiner Pflicht zur Umsetzung der so genannten „Whistleblower-Richtlinie“ (Richtlinie (EU) 2019/1937) nachkommen will, schon bis zum 17. Dezember 2021 in Kraft treten müssen. Da die Säumigkeit des deutschen Gesetzgebers den Steuerzahler wohl eine Stange Geld kosten wird, gibt es also selbst dann einen Grund, sich über die Einigung zwischen Bundestag und Bundesrat zu freuen, wenn die notwendige Umsetzung im eigenen Unternehmen keine Herzensangelegenheit sein sollte.


Infolge des langen Gesetzgebungsprozesses haben wir bereits mehrfach über das Gesetz berichtet (siehe u. a. Solidaris Information 1/2022, 4/2022 und 2/2023). Die Details der Änderungen zu den bisherigen Entwürfen darzustellen, wäre eine akademische Übung. Man hat sich nun mit dem beschlossenen Gesetz zu befassen.

Das Wichtigste des Hinweisgeberschutzgesetzes in Kürze:

  • Das Gesetz soll einen verbesserten Schutz so genannter Hinweisgeber erreichen. Dies sind Personen, die im beruflichen Kontext Informationen über bestimmte rechtswidrige Umstände bzw. Missstände erlangen und diese melden bzw. aufdecken. Hierzu gehören z.B. Straftaten, bestimmte Ordnungswidrigkeiten, die Verletzung bestimmter Regelungen zur Bekämpfung von Geldwäsche, Produktsicherheit, zur Sicherheit im Straßenverkehr, zum Umweltschutz, zur Lebensmittelsicherheit, zum Datenschutz und mehr.
  • Die Identität von Hinweisgebern ist vertraulich zu behandeln.
  • Hinweisgeber dürfen – auch bei nachteiligen Konsequenzen der Meldung für das Unternehmen – keine Benachteiligungen erfahren. Hierzu gehören z.B. Kündigungen, Abmahnungen, Versagungen von Beförderungen oder Mobbing. Bei Repressalien stehen ihnen Schadensersatzansprüche zu.
  • Beschäftigungsgeber mit mehr als 50 Mitarbeitern verpflichtet das Gesetz zur Einrichtung einer unternehmenseigenen – „internen“ – Meldestelle. Dies gilt auch für steuerbegünstigte Organisationen. Sonderregelungen gelten für öffentliche oder öffentlich beherrschte Beschäftigungsgeber. In der nun beschlossenen Gesetzesfassung besteht zwar keine Pflicht zur Ermöglichung anonymer Hinweise, allerdings „sollte“ die Meldestelle solche auch bearbeiten. Gleichwohl dürfte sich die Entgegennahme und Untersuchung anonymer Hinweise empfehlen, um zu vermeiden, dass Hinweisgeber sich an externe (staatliche) Meldestellen wenden.
  • Bei Verstößen gegen das Gesetz drohen Bußgelder bis zu (nur noch) 50.000 € bzw. (durch Verweis auf § 30 Abs. 2 S. 3 OWiG) 500.000 €. Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Einrichtung einer Meldestelle soll erst sechs Monate nach Verkündung des Gesetzes mit einem Bußgeld sanktioniert werden.
     

Fazit

Soweit nicht längst geschehen, sollten sich Organisationen, die zur Einrichtung einer internen Meldestelle verpflichtet sind, nun mit den daran gestellten Anforderungen vertraut machen und die Einrichtung in die Wege leiten. Das erfordert mehr als die bloße Einrichtung einer E-Mail-Adresse. Der Meldestelle muss bestimmtes, unabhängiges und fachkundiges Personal zugeordnet werden, welches ausschließlichen Zugang zu den Meldungen hat und ihnen nachgehen kann. Bestimmte Vertraulichkeits-, Rückmelde- und Dokumentationspflichten sind zu erfüllen. Mit der Führung der internen Meldestelle können auch externe Personen betraut werden. Auch Unternehmen, die nicht zur Vorhaltung einer Meldestelle verpflichtet sind, können die Einrichtung in Erwägung ziehen. Sie bietet die Chance, die Abgabe von Meldungen bei den externen staatlichen Stellen zu vermeiden. Bei der Einrichtung Ihrer internen Meldestelle oder bei sonstigen Fragen zum HinSchG stehen wir Ihnen gerne beratend zur Verfügung. Außerdem können Sie Ihre interne Meldestelle durch die Solidaris betreiben lassen.

Autor
Autor

Weitere Artikel, die Sie interessieren könnten

phone
mail Pfeil weiß