Neues zur Aufteilung und Berichtigung von Vorsteuerbeträgen

Im vierten Quartal 2022 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) mehrere BMF-Schreiben zur Aufteilung und Berichtigung der Vorsteuer veröffentlicht. Im Fokus stehen insbesondere die nachrangige Anwendung des Gesamtumsatzschlüssels zur Aufteilung der Vorsteuer in der deutschen Gesetzgebung sowie Einzelheiten zur Ausgestaltung anderer präziserer Aufteilungsschlüssel.

 

Aufteilung von Vorsteuerbeträgen nach § 15 Abs. 4 UStG bei gemischt genutzten Grundstücken (BMF-Schreiben vom 20. Oktober 2022, III C 2 - S 7306/19/10001 :003)

Wird ein Gegenstand oder eine sonstige Leistung für Umsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, sowie für Umsätze, für die der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, verwendet, sind die Vorsteuerbeträge gemäß § 15 Abs. 4 UStG in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil aufzuteilen. Das Unionsrecht sieht grundsätzlich die vorrangige Anwendung eines Gesamtumsatzschlüssels vor, bei dem auf die Gesamtheit der Ausgangsumsätze des Unternehmers abgestellt wird. Von diesem unionsrechtlichen Grundsatz weicht der deutsche Gesetzgeber ab, da gemäß § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG eine Aufteilung nach dem Gesamtumsatzschlüssel nur zulässig ist, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Dies wurde im EuGH-Urteil vom 8. November 2012 – C-511/10 – mit der Einschränkung bestätigt, dass der andere Aufteilungsschlüssel zu präziseren Ergebnissen führen muss (vgl. auch BFH, Urteil vom 22. August 2013 – V R 19/09).

Eingangsleistungen, die für die Nutzung, Erhaltung und Unterhaltung von Gebäuden in Anspruch genommen werden, sind den Ausgangsumsätzen möglichst direkt zuzuordnen (BFH, Urteil vom 10. August 2016 – XI R 31/09). Lediglich nicht direkt zuordenbare Eingangsleistungen sind sachgerecht aufzuteilen. Anders zu würdigen ist die Anschaffung oder Herstellung von Gebäuden. In diesen Fällen sind die auf die gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge einheitlich in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil aufzuteilen (BFH, Urteil vom 11. November 2020 – XI R 7/20).

Die Vorsteueraufteilung muss mittels eines sachgerechten Aufteilungsschlüssels vorgenommen werden. Führt ein anderer Aufteilungsschlüssel als der Gesamtumsatzschlüssel zu präziseren Ergebnissen, ist dieser Schlüssel anzuwenden. Bei gleichzeitigem Vorliegen verschiedener präziserer Aufteilungsmethoden muss der Unternehmer nicht zwingend die präziseste anwenden. Das Finanzamt kann überprüfen, ob die Entscheidung sachgerecht ist.

Bei gemischt genutzten Grundstücken kommen als präzisere Aufteilungsschlüssel der objektbezogene Flächenschlüssel, der objektbezogene Umsatzschlüssel oder der Schlüssel nach dem umbauten Raum in Frage. Der Flächenschlüssel, bei dem die Flächen nach ihrer Nutzung ins Verhältnis gesetzt werden, ist regelmäßig der wirtschaftlich präzisere Aufteilungsschlüssel gegenüber dem Gesamtumsatzschlüssel (BFH, Urteil vom 7. Mai 2014 – V R 1/10). Der objektbezogene Umsatzschlüssel ist nur unter bestimmten Voraussetzungen anzuwenden, insbesondere in den Fällen, in denen die Ausstattung der unterschiedlich genutzten Räume erheblich voneinander abweicht (BFH, Urteil vom 3. Juli 2014 – V R 2/10). Ein Aufteilungsschlüssel nach dem umbauten Raum kommt in Betracht, wenn es bei gleicher Ausstattung der Räumlichkeiten erhebliche Abweichungen in den Geschosshöhen gibt.

Im Einzelfall können andere Aufteilungsschlüssel zu präziseren Ergebnissen führen, beispielsweise eine Aufteilung nach Nutzungszeiten bei einer Schulsporthalle, die zeitlich abwechselnd zu steuerfreien und steuerpflichtigen Zwecken genutzt wird (BFH, Urteil vom 26. April 2018 – V R 23/16).

Vorsteueraufteilung in anderen Fällen (BMF-Schreiben vom 18. November 2022, III C 2 – S 7306/19/10002:002)

Im Zusammenhang mit KWK-Anlagen (Blockheizkraftwerken), die sowohl Strom als auch Wärme produzieren, erfolgt die Vorsteueraufteilung oftmals nach der Menge der produzierten Leistungen in Kilowattstunden. Der BFH hat mit Urteil vom 16. November 2016 – V R 1/15 – entschieden, dass eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge nicht miteinander vergleichbarer Produkte nach der Menge nicht sachgerecht ist. Es ist daher spätestens ab dem Veranlagungszeitraum 2023 eine Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der Marktpreise der produzierten Strom- und Wärmemengen vorzunehmen. Die Anwendung eines selektiven Personalschlüssels, bei dem ein Großteil der Mitarbeiter nicht berücksichtigt wird, ist nach der Entscheidung des BFH vom 23. Oktober 2019 – XI R 18/17 – ebenfalls nicht sachgerecht. Nach Auffassung des BFH führt dies nicht zu präziseren Ergebnissen, da vernachlässigt wird, dass alle Mitarbeiter zum Geschäftserfolg beitragen. Des Weiteren führt das BMF auf Grundlage des BFH-Urteils vom 23. Oktober 2019 – V R 46/17 – aus, dass eine Aufteilung von Vorsteuerbeträgen nach § 15 Abs. 4 UStG nur für nach § 15 Abs. 1 UStG gesetzlich geschuldete Vorsteuerbeträge in Betracht kommt. Das schließt aus, dass eine nach § 14c UStG geschuldete Steuer einer Vorsteueraufteilung unterzogen wird.

Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG bei Aufgabe einer von mehreren Tätigkeiten (BMF-Schreiben vom 1. September 2022, III C 2 – S 7316/19/10002 :001)

Der BFH hatte mit Urteil vom 27. Oktober 2020 – V R 20/20 (V R 61/17) – entschieden, dass es zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG führen kann, wenn bei einem Gegenstand, den der Unternehmer zunächst gemischt für steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze genutzt hatte, die Verwendung für die steuerpflichtigen Umsätze entfällt, während der Unternehmer die Verwendung für die steuerfreien Umsätze fortsetzt. Der bloße Leerstand ohne Verwendungsabsicht bewirke hingegen keine Änderung der Verhältnisse. Im zugrunde liegenden Streitfall hatte der Steuerpflichtige das Recht auf einen anteiligen Vorsteuerabzug aus der Errichtung einer ­Cafeteria im Anbau seines umsatzsteuerfrei betriebenen Alten- und Pflegeheims erworben. Die Cafeteria wurde zunächst sowohl für steuerfreie als auch für steuerpflichtige Umsätze genutzt. Die Verwendung für steuerpflichtige Umsätze wurde eingestellt und die Cafeteria im Weiteren vereinzelt für steuerfreie Umsätze genutzt.

Der EuGH hat nach einem Vorlageersuchen des BFH bestätigt, dass das Unionsrecht den nationalen Regelungen nicht entgegensteht, wonach von einer Änderung der Verhältnisse nach § 15a UStG auszugehen ist, wenn bei einem ursprünglich gemischt genutzten Wirtschaftsgut eine Tätigkeit aufgegeben und das Wirtschaftsgut im Folgenden ausschließlich für die beibehaltene Tätigkeit genutzt wird (EuGH, Urteil vom 9. Juli 2020 – C-374/19). Im Einzelfall ist zu prüfen, ob bei einer nur punktuellen Verwendung des Wirtschaftsguts für die beibehaltene Tätigkeit insgesamt von einer Nichtnutzung auszugehen ist. Eine Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG unterbleibt in diesem Fall, wie im BMF-Schreiben vom 1. September 2022 klargestellt wird.

Praxis-Hinweis

Sofern Sie größere Investitionen in gemischt genutzte Gebäude oder Projekte planen, empfehlen wir eine zeitnahe Abstimmung mit Ihrem steuerlichen Berater zur Festlegung eines sachgerechten Vorsteuerschlüssels. Für Blockheizkraftwerke ergeben sich zudem zukünftig Änderungen, da hier bisher häufig auf die sogenannte Stromkennzahl abgestellt wurde.

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Steuerberaterin, Partnerin, Leitung KompetenzTeam Steuern Köln

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