Wann ist ein GmbH-Beschluss nicht mehr anfechtbar?

Bleibt ein Gesellschafter der Gesellschafterversammlung fern, beginnt die Anfechtungsfrist für den Gesellschafterbeschluss erst, wenn er von dem Inhalt Kenntnis erlangt. Der Gesellschafter hat aber eine eigenständige Erkundungsfrist von zwei Wochen, nach deren Ablauf die Anfechtungsfrist zu laufen beginnt, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Dresden in seinem Urteil vom 28. Mai 2020 – 8

Urteil des OLG Dresden zur Erkundigungsfrist eines nicht teilnehmenden Gesellschafters.

 

Bleibt ein Gesellschafter der Gesellschafterversammlung fern, beginnt die Anfechtungsfrist für den Gesellschafterbeschluss erst, wenn er von dem Inhalt Kenntnis erlangt. Der Gesellschafter hat aber eine eigenständige Erkundungsfrist von zwei Wochen, nach deren Ablauf die Anfechtungsfrist zu laufen beginnt, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Dresden in seinem Urteil vom 28. Mai 2020 – 8 U 2611/19.

In dem zugrunde liegenden Fall sah der Gesellschaftsvertrag der GmbH vor, dass im Falle der Insolvenz eines Gesellschafters die Möglichkeit der Einziehung der Geschäftsanteile des insolventen Gesellschafters besteht, ohne dass dieser ein Stimmrecht hat. Über das Vermögen einer Gesellschafterin, der X-GmbH, wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Zur ersten Gesellschafterversammlung erschien der Vertreter der insolventen X-GmbH nicht, so dass die Versammlung nicht beschlussfähig war. Nach der Regelung des Gesellschaftsvertrags erfolgte eine zweite Gesellschafterversammlung am 13. Dezember 2018 ohne Rücksicht auf das vertretene Stammkapital. In dieser beschlossen die verbliebenen Gesellschafter die Einziehung der Geschäftsanteile der insolventen X-GmbH. Das Protokoll der Gesellschafterversammlung erhielt der Insolvenzverwalter der X-GmbH am 10. Januar 2019. Am 11. Februar 2019 erhob der Insolvenzverwalter Anfechtungsklage gegen den Einziehungsbeschluss.

Die Richter stellten klar, dass bei Anfechtungsklagen gegen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einer GmbH nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) die Monatsfrist nach § 246 Abs. 1 Aktiengesetz – der hier entsprechend gilt – grundsätzlich einzuhalten ist, sofern die Satzung keine abweichende Regelung enthält.

Der Beginn der Monatsfrist könnte entweder ab Erlass des Beschlusses oder ab Bekanntgabe des Beschlusses zu laufen beginnen. Das Oberlandesgericht Dresden legt letztere Ansicht und damit die Bekanntgabe als maßgebliches Kriterium seinem Urteil zugrunde. Der Fristbeginn ab Kenntnis sei zum Schutz des nicht teilnehmenden Gesellschafters sachgerecht und geboten. Dies gelte jedoch nicht für den Fall, in dem der Gesellschafter einer zweiten einberufenen Gesellschafterversammlung ohne Begründung fernbleibe. Es bestehe eine Verpflichtung des fernbleibenden Gesellschafters, sich nach den in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüssen zu erkundigen. Für diese Erkundigungsfrist legt das OLG Dresden einen Zeitraum von zwei Wochen fest. Wäre nur die Bekanntgabe des Beschlusses am 10. Januar 2019 maßgeblich gewesen, hätte der Anfechtungskläger die Klage am Montag, den 11. Februar 2019, fristgerecht erhoben. So war die Klageerhebung verfristet.

Gegen das Urteil ist Revision beim BGH – II ZR 101/20 – eingelegt.

Fazit zur Anfechtbarkeit eines Gesellschafterbeschlusses

Bis zur Entscheidung des BGH sollte für den Fall einer Anfechtung von Seiten des anfechtenden Gesellschafters grundsätzlich mit der kürzesten Frist, also der Monatsfrist ab Erlass des Gesellschafterbeschlusses gerechnet werden. Von Seiten der Gesellschaft empfiehlt es sich, klare Regeln über Beginn und Dauer der Anfechtungsfrist in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen.

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