Ambulante Arztabgaben und Mitarbeitercafeteria im Krankenhaus – Bundesfinanzhof urteilt zum Umfang des Zweckbetriebs nach § 67 AO

Am 11. April 2024 wurden zwei zum Teil inhaltsgleiche Parallelentscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) zur ertragsteuerlichen Behandlung der entgeltlichen Überlassung von Räumlichkeiten und Personal sowie sonstiger Sachmittel für ambulante Tätigkeiten angestellter Ärzte mit Nebentätigkeitserlaubnis sowie zum Betrieb einer Mitarbeitercafeteria veröffentlicht (BFH, Urteile vom 14. Dezember 2023, V R 2/21 und V R 28/21, Vorinstanz Finanzgericht (FG) Münster, Urteile vom 13. Januar 2021, 13 K 365/17 K,G,F und 13 K 167/17 E,K,G,F,Zerl).

Gemäß dem ersten Leitsatz des Urteils V R 28/21, das zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehen ist, hängen die Einnahmen eines Krankenhauses aus der Personal- und Sachmittelgestellung an nach § 116 SGB V ermächtigte Ärzte – und demgemäß die diesen Einnahmen zuzuordnenden Ausgaben – nicht mit dem Zweckbetrieb „Krankenhaus“ (§ 67 Abs. 1 AO) zusammen, sondern gehören zu den Besteuerungsgrundlagen, die einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind (§ 64 Abs. 1 AO). Zur Anwendung der §§ 64, 67 AO auf Mitarbeitercafeterien, die aus arbeitsrechtlichen Gründen defizitär betrieben werden, erfolgte eine Zurückverweisung an die Vorinstanz.


Zu den Arztabgaben

Das FG Münster hatte in der Vorinstanz noch zugunsten des Steuerpflichtigen geurteilt, dass es sich in entsprechender Anwendung der BFH-Rechtsprechung zur Abgabe von Faktorpräparaten zur Heimselbstbehandlung (BFH, Urteil vom 18. Oktober 2017 – V R 46/16) und zur Abgabe von Zytostatika (Urteile vom 31. Juli 2013 – I R 82/12 – sowie 6. Juni 2019 – V R 39/17) bei den Arztabgaben um typischerweise gegenüber den Patienten erbrachte Leistungen handele, da sie mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen an die Patienten als Benutzer des Krankenhauses unmittelbar zusammenhängen.

Der BFH sah hingegen keinen hinreichenden Zusammenhang mit der Krankenhausbehandlung, weil die Ärzte im Rahmen ihrer persönlichen Ermächtigung nach § 116 SGB V oder § 31a Ärzte-ZV zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung und nicht innerhalb des Versorgungsauftrages des Krankenhauses tätig würden. Zudem seien die Sozialleistungsträger im Rahmen der Krankenhausvergütung durch die Personal- und Sachmittelgestellung an die ermächtigten Ärzte nicht zusätzlich belastet, denn die Abgaben des Arztes ergäben sich aus der vertraglichen Regelung zwischen Arzt und Krankenhaus. Die Zuordnung zum Zweckbetrieb scheidet nach Auffassung des BFH ebenso für die Übernahme der Abrechnungstätigkeit und den sogenannten Vorteilsausgleich aus.

Die vom FG Münster als einschlägig angesehene Rechtsprechung zu den Zytostatika oder zur Abgabe von Gerinnungsfaktoren zur Heimselbstbehandlung beurteilte der BFH als nicht anwendbar, denn im Fall der Zytostatika handele es sich um eine Leistung des Krankenhauses und nicht der Ambulanz, die die Krankenhausapotheke mit den Krankenkassen abrechne und die dadurch die Sozialleistungsträger gesondert belaste.

Auch wenn der BFH die Zuordnung der ambulanten Arztabgaben zum steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im ersten Leitsatz festschreibt, wurde das Verfahren wieder zurück an das FG verwiesen, welches im zweiten Rechtsgang zu prüfen hat, ob diesbezüglich nicht ein Zweckbetrieb nach § 65 AO vorliegen könnte. Der BFH weist zwar darauf hin, dass er diese Zweckbetriebseigenschaft im Fall der Großgeräteüberlassung bereits mit Urteil vom 6. April 2005 – I R 85/0 – verneint hatte, allerdings könne aus verfahrensrechtlichen Gründen diese Prüfung nicht in der Revisionsinstanz durch den BFH erfolgen.
 

Zur Mitarbeitercafeteria

Die Feststellungen des Finanzgerichts tragen aus Sicht das BFH nicht die Entscheidung des Finanzgerichts. Das Finanzgericht hatte in „analoger“ Anwendung des § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 3c Abs. 1 EstG konstruiert, dass die im Rahmen der Mitarbeiterbeköstigung angefallenen Betriebsausgaben teilweise durch den Krankenhauszweckbetrieb veranlasst und insoweit auch ohne den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb entstanden seien, und kürzte die anzuerkennenden Betriebsausgaben pauschal um 15 %, welche in dieser Höhe dem Zweckbetrieb zugeordnet wurden. Dies folge aus dem sogenannten Prinzip der wertenden Selektion von Aufwandsursachen (BFH, Urteil vom 15. Januar 2015 – I R 48/13). Dieser Sichtweise erteilte der BFH eine Absage.

Die Bundesrichter rügten vor allem, dass die Feststellungen des Finanzgerichts nicht ausreichend seien, um prüfen zu können, ob und in welchem Umfang Betriebsausgaben insofern dem Zweckbetrieb nach § 67 AO zuzuordnen seien, als sie auf die vergünstigte Abgabe von Speisen und Getränken an Krankenhausmitarbeiter entfallen könnten. Bei öffentlich nicht zugänglichen Mitarbeitercafeterien sei schon fraglich, ob diese überhaupt eine selbständige Tätigkeit nach § 14 AO darstellten und damit vom Zweckbetrieb Krankenhaus abgrenzbar seien.

Der BFH hob das Urteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück. Auch die Beurteilung der Mitarbeitercafeterien ist im zweiten Rechtsgang durch das Finanzgericht nachzuholen.

Aufhorchen lässt an dieser Stelle der Hinweis des BFH, dass für den Fall, dass die dauerhaft defizitären Mitarbeitercafeterien in vollem Umfang einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellten, die Steuerbegünstigung insgesamt gefährdet sei. Der BFH stellt klar, dass die Regelung des § 64 Abs. 2 AO, wonach alle steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe zu einem zusammenzufassen sind, nicht von den Anforderungen in § 56 AO und § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO entbindet, so dass ein Dauerverlustbetrieb die Steuerbegünstigung auch dann gefährdet, wenn seine Verluste durch Gewinne anderer wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe ausgeglichen werden.

Praxis-Hinweis

Wir empfehlen, auch wenn das Finanzamt nunmehr zur Rücknahme der Einsprüche in den anhängigen Verfahren auffordert, die bisher bis zur Entscheidung des BFH geruht hatten, die Verfahren weiterhin offen zu halten, denn es bleiben die Entscheidungen des FG Münster im zweiten Rechtsgang abzuwarten.

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Steuerberater, Geschäftsführender Partner (Stellv. Sprecher der Geschäftsführung)
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Steuerberaterin, Partnerin, Leitung KompetenzTeam Steuern Köln

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