Allgemeiner Zweckbetrieb einer Beschäftigungsgesellschaft

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 18. August 2022 – V R 49/19 – (veröffentlicht am 26. Januar 2023) seine eigene Rechtsprechung dahingehend bestätigt, dass entgeltliche Dienstleistungen einer arbeitstherapeutischen Beschäftigungsgesellschaft einen allgemeinen Zweckbetrieb (Zweckbetrieb gemäß § 65 AO) nur dann begründen, wenn die gegenüber ihren Auftraggebern erbrachten Leistungen das ausschließliche Ergebnis der Arbeitstherapie und somit notwendige Folge der Erfüllung des gemeinnützigen Zwecks sind.


Sachverhalt einer Beschäftigungsgesellschaft


Klägerin und Revisionsbeklagte ist eine GmbH, die ein auf Mietwäsche spezialisiertes Dienstleistungsunternehmen betreibt. Die Revisionsklägerin und Beigeladene ist eine wegen Förderung des Wohlfahrtswesens als gemeinnützig anerkannte GmbH (im Folgenden: gemeinnützige ­GmbH). Sie betrieb in den Streitjahren 2012 und 2013 unter anderem eine Großwäscherei zur Beschäftigung von langzeitarbeitslosen Menschen mit besonderen Einschränkungen und von Menschen mit Behinderung. Sie ist überdies alleinige Gesellschafterin der A-GmbH und der B-gGmbH und bot zusammen mit ihren beiden Tochtergesellschaften maßgeschneiderte Leistungspakete an.

Die gemeinnützige GmbH erklärte die Großwäscherei als allgemeinen Zweckbetrieb. Das Finanzamt folgte dieser Auffassung und nahm die Veranlagung entsprechend vor. Die Klägerin beantragte beim Finanzamt erfolglos, die steuerliche Veranlagung der gemeinnützigen GmbH zu ändern, weil die Wäscherei als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb anzusehen sei. Ihren Einspruch gegen die Ablehnung ihrer Änderungsanträge wies das Finanzamt als unbegründet zurück, da die Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb nach § 65 AO vorlägen. Mit der hiergegen erhobenen Konkurrentenklage beantragte die Klägerin, die Steuerfestsetzungen für die Jahre 2012 und 2013 der gemeinnützigen GmbH dahingehend zu ändern, dass der Wäschereibetrieb als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt wird.

Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf gab der Klage mit Urteil vom 3. September 2019 – 6 K 3315/17 K, G – statt und begründete dies wie folgt: Die gemeinnützige GmbH habe in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen jeweils Gewinne erwirtschaftet, die ihren konkreten Finanzierungsbedarf überstiegen. Daher sei bezugnehmend auf das BMF-Schreiben vom 6. Dezember 2017 – IV C 4 – S 0185/14/10002 :001 – widerlegbar von einer zweckbetriebsschädlichen Absicht der GmbH auszugehen, den Zweckbetrieb des Erwerbs wegen auszuüben. Zudem führe das enge Zusammenwirken der gemeinnützigen GmbH mit der A-GmbH, der gewerblichen Tochtergesellschaft, dazu, dass die Gewerblichkeit der Tochtergesellschaft auf die gemeinnützige GmbH abfärbe.

Die gemeinnützige GmbH wendete sich hiergegen mit der Revision. Sie legte insbesondere dar, dass die Entscheidung des FG rechtsfehlerhaft sei, weil die Höhe des ausgewiesenen Gewinns ein ungeeigneter Maßstab für eine gemeinnützigkeitsrechtliche Bewertung sei. Ihre Zusammenarbeit mit der gewerblich tätigen Tochtergesellschaft führe nicht zu einer gemeinnützigkeitsschädlichen Abfärbung. Darüber hinaus sei die Besteuerung der Wäscherei zutreffend erfolgt, da die Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb nach § 65 AO erfüllt seien.
 

Zulässigkeit der Konkurrentenklage


Der BFH bejahte die Zulässigkeit der Konkurrentenklage, weil die Klägerin ein Konkurrenzverhältnis sowie die Wettbewerbsrelevanz der Nichtbesteuerung schlüssig darlegen konnte. Hierzu hatte die Klägerin insbesondere vorgetragen, dass die gemeinnützige GmbH in demselben Einzugsbereich faktisch denselben Kundenkreis (Krankenhäuser sowie Alten- und Pflegeheime) bediente und auch von der Klägerin diverse Großkunden abwerben konnte, was diese auf niedrigere Preise aufgrund der steuerlichen Begünstigung zurückführte. Auch aus den Lageberichten der gemeinnützigen GmbH ging hervor, dass zwischen ihr und der Klägerin ein Verdrängungswettbewerb stattfinde.
 

Begründetheit der Revision


Die Revision der gemeinnützigen GmbH ist aus Sicht des BFH begründet. Das FG habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Zweckbetrieb nach § 65 AO bereits deshalb zu verneinen sei, weil in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen erhebliche Gewinne erzielt wurden. Das vom FG angeführte BMF-Schreiben vom 6. Dezember 2017 betreffe aber die Zweckbetriebe der Wohlfahrtspflege nach § 66 AO und die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Wohlfahrtspflege „nicht des Erwerbs wegen“ ausgeübt wird. Die Lesart des BMF-Schreibens durch das FG und die Übertragung der Einschränkungen der Zweckbetriebe nach § 66 AO auf die Zweckbetriebe nach § 65 AO seien unzutreffend.

Für das Vorliegen eines Zweckbetriebs gemäß § 65 AO sei vielmehr erforderlich, dass der Betrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen. Nach ständiger Rechtsprechung verlange dies, dass der Zweckbetrieb mit den ihn begründenden Tätigkeiten und nicht nur mit den durch ihn erzielten Einnahmen unmittelbar der Verwirklichung des steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zweckes dient. Hierzu bedürfe es einer Gesamtwürdigung der Betätigung. Diese Prüfung habe das FG nicht vorgenommen.

Auch die Hilfsbegründung des FG, dass die Gewerblichkeit der Tochtergesellschaft auf die gemeinnützige GmbH abfärbe und damit der Zweckbetriebseigenschaft entgegenstehe, sei unzutreffend. Ein Zusammenhang mit den in § 65 AO genannten Kriterien sei nicht ersichtlich.
 

Keine Spruchreife: Prüfung der Voraussetzungen des § 65 AO erforderlich


Der BFH hat die Sache daher mangels Spruchreife zurück an das FG verwiesen. Dieses hat nun zu prüfen, inwiefern die Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb nach § 65 AO unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung vorliegen. Entsprechend dem BFH-Urteil vom 13. Juni 2012 – I R 71/11 – ist bei Lohnaufträgen einer arbeitstherapeutischen Beschäftigungsgesellschaft ein Zweckbetrieb nur dann zu bejahen, wenn die gegenüber den Auftraggebern erbrachten Leistungen das ausschließliche Ergebnis der Arbeitstherapie sind und somit notwendige Folge der Erfüllung des gemeinnützigen Zwecks. Ein unvermeidbarer Wettbewerb liegt nicht mehr vor, wenn die Marktteilnahme den für die Integrationsarbeit notwendigen Umfang überschreitet.
 

Praxis-Hinweis


Die Entscheidung des BFH ist begrüßenswert, da sie klarstellt, dass die Einschränkungen hinsichtlich der Gewinnhöhe bei Einrichtungen der Wohlfahrtspflege (Zweckbetriebe nach § 66 AO) nicht auf andere Zweckbetriebe übertragen werden können. Auch dass der BFH in seiner Entscheidung verneint hat, dass das Zusammenwirken einer steuerbegünstigten Körperschaft mit einer gewerblichen Tochtergesellschaft zur Abfärbung der Gewerblichkeit der Tochtergesellschaft führt und dies der Steuerbegünstigung der Muttergesellschaft entgegenstehe, ist erfreulich. Das Urteil des FG Düsseldorf hatte in Bezug auf die vorgenannten Punkte für Unsicherheit gesorgt.

Wird von einer steuerbegünstigten Körperschaft eine Tätigkeit als Zweckbetrieb nach § 65 AO geführt, sollte ein möglicher Wettbewerb mit gewerblichen Anbietern analysiert und beurteilt werden. Es sollte sichergestellt sein, dass der Zweckbetrieb nach § 65 AO der Rechtsprechung des BFH standhält.
 

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Steuerberaterin, Leitung Steuern Freiburg
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Vereidigter Buchprüfer, Steuerberater, Partner, Teamleitung, Leitung KompetenzTeam Eingliederungshilfe

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