Aktuelles zur Krankenhausreform

Bund und Länder haben sich auf ein Eckpunktepapier geeinigt, bei dem es im Kern um die gegenseitige Zusicherung geht, sich im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens einigen zu wollen. Insoweit stehen alle Eckpunkte „unter dem ausdrücklichen Vorbehalt einer zukünftigen finalen Gesamteinigung zwischen Bund und Ländern über die Grundstrukturen einer Krankenhausreform“. Diese Absichtserklärung ist die Kernbotschaft des Eckpunktepapiers.


Refinanzierung der Betriebskosten

Die aufkommensneutrale Einführung von Vorhaltepauschalen als Ergänzung zu dem System bestehend aus DRGs, Zusatzentgelten und Pflegeentgelten ist gesetzt. Die Vorhaltepauschalen werden durch eine Absenkung der DRGs finanziert, so dass sich lediglich die Verteilung der Mittel ändert. Sachkosten werden dabei prioritär fallvariabel in den DRGs verbleiben, um die Kostendeckung sachkostenintensiver Fälle zu gewährleisten.

Das Budget für die Vorhaltepauschalen wird je Bundesland und Leistungsgruppe festgelegt werden. Neben den Vorhaltepauschalen soll es weiter Sicherstellungszuschläge für bedarfsnotwendige Krankenhäuser geben. Ergänzt werden diese durch leistungsmengenunabhängige Extrazuschläge für die Pädiatrie, die Geburtshilfe, die Notfallversorgung, Stroke Units, die Spezielle Traumatologie und die Intensivmedizin. Diese Extrazuschläge sollen additiv zum bisherigen GKV-Budget finanziert werden. Die aktuellen Zu- und Abschläge im Rahmen der Notfallversorgung könnten damit entfallen. Als weiteres Element der Refinanzierung von Betriebskosten sind Zuschläge für koordinierende Krankenhäuser, Universitätskliniken und andere geeignete Versorger, geplant. Auch diese sollen additiv zum bisherigen GKV-Budget finanziert werden. Das Vorhaltebudget wird vom InEK kalkuliert und aus dem Landesbudget je Leistungsgruppe zugewiesen werden. Ob für die Bemessung des Fallmengengerüstes das Jahr 2019 oder, was wahrscheinlicher ist, ein späteres Jahr angesetzt werden wird, ist aktuell noch offen.

Ab 2026 beginnt eine budgetneutrale Phase. Da ein auf Leistungsgruppen ausgerichteter Krankenhausplan des jeweiligen Landes Voraussetzung für die intendierte versorgungssteuernde Zuordnung von Leistungsgruppen darstellt, wird die Länge der Konvergenzphase entscheidend von der jeweiligen Landesgesetzgebung abhängen.

Eine Anpassung des Vorhaltebudgets soll zunächst nach zwei Jahren und danach alle drei Jahre erfolgen. Dabei sollen am Klinikstandort hinzukommende oder entfallende Leistungsgruppen und Steigerungen der Fallschwere berücksichtigt, Fallzahlveränderungen aber eher außer Acht gelassen werden. Ob der Fixkostendegressionsabschlag (FDA) als bestehendes, die Leistungssteigerung dämpfendes Instrument im DRG-Bereich bestehen bleibt, ist unklar, aber wahrscheinlich.

Für Krankenhausstandorte, die in einer zukünftigen Krankenhausplanung die Option zur sektorübergreifenden Versorgung ohne Notfallversorgung (ehemals Level Ii) zugesprochen bekommen, besteht für ein eingegrenztes Portfolio das Recht auf Aushandlung eines Budgets auf Basis tagesgleicher Pflegesätze statt DRG- und Vorhaltebudget. Die tatsächlich anfallenden Kosten sind dabei in auskömmlicher Weise zu berücksichtigen.
 

Leistungsgruppen und Level

Die Zuordnung der Krankenhäuser zu bundeseinheitlichen Versorgungsstufen der Level I (Grundversorger), Level II (Regel- und Schwerpunktversorger) sowie Level III (Maximalversorger) mit Anbindung der Leistungsgruppen an diese Stufen wird für die Krankenhausplanung und -vergütung keine verbindliche Rolle spielen. Der Bund plant jedoch die Zuschreibung von Leveln für Standorte auf einer getrennten gesetzlichen Grundlage im Rahmen einer benutzerfreundlichen Veröffentlichung von „Qualitätsinformationen zur Krankenhausversorgung“. Hier sollen die §-21-Daten, Daten der Qualitätssicherung, bereits aktuell zu Verfügung stehende Daten zu Mindestmengen, Notfallstufen, Perinatalzentren, Strukturprüfungen sowie weitere zukünftig seitens der Träger obligat bereitzustellende Daten als Grundlage dienen. Die erstmalige Veröffentlichung ist für 2024 geplant. Je nach Ausgestaltung birgt der geplante Bericht einen nicht zu unterschätzenden normativer Charakter für Rettungsdienste, Zuweiser und Patienten.

Die Leistungsgruppen (LG) und ihre Definition auf „Grundlage“ der Vorlage aus NRW werden im Eckpunktepapier nur rudimentär behandelt. In Ergänzung zu den Leistungsgruppen NRW sind LGs für Infektiologie, Notfallmedizin, spezielle Traumatologie, spezielle Kinder- und Jugendmedizin und die spezielle Kinder- und Jugendchirurgie geplant. Mit der beschlossenen eindeutigen Zuordnung jeden Falles zu einer LG ist implizit, wie auch im Modell NRW, eine Leistungsgruppenhierarchie verbunden. Ihr Aufbau ist offen und wird nach Einordnung der zusätzlichen LGs maßgeblich den Leistungsumfang der einzelnen LGs bestimmen.

Angesichts länderspezifischer ärztlicher Weiterbildungsordnungen und variierender Verwendung von §-301-Fachabteilungsschlüsseln ist ein normativer Rückgriff auf diese, analog dem Vorgehen bei den Leistungsgruppen-NRW, kaum 1:1 möglich. Es kann daher erwartet werden, dass analog zu den schweizerischen Leistungsgruppen in viel größerem Umfang als im Modell NRW über ICD und OPS definiert werden wird.
 

Wie geht es weiter?

Das BMG plant die zeitnahe Erstellung von Referentenentwürfen für das Krankenhausreformgesetz und das Transparenzgesetz als Rechtsgrundlage der Qualitätsinformationen. Beide Gesetze sollen am 1. Januar 2024 in Kraft treten. Auch ohne Kenntnis der exakten Rahmenbedingungen ist klar, dass die Reformen einen Paradigmenwechsel für die strategische Ausrichtung der Kliniken darstellen werden. Es gibt großen Handlungsbedarf:

  • Anpassung der strategischen Positionierung vor dem Hintergrund einer angepassten Markt- und Wettbewerbsanalyse.
  • Entwicklung von Restrukturierungsszenarien.
  • Identifikation von Wirtschaftlichkeitspotenzialen vor dem Hintergrund sich verstetigender Budgetzwänge.
  • Verstärkter Aufbau kooperativer Beziehungen zu Wettbewerbern in Kenntnis eigener Stärken und Schwächen im Leistungsgruppenportfolio

Gerne unterstützen wir Sie mit unserer Expertise bei diesen Punkten.

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