6. und 8. Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung

Nachdem sich die 1. Stellungnahme der Regierungskommission unter anderem mit der kurzfristigen wirtschaftlichen Stabilisierung der Kinder- und Jugendmedizin befasst hat, nimmt sich die 6. Stellungnahme nun der Reform der Kinder- und Jugendmedizin an. Hierbei wird der Handlungsbedarf in Ergänzung zu den bereits veröffentlichten Empfehlungen beschrieben. Hinsichtlich der speziellen qualitativen Anforderungen der stationären Versorgung von Kindern und Jugendlichen verweist die Regierungskommission auf ein bestehendes Positionspapier verschiedener Verbände mit dem Titel „Maßnahmen zur Qualitätssicherung für die stationäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen“. Sie empfiehlt, die dort ausführlich, insbesondere für den personellen Bereich beschriebenen Mindeststrukturvoraussetzungen im Rahmen der Krankenhausreform verbindlich umzusetzen. Spezielle krankenhausplanerische Forderungen, beispielsweise nach einer verlässlich flächendeckenden stationären Versorgung, werden nicht erhoben.

Defizite in der Kinder- und Jugendmedizin

Wesentliche Defizite werden hingegen in der flächendeckenden spezialärztlichen und hier insbesondere ambulanten Versorgung gesehen. Die Kommission konstatiert, dass Kinder, die unter besonders schweren und selten Erkrankungen leiden, unzureichend versorgt sind, und beklagt die Unterversorgung aufgrund zu großer Entfernung zu geeigneten niedergelassenen Fachärzten. Als Lösung schlägt die Kommission die Einführung pädiatrischer Institutsambulanzen an Krankenhäusern vor. Gleichzeitig seien Doppelvorhaltungen durch niedergelassene hochspezialisierte Pädiater und Krankenhausstrukturen zu vermeiden. Die Vorschläge der Kommission sind beim Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte auf grundlegende Ablehnung gestoßen. Auch weitere Experten zweifeln bereits an, ob die Vorschläge den Unterschieden zwischen ländlichen strukturschwachen Regionen und Ballungsgebieten gerecht werden können.

Die 8. Stellungnahme zur psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung

Die 8. Stellungnahme der Regierungskommission zu Psychiatrie, Psychosomatik und Kinder- und Jugendpsychiatrie („Psych-Fächer“) dürfte – um es vorweg zu sagen – wenig Kontroversen verursachen. Die einzige konzeptionell weitreichende neue Forderung besteht darin, ein abgestimmtes sektorübergreifendes Vergütungssystem für stationsersetzende Behandlungen einerseits und ambulante Behandlungen im KV-Bereich andererseits zu entwickeln. Darüber hinaus sollen Institutsambulanzen, die es aktuell nicht in allen Bundesländern gibt, flächendeckend etabliert werden. Ferner soll der Regress bei Unterschreiten der Mindestvorgaben der PPP-RL zunächst ausgesetzt und später abgemildert neu definiert werden.
Im Gegensatz zur Somatik wird für die Psych-Fächer nicht erwogen, über Änderungen der Refinanzierung strukturelle Veränderungen voranzutreiben. Bezogen auf das mittels des Krankenhaustransparenzgesetzes zu etablierende Levelsystem empfiehlt die Kommission, dass die Psych-Leistungsgruppen auf die Mindestmengen vorzuhaltender Leistungsgruppen anrechenbar sein und von Kliniken der Level II und III auch vorgehalten werden sollten.

Das Papier setzt sich ausführlich mit der aktuellen Versorgungsstruktur und ihren Defiziten auseinander. Es bleibt aber hier bezüglich Forderungen auffallend verhalten. Dennoch ist der Blick auf die aufgezeigten Strukturen und Mängel interessant.

Als Ausgangspunkt für die Definition einer guten psychiatrischen Versorgung werden die Forderungen der Enquetekommission von 1975 angesehen, die immer noch nicht durchgehend erfüllt seien. Das spiegele sich insbesondere in der Tatsache wider, dass aktuell immer noch etwa 50 % der Allgemeinpsychiatrien mit Pflichtversorgungsauftrag nicht an Allgemeinkrankenhäusern mit somatischer Versorgung verortet sind. Dies sei in Anbetracht der hohen somatischen Komorbidität der Patienten allerdings wünschenswert. Allerdings würde die Reallokation der über 30.000 Betten in den Fachkliniken mit einem Investitionserfordernis für die Länder in Milliardenhöhe einhergehen. Dennoch wünscht sich die Kommission, dass im Kontext notwendiger Ersatzbauten auch stets eine Umsiedlung an ein Allgemeinkrankenhaus mit erwogen werden sollte.

Hinsichtlich der psychiatrischen Notfallversorgung sieht die Kommission den Bedarf, diese an jedem Krankenhaus mit Notfallstufe auch fachlich kompetent und ggf. in Kooperation mit der Klinik der Pflichtversorgung zu etablieren. Es darf mit Spannung erwartet werden, ob sich dies in der Kalkulation von Vorhaltebudgets widerspiegelt. Denkbar wäre auch eine Abbildung im für das Jahr 2024 angekündigten Notfallversorgungsgesetz. Hier könnte über eine Erweiterung der aktuell definieren Notfallstufen und Modifikationen der Strukturvoraussetzungen die Grundlage für eine weitere Differenzierung relevanter Aufstockungen der Notfallvergütung nach § 11 KHEntgG gelegt werden. Einer Zustimmung der Länder bedarf es hier voraussichtlich nicht.

Autor
Autorin
Autor
Leitung Geschäftsfeld Strategie und Geschäftsfeldentwicklung

Weitere Artikel, die Sie interessieren könnten

phone
mail Pfeil weiß