Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2024

In einem ersten Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) für ein Jahressteuergesetz 2024 ist neben diversen Gesetzesanpassungen aufgrund von Rechtsprechungen recht überraschend eine erneute Verschiebung der Folgen des § 2b UStG für Körperschaften öffentlichen Rechts enthalten. Außerdem sind weitere Änderungen des Umsatzsteuerrechts und ein sogenanntes Mobilitätsbudget vorgesehen, aber – anders, als manche erwartet hatten – keine Änderungen zur Gemeinnützigkeit.

Die noch inoffizielle Fassung des Referentenentwurfs vom 27. März 2024 kam vor allem für Körperschaften öffentlichen Rechts relativ unerwartet. Die Einführung der Regelungen zur Umsatzbesteuerung von Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 2b UStG) und somit auch kirchlichen Körperschaften soll aufgrund der weiterhin bestehenden Umstellungsprobleme vieler betroffener Körperschaften erneut um zwei Jahre verschoben werden. Damit ist erst ab dem 1. Januar 2027 eine Regelumsatzbesteuerung durch diese Körperschaften vorzunehmen.

Für viele oftmals ehrenamtlich tätige Vertreter kleiner Körperschaften mag dies eine Erleichterung darstellen. Größere Organisationen, die ihre internen Abläufe bereits zum eigentlichen Inkrafttreten der neuen Regelungen am 1. Januar 2023 umgestellt hatten, bleibt die Anwendung des neuen Rechts jedoch möglich. Bereits erfolgte Umstellungen und Vorsteuerabzüge aus dafür getätigten Investitionen werden somit nicht behindert. Schulungen, Systemumstellungen sowie gegebenenfalls letzte Testläufe können und sollten entsprechend den oft langfristig angelegten Projektplanungen fortgeführt werden.

Von den weiteren Änderungen im Umsatzsteuerrecht sind für die Besteuerungspraxis in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft insbesondere die Anpassungen im Bereich der Bildungsleistungen (§ 4 Nr. 21 UStG-E), der sportlichen Veranstaltungen (§ 4 Nr. 22 UStG-E) sowie der Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG-E) hervorzuheben.


Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen

Die Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen in § 4 Nr. 21 UStG-E soll die Vorgaben und die Terminologie des Artikels 132 Abs. 1 Buchstaben i und j der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie der EU in das nationale Umsatzsteuerrecht übernehmen. Dabei sollen auch Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu Bildungsleistungen Berücksichtigung finden. Befreit werden sollen der Schul- und Hochschulunterricht, die Aus- und Fortbildung sowie die berufliche Umschulung. Durch die Aufnahme eng verbundener Lieferungen und sonstiger Leistungen soll auch die Gestellung von Lehrpersonal durch eine Lehreinrichtung zur vorübergehenden Unterrichtserteilung an eine andere Lehreinrichtung begünstigt werden. Keine Steuerbefreiung ist nach der Gesetzesbegründung für Leistungen zu gewähren, die der bloßen Freizeitgestaltung dienen.

Begünstigt werden sollen Einrichtungen des öffentlichen Rechts und andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen. Der Begriff der Einrichtung umfasst nach Auffassung des EuGH natürliche Personen, Personenzusammenschlüsse und Gesellschaften mit Gewinnerzielungsabsicht. Dementsprechend entfallen die bisher erforderliche staatliche Anerkennung für Ersatzschulen sowie die Bescheinigungen von Landesbehörden zur Bestätigung einer Vorbereitung auf einen Beruf oder eine Prüfung für die zukünftig unter einem neuen Buchstaben a) begünstigten allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen. Für Fortbildungen durch solche Einrichtungen wird die Umsatzsteuerbefreiung allerdings daran gebunden, dass diese keine systematische Gewinnerzielung anstreben bzw. trotzdem anfallende Gewinne nicht verteilen, sondern zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtungen erbrachten Leistungen verwenden.

Die deutlich kürzer als bisher gefasste Neuregelung der Steuerbefreiung für Privatlehrer umfasst die Erteilung von Schul- und Hochschulunterricht. Nach dem Willen des Gesetzgebers gilt dies nur für natürliche Personen, die für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung Unterrichtsleistungen erbringen. Unmittelbare Vertragsbeziehungen zwischen Lehrer und Unterrichteten sollen nicht erforderlich sein.

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 22a UStG für Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art bleibt im vorliegenden Entwurf unverändert erhalten. Die Umsatzsteuerbefreiung für Teilnehmergebühren an sportlichen Veranstaltungen in § 4 Nr. 22b UStG-E wird hingegen gestrichen. Im neu geschaffenen § 4 Nr. 22c UStG-E werden aber die in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehenden sonstigen Leistungen in Abhängigkeit davon umsatzsteuerbefreit, dass die Leistung der Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbracht werden, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben. Nutzungsentgelte bei Überlassung von Sportanlagen zur sportlichen Nutzung ohne Gewinnstreben wären somit steuerbefreit, Eintrittsgelder von Zuschauern jedoch nicht.

Für Kleinunternehmer wird ab 2025 die Umsatzgrenze für den im vorangegangenen Kalenderjahr erzielten Gesamtumsatz auf 25.000,00 Euro angehoben, die bisherige Prognoseregelung von 50.000,00 Euro für das laufende Jahr aufgehoben und eine feste Grenze von 100.000,00 Euro im laufenden Jahr eingeführt. Ferner werden besondere Meldeverfahren inklusive einer Kleinunternehmeridentifikationsnummer zur Nutzung in anderen EU-Mitgliedsstaaten sowie Rechnungslegungsvorschriften für Kleinunternehmen eingeführt.

Im Rahmen von sogenannten Mobilitätsbudgets sollten laut Gesetzesbegründung Anreize zur Nutzung möglichst umweltverträglicher Fortbewegungsmittel geschaffen werden, indem Arbeitgebern die Möglichkeit gegeben wird, ihren Arbeitnehmern die Privatnutzung von Carsharing, E-Scootern und sonstigen Fahrdienstleistungen bis zu einem Höchstbetrag von 2.400 Euro jährlich pauschal mit 25 % zu besteuern. Diese zusätzlich zum Arbeitslohn geschuldeten Vorteile können sowohl als Sach- als auch als Geldleistungen gewährt und durch den Arbeitgeber selbst oder durch Dritte zur Verfügung gestellt werden.

Die im Koalitionsvertrag der Regierung als lösungsbedürftig eingestandene „Unsicherheit nach der Gemeinnützigkeitsrechtsprechung des Bundesfinanzhofs“ infolge des „Attac“-Urteils des BFH (V R 60/17) wird, entgegen manchen Äußerungen von Regierungsmitgliedern, im Gesetzesentwurf nach wie vor – noch – nicht beseitigt. Es verbleiben somit auch nach Änderung des Anwendungserlasses zu § 52 AO in Januar 2022 erhebliche Unsicherheiten für gemeinnützige Körperschaften, die sich über eine gelegentliche Äußerung hinaus politisch aktiv betätigen möchten.

Da es sich um einen ersten vorläufigen Entwurf handelt, bleibt abzuwarten, welche Neuregelungen final umgesetzt werden.

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Steuerberaterin, Partnerin, Leitung KompetenzTeam Steuern Köln

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