Neuausrichtung ambulanter Pflegeeinrichtungen - Teil III

Die aktuelle Beratungspraxis zeigt, dass eine Vielzahl ambulanter Pflegeeinrichtungen eine schleichende Verschlechterung der Liquiditätslage nur eingeschränkt erkennt und nicht rechtzeitig gegensteuert. Der dritte Teil unserer Artikelserie (Teile I und II siehe Solidaris- Information 1/2018 und 2/2018) befasst sich deshalb mit der Fragestellung, was unter einem Liquiditätsengpass zu verstehen

Zukunftsfähige Neuausrichtung ambulanter Pflegeeinrichtungen – Teil III

Die aktuelle Beratungspraxis zeigt, dass eine Vielzahl ambulanter Pflegeeinrichtungen eine schleichende Verschlechterung der Liquiditätslage nur eingeschränkt erkennt und nicht rechtzeitig gegensteuert. Der dritte Teil unserer Artikelserie (Teile I und II siehe Solidaris- Information 1/2018 und 2/2018) befasst sich deshalb mit der Fragestellung, was unter einem Liquiditätsengpass zu verstehen ist, welche Konsequenzen dieser nach sich ziehen kann und wie sich ein Liquiditätsengpass vermeiden lässt.

Grundsätzlich besteht ein Liquiditätsengpass, wenn die finanziellen Möglichkeiten fehlen, fällige Verbindlichkeiten jederzeit begleichen zu können. In diesem Zusammenhang muss die Zahlungsstockung von der Zahlungsunfähigkeit abgegrenzt werden: Bei einer Zahlungsstockung lässt sich der Liquiditätsengpass in weniger als drei Wochen beseitigen und die Zahlungslücke betrifft weniger als 10 % der fälligen Gesamtverbindlichkeiten. Bei einer Zahlungsunfähigkeit ist der Liquiditätsengpass nicht innerhalb von drei Wochen zu beheben und mehr als 10 % der fälligen Gesamtverbindlichkeiten können nicht bedient werden. Wird eine Zahlungsunfähigkeit im vorgenannten Sinne festgestellt, so ist im Regelfall unverzüglich ein Antrag auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Ansonsten haften die in der Verantwortung stehenden Personen (z. B. Vorstandsmitglieder bzw. Geschäftsführer) für alle Schäden, die infolge der Verzögerung eintreten.

In der Praxis gibt es grundsätzlich immer eine Ursache und einen kurzfristigen Anlass für den Eintritt eines Liquiditätsengpasses. Mögliche Gründe sind Vorleistungen, die aufgrund von Komplikationen oder Ähnlichem nicht zeitnah beglichen werden. Auch führen niedrige Deckungsbeiträge zu dem Problem, dass trotz eines hohen Umsatzes nicht genug Reinertrag im Unternehmen verbleibt.

Ein weiteres großes Problem sind nicht bedarfsgerechte Personalstrukturen, die zu unverhältnismäßig hohen Personalaufwendungen führen können. Auch Zahlungseingänge, die aufgrund eines nicht optimierten Forderungsmanagements nur zeitverzögert verbucht werden können, wirken nachteilig. All diese Umstände beschleunigen das Entstehen und die Intensivierung eines Liquiditätsengpasses.

Eine gute Möglichkeit zur frühzeitigen Erkennung besteht in einer sachgemäßen Liquiditätsplanung, mit deren Hilfe die Zahlungsströme der Einrichtung dargestellt werden. Es erfolgt eine Analyse des Zahlungsverkehrs, indem sämtliche aktuellen und zukünftigen Einnahmen und Ausgaben erfasst werden. Damit besteht Kenntnis über die Liquiditätslage im Status quo und für die Zukunft. Falls in dieser Liquiditätsplanung nun ersichtlich wird, dass zum Beispiel das Weihnachtsgeld oder die nachgezogene Tariferhöhung nicht mehr bedient werden können, ist große Vorsicht geboten. Maßnahmen zur Behebung dieses Liquiditätsengpasses müssen schnellstmöglich eingeleitet werden. Ein Maßnahmenplan zur Optimierung der Liquiditätslage sollte folgende Eckpunkte beinhalten:

  • In einem ersten Schritt erfolgt die Analyse der Einnahmen und Ausgaben im Unternehmen. Falls die Einnahmen geringer sein sollten als die Ausgaben, so ist zu klären, ob dies lediglich durch einmalige Ausgaben bedingt ist. In diesen Fällen sollte geprüft werden, ob eine Stundung oder Splittung (z. B. im Falle von Jahressonderzahlungen) in Betracht zu ziehen ist. Zusätzlich muss über eine Erweiterung des bestehenden Disporahmens oder die Aufnahme eines Betriebsmittelkredites nachgedacht werden.
  • In einem zweiten Schritt sollte das Forderungsmanagement betrachtet werden. Eine professionelle Analyse der Zahlungsmoral lässt sich beispielsweise über die Debitoren- Offene-Posten-Liste relativ schnell realisieren. Durch die Bestimmung des Zeitraums zwischen Rechnungsstellung und Zahlungseingang lässt sich sehr gut ableiten, nach wie vielen Tagen im Durchschnitt Rechnungen beglichen werden und somit liquide Mittel zufließen. Auf Basis dieser Daten (prozentualer Anteil an Forderungen, die nach zwei, vier oder sechs Wochen beglichen werden) lässt sich die Rechnungsstellung optimieren (bspw. Krankenkassen mit langer Bearbeitungszeit werden zuerst abgerechnet) und ein effizientes Mahnwesen etablieren. Eine weitere Option kann auch die Verhandlung mit bestimmten Schuldnern über neue Zahlungsziele sein.›› Eine differenzierte Ausgabenanalyse, die stetige Ausgaben von einmaligen Ausgaben unterscheidet, sollte sodann in einem dritten Schritt erfolgen. Die stetigen Ausgaben müssen grundsätzlich von den Einnahmen gedeckt sein. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass auch einmalige Ausgaben eingepreist sowie unterjährig kalkulatorisch berücksichtigt werden müssen. In diesem Zusammenhang müssen insbesondere die Investitionsplanung (Kauf oder Leasing von Fahrzeugen etc.) sowie die Tilgung von Darlehen berücksichtigt werden.
  • Schließlich sollten in einem vierten Schritt die aus den vorangegangenen Maßnahmen gewonnenen Erfahrungswerte analysiert und entsprechende Handlungsoptionen zur Steigerung des Deckungsbeitrages (z. B. Erhöhung des Ausschöpfungsgrades der Pflegesachleistungen, Aufnahme von Einzelverhandlungen) abgeleitet werden. Hierbei ist ein stetiger Soll-Ist-Abgleich vonnöten, damit eine Grundlage für das Controlling und mithin eine dauerhafte liquiditätsorientierte Führung geschaffen wird.

Praxis-Hinweis
Liquiditätsengpässe, vor allem aber auch die hierdurch drohenden haftungs- und strafrechtlichen Konsequenzen, lassen sich durch eine genaue und konsequente Analyse des Zahlungsverkehrs (Einnahmen/ Ausgaben) sowie durch ein striktes Management von Forderungen und Verbindlichkeiten vermeiden. Aus diesem Grunde sollte man sich dieses Themas möglichst frühzeitig bewusst werden und mit seinem Berater entsprechende Maßnahmen abstimmen.

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