In der Entscheidung „media control“ vom 18. Oktober 2017 – I ZR 6/16 – hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Wirksamkeit eines Insichgeschäfts (§ 181 BGB) auseinandergesetzt, und zwar mit dessen zweiter Variante, dem Abschluss eines Rechtsgeschäfts im Namen des Vertretenen mit sich als Vertreter eines Dritten: Die beiden vertragschließenden Gesellschaften wurden beim Abschluss des streitgegen-ständlichen Vertrags von derselben Geschäftsführerin vertreten. Grundsätzlich geht es bei der Regelung des § 181 BGB nicht um das rechtliche Dürfen, sondern das rechtliche Können: Das von einem nicht befreiten Vertreter abgeschlossene Insichgeschäft ist bis zur Genehmigung schwebend unwirksam. Ob
ein Interessenkonflikt tatsächlich vorliegt, ist dabei unerheblich. Entscheidend ist allein die abstrakte Gefährdungslage. Die Beschränkung des § 181 BGB gilt nur dann nicht, wenn der Vertreter mit der Vornahme des Rechtsgeschäfts ausschließlich eine Verbindlichkeit erfüllt.
Im entschiedenen Fall war die jeweils einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführerin nur auf einer Seite von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Auf der anderen Seite war keine Befreiung erteilt worden. Allerdings bestand dort das Geschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit. Grundsätzlich wäre also der Vertrag zwischen beiden Gesellschaften wirksam zustande gekommen. Die Pointe des Falles lag nun darin, dass die Geschäftsführerin auf der nicht befreiten Seite ohne die im Innenverhältnis erforderliche Zustimmung handelte: Aufgrund einer Bestimmung im Geschäftsführerdienstvertrag hätte sie für das konkrete Geschäft der Zustimmung eines weiteren Geschäftsführers bedurft.
Bei einer Beschränkung im Innenverhältnis geht es, anders als bei § 181 BGB, nicht um das rechtliche Können, sondern um das rechtliche Dürfen. Das folgt aus § 37 Abs. 2 GmbHG. Danach entfaltet eine Beschränkung der Befugnis des Geschäftsführers, die Gesellschaft zu vertreten (§ 35 Abs. 1 GmbHG), gegen Dritte keine Wirkung.
Die Geschäftsführerin durfte demnach aufgrund vertraglicher Vereinbarungen im Innenverhältnis nicht handeln. Sie konnte aber trotz der fehlenden Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB handeln, weil das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit bestand. Man könnte also weiterhin argumentieren, dass der Vertrag wirksam zustande gekommen ist. Der im Interesse des Verkehrsschutzes geregelte Grundsatz, dass eine Beschränkung der Vertretungsbefugnis im Innen-verhältnis gegenüber Dritten keine Wirkung entfaltet, gilt hingegen nicht ausnahmslos. Eine Ausnahme macht der BGH dann, wenn das Vertrauen des Vertragspartners auf den Bestand des Geschäfts nicht schutzwürdig ist. Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens fehlt, wenn der Geschäftspartner sicher weiß oder sich ihm geradezu aufdrängen musste, dass der Geschäftspartner seine Vertretungsmacht missbraucht, unabhängig davon, ob er dabei zum Nachteil der Gesellschaft handelt (BGH, Hinweisbeschluss vom 10. April 2006 und Beschluss vom 19. Juni 2006 – II ZR 337/05).
Vorliegend handelte die Geschäftsführerin auf beiden Seiten. Damit kannte sie zwangsläufig auch die ihr auf der anderen Seite im Innenverhältnis fehlende Vertretungsmacht. Der BGH hatte folglich zu ent-scheiden, ob die Ausnahme vom Grundsatz des Verkehrsschutzes bei Kenntnis des Vertragspartners vom Missbrauch der Vertretungsmacht auch im Rahmen eines Insichgeschäfts gilt, bei welchem das Rechtsgeschäft für den anderen Teil ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht. Der BGH hat dies mit folgender Argumentation verneint: Gemäß § 166 Abs. 1 BGB (Willensmängel) kommt es, soweit die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts von der Kenntnis oder dem Kennenmüssen gewisser Umstände abhängt, nicht auf die Person des Vertretenen (hier der jeweiligen Gesellschaft), sondern auf die des Vertreters (hier der Geschäftsführerin) an. Bei einem Insichgeschäft käme aufgrund des für den Geschäftspartner stets offensichtlichen Missbrauchs der Vertretungsmacht auch dann kein Geschäft zustande, wenn dieses lediglich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit bestünde, obwohl ein solches Geschäft von der Gesellschaft nach Treu und Glauben ohnehin gemäß § 177 Abs. 1 BGB genehmigt werden müsste. Dies würde der Wertentscheidung des § 181 BGB widersprechen.
Fazit
Eine Beschränkung der Vertretungsmacht des Geschäftsführers im Innenverhältnis ist Dritten gegenüber unwirksam. Das gilt dann nicht, wenn der Dritte den Missbrauch der Vertretungsmacht kennt oder kennen musste. In diesem Fall kann sich der Dritte auf die Wirksamkeit des Geschäfts nicht berufen. Etwas anderes gilt dann, wenn es sich um ein Insichgeschäft handelt, welches ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht. In diesem Fall ist das Geschäft – obgleich der Vertragspartner den Mangel der Vertretungsmacht zwingend kennt – wirksam.