Der Fall
Die Beklagte ist ein Unternehmen, das eine digitale Unternehmensberatung anbietet und zu diesem Zweck einen eigenen Kanal auf einer Online-Plattform betreibt. Auf dieser Plattform veröffentlichte die Beklagte mehrere Videoaufnahmen des Klägers, der an den Seminaren der Beklagten zur Unternehmensgründung teilgenommen hatte. Der Kläger willigte zuvor in die Anfertigung dieser Aufnahmen und ihre Veröffentlichung schriftlich ein. Neun Monate später widerrief der Kläger seine Einwilligung und forderte die Beklagte auf, alle „vorhandenen Materialien aus jeglichen Plattformen“ zu löschen. Die Beklagte löschte die Aufnahmen trotz Anwaltsschreiben nicht, so dass der Kläger sie vor dem Landgericht (LG) Koblenz verklagte.
Das LG wies die Klage ab. Es war der Ansicht, dass dem Beklagten ein Anspruch auf Entfernung und Löschung des Videomaterials sowie auf Unterlassung weder aus zivilrechtlichen Gründen noch aus dem Kunsturhebergesetz (KunstUrhG) oder dem Datenschutzrecht zustehe. Der Kläger habe schließlich einmal in die Veröffentlichung der Videoaufnahmen eingewilligt. Ein Widerruf der Einwilligung sei in Grenzen nur bei einem hier nicht erkennbaren wichtigen Grund möglich. Die Beklagte habe hingegen ein berechtigtes legitimes Interesse an der Veröffentlichung, da sie von dieser berechtigterweise geschäftlich profitiere.
Das Landgericht verneinte auch einen Widerruf der Einwilligung nach der nach Art. 7 Abs. 3 DS-GVO. Unter anderem sei ein Gleichlauf zwischen der DS-GVO und dem KunstUrhG herzustellen, zudem dienten die Werbevideos auch journalistischen Zwecken, weshalb die Regelung des § 22 KunstUrhG nach Art. 85 Abs. 2 DS-GVO insgesamt den datenschutzrechtlichen Regelungen vorgehe. Der Kläger reichte Berufung ein.
Die Entscheidung
Das OLG wies die Berufung zurück und gab dem Unterlassungsanspruch des Klägers nicht statt. Es bejahte zunächst die Einwilligung nach § 22 KunstUrhG. Diese folge nicht nur aus der schriftlichen Einwilligungserklärung des Klägers, sondern auch aus den vorliegenden Gesamtumständen. Dem Kläger sei als Geschäftspartner und Wettbewerber die Geschäftspraxis der Beklagten bekannt gewesen, Gespräche mit Kunden und Geschäftspartnern auf Veranstaltungen zu filmen und zu veröffentlichen. Dies hielt ihn nicht davon ab, sich filmen und sogar interviewen zu lassen.
Das OLG verneinte ebenso wie das LG den Widerruf der Einwilligung nach dem KunstUrhG. Der Kläger habe einen geforderten Ausnahmefall, der als ein wichtiger Grund für einen Widerruf erforderlich sei, nicht hinreichend dargetan. Ein im Nachhinein entstandenes Wettbewerbsverhältnis zum Beklagten genüge dafür nicht und sei bei Erteilung der Einwilligung mindestens absehbar gewesen. Auch eine Distanzierung vom Geschäftspartner, die geeignet sei, einen wichtigen Grund für den Widerruf darzustellen, sei vorliegend nicht erheblich vorgetragen worden. Allein die Behauptung des Klägers, er stehe den Strategien der Beklagten nunmehr kritisch gegenüber und habe den Kontakt vollständig abgebrochen, genüge nicht.
Das OLG verneinte auch einen Unterlassungsanspruch nach der DS-GVO. Dabei ließ es die Erwägungen des LG in Bezug auf die Möglichkeit eines Widerrufs der Einwilligung dahinstehen, obwohl die Richter diese zumindest für schlüssig und überzeugend hielten. Im Wesentlichen stellte das Gericht in Bezug auf die datenschutzrechtliche Zulässigkeit auf die Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien ab. Die Zulässigkeit der Verarbeitung folge aus Art 6 Abs. 1 UAbs.1 lit. b DS-GVO. Diese Vorschrift ist nach dem Gericht unionsrechtlich autonom weit auszulegen, weshalb man vorliegend in Bezug auf die Veröffentlichung der Videos auch von der Erfüllung eines Vertrages ausgehen könne. Demnach war die Veröffentlichung der Videos zulässig, weil es zum vereinbarten Vertragsverhältnis der Parteien gehöre, die Medienpräsenz des jeweils anderen zu erhöhen bzw. zu erhalten.
Fazit
Eine Einwilligung in Ton- und Bildaufnahmen sollte wohlüberlegt werden. Ihr Widerruf ist – wie die Entscheidung des OLG Koblenz zeigt – insbesondere in geschäftlichen Beziehungen nicht ohne weiteres möglich. Auf der anderen Seite stärkt die Entscheidung Unternehmen, die auf Werbevideos angewiesen sind.