Urteil zum Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit

In seinem Urteil vom 12. Oktober 2017 – IX ZR 50/15 – setzte sich der BGH mit dem Verhältnis zwischen dem Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit und einer bloßen Zahlungsunwilligkeit auseinander. Die Kenntnis des Insolvenzgrundes der Zahlungsunfähigkeit ist auch für die verantwortlichen Organe wirtschaftlich gut aufgestellter Unternehmungen wichtig. Wird das Vorliegen einer insolvenzrec

Wichtiges Urteil für Vorstände und Geschäftsführer zum Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit

In seinem Urteil vom 12. Oktober 2017 – IX ZR 50/15 – setzte sich der BGH mit dem Verhältnis zwischen dem Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit und einer bloßen Zahlungsunwilligkeit auseinander. Die Kenntnis des Insolvenzgrundes der Zahlungsunfähigkeit ist auch für die verantwortlichen Organe wirtschaftlich gut aufgestellter Unternehmungen wichtig. Wird das Vorliegen einer insolvenzrechtlichen Zahlungsunfähigkeit übersehen, drohen unter Umständen dramatische Haftungsfolgen für die Verantwortlichen.

Zahlungsunfähig ist ein Schuldner gem. § 17 Abs. 2 S. 1 InsO (also auch eine Gesellschaft oder ein Verein), wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit bedeutet einen objektiven Mangel an auszugebenden Zahlungsmitteln. Es kommt also nicht darauf an, ob der Schuldner noch über ausreichend Vermögen – etwa in Form von Immobilien – verfügt, um seine Gläubiger zu befriedigen. Solche Vermögenswerte wirken sich auf die Bewertung der Zahlungsunfähigkeit nur aus, wenn der Schuldner in der Lage ist, sie kurzfristig zu liquidieren. Der Schuldner wird grundsätzlich zahlungsunfähig, wenn er nicht mehr in der Lage ist, sämtliche gegen ihn bestehenden aktuell fälligen Forderungen mit den verfügbaren liquiden Mitteln zu befrie-digen. Hiervon lässt die Rechtsprechung (vgl. u. a. BGH, Urt. vom 24. Mai 2005 – IX ZR 123/04) insbesondere die Ausnahme der Zahlungsstockung zu. Die entwickelten Parameter für deren Feststellung sind komplex, da der BGH Wertungsspielräume offen lässt. Vereinfacht lassen sie sich auf die Faustregel reduzieren, dass eine Zahlungsstockung vorliegt, wenn der Liquiditätsengpass binnen dreier Wochen wieder beseitigt ist oder wenn die Zahlungslücke weniger als 10 % beträgt, die Mittel also genügen, um mehr als 90 % der fälligen Forderungen zu befriedigen. Dies gilt allerdings nicht, wenn eine nachteilige Entwicklung absehbar ist. Gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 InsO wird Zahlungsunfähigkeit vermutet, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Dies ist nach der Rechtsprechung bereits der Fall, wenn erhebliche Teile seiner fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllt werden. Zwar ist ein nur zahlungsunwilliger Schuldner nicht objektiv zahlungsunfähig. Seine Zahlungseinstellung führt dennoch zur Vermutung der Zahlungsunfähigkeit; das Gegenteil hat er zu beweisen. Demnach kann eine willentliche Zahlungseinstellung zur Annahme des Insolvenzgrundes und zu entsprechenden Rechtsfolgen führen.

Fazit für Vorstände und Geschäftsführer

Ordentliche Geschäftsführung bedarf gründlicher und ständiger Liquiditätsplanung. Die Vertretungsorgane müssen absehen können, wann Liquiditätsengpässe einzutreten drohen, und rechtzeitig vorher Gegenmaßnahmen ergreifen. Bestenfalls sollte schon zu diesem Zeitpunkt fachkundiger Rat eingeholt werden. Eingetretene Zahlungsunfähigkeit verpflichtet die Vertretungsorgane juristischer Personen grundsätzlich zur unverzögerten Stellung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (die Details unterscheiden sich rechtsformabhängig, vgl. § 15a InsO; § 42 Abs. 2 BGB). Neben weiteren nachteiligen – auch strafrechtlichen – Rechtsfolgen haften die säumigen Personen mit ihrem Privatvermögen für Schäden infolge der Verzögerung, auch für Verschlechterungen der Verteilungsquote sowie potentiell für das negative Interesse der Gläubiger aus nach dem Eintritt des Insolvenzgrundes entstandenen Forderungen.

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