Whistleblower-Richtlinie – Bundesrat verweigert Zustimmung zu Hinweisgeberschutzgesetz

Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) wurde am 16. Dezember 2022 im Bundestag beschlossen, fand jedoch am 10. Februar 2023 keine Zustimmung im Bundesrat. Stein des Anstoßes war insbesondere, dass der Gesetzentwurf über die Vorgaben der EU-Richtlinie hinausgeht. Damit wird das Gesetz wohl nicht – wie ursprünglich geplant – im April 2023 in Kraft treten.

Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) wurde am 16. Dezember 2022 im Bundestag beschlossen, fand jedoch am 10. Februar 2023 keine Zustimmung im Bundesrat. Stein des Anstoßes war insbesondere, dass der Gesetzentwurf über die Vorgaben der EU-Richtlinie hinausgeht. Damit wird das Gesetz wohl nicht – wie ursprünglich geplant – im April 2023 in Kraft treten.

Erledigt haben dürfte sich das Thema gleichwohl nicht, denn Deutschland ist zur Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie verpflichtet; wegen der verzögerten Gesetzgebung läuft bereits ein Vertragsverletzungsverfahren. Voraussichtlich wird das Gesetz also mit Modifikationen im Detail zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft treten. Bis dahin kann unter bestimmten Voraussetzungen aber bereits die dem Gesetz zugrunde liegende Richtlinie rechtliche Auswirkungen entfalten..

Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes

Das HinSchG schützt als „Hinweisgeber“ natürliche Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit über interne oder externe Meldestellen bestimmte Informationen melden. Erfasst werden Arbeitnehmer und sonstige Beschäftigte wie Beamte, Praktikanten oder Organmitglieder sowie externe Vertragspartner des Unternehmens.

Der sachliche Anwendungsbereich erstreckt sich auf bestimmte Rechtsverstöße und ist recht umfassend. Er erfasst unter anderem jegliche Straftaten, außerdem Ordnungswidrigkeiten, soweit sie den Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder das Recht von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane betreffen, Regelungen zur Bekämpfung von Geldwäsche, zur Produktsicherheit, zur Sicherheit im Straßenverkehr, zum Umweltschutz, zur Förderung der Nutzung erneuerbarer Energie, zu Standards für Organe und Substanzen menschlichen Ursprungs und Medizinprodukte, zum Datenschutz sowie bestimmte Steuervorschriften.

Außerdem werden Meldungen über Verhaltensweisen erfasst, die zwar nicht unmittelbar rechtswidrig sind, jedoch dem Zweck gesetzlicher Regelungen zuwiderlaufen und daher als missbräuchlich angesehen werden (z. B. häufig anzutreffende „findige“ Strategien, um störende Rechtsvorgaben zu umgehen).

Das Gesetz erfasst natürliche und juristische Personen des öffentlichen und privaten Rechts, rechtsfähige Personengesellschaften und sonstige rechtsfähige Personenvereinigungen unabhängig von ihrer Größe. Es betrifft grundsätzlich alle öffentlichen Einrichtungen sowie Betriebe in allen Branchen, tritt allerdings hinter bestimmten Sonderregeln zurück bzw. kennt Ausnahmen.

Meldestellen und Meldekanäle

Das zentrale Element, mit dem sich betroffene Organisationen zu befassen haben, ist die Einrichtung einer internen Meldestelle. Die Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle hängt in den meisten Fällen von der Beschäftigtenzahl ab. Sie gilt grundsätzlich ab 50 Beschäftigten. Für private Beschäftigungsgeber gilt sie bis zum 16. Dezember 2023 erst ab 250 Be­schäftigten, danach ebenfalls ab 50 Beschäftigten.

Der Meldestelle muss geeignetes Personal zugeordnet sein und sie muss bestimmte Meldekanäle vorhalten. Das Personal muss unabhängig und fachlich qualifiziert sein, um den Meldungen nachgehen zu können. Es darf auch weiteren Tätigkeiten in der Organisation nachgehen, Interessenkonflikte müssen aber ausgeschlossen sein.

Meldungen müssen in Textform oder gesprochen möglich sein. In Betracht kommen zum Beispiel Online-Formulare oder E-Mails sowie Telefonhotlines oder Sprachboxen. Vertraulichkeit ist zu gewährleisten. Nur für die Meldestelle zuständige Personen dürfen Zugriff auf Nachrichten aus den Meldekanälen erhalten. Für den Betrieb interner Meldestellen können auch externe Dienstleister eingesetzt werden.

Geht bei der Meldestelle ein Hinweis ein, muss diese dem Hinweisgeber den Eingang binnen sieben Tagen bestätigen, sodann prüfen, ob die Meldung in den Anwendungsbereich des HinSchG fällt, und Folgemaßnahmen treffen. Dazu zählt insbesondere die Durchführung eigener Ermittlungen. Bestimmte Dokumentationspflichten sind zu erfüllen.

Unklar ist, wie weit die Ermittlungsbefugnisse der Meldestelle zu reichen haben. Spätestens drei Monate nach der ordnungsgemäßen Eingangsbestätigung hat die Meldestelle dem Hinweisgeber eine Rückmeldung zu seiner Meldung zu erstatten.

Schutz der Hinweisgeber

Ein wesentliches Element des HinSchG ist der Schutz der Hinweisgeber. Deren Identität ist vertraulich zu behandeln, was auch alle Informationen umfasst, die Rückschlüsse auf die Hinweisgeber erlauben. Außerdem erhalten Hinweisgeber Schutz vor jeglichen Repressalien infolge ihres Hinweises.

Als Repressalien gelten nicht nur bestimmte Sanktionen wie Kündigungen, sondern jegliche Benachteiligungen infolge einer Meldung oder Offenlegung. Bei jedem zeitlich nach einer Meldung oder Offenlegung eintretenden Nachteil wird vermutet, dass dieser eine Repressalie darstellt. Das Gegenteil hat die Organisation zu beweisen.

Sanktionen bei Verstößen

Verstöße gegen das Hinweisgeberschutzgesetz gelten gemäß § 40 HinSchG-E als Ordnungswidrigkeiten. Durch Verweis auf § 30 Abs. 2 Satz 3 OWiG können Bußgelder bis zu 1 Mio. EUR betragen. Im Falle von Repressalien steht dem Hinweisgeber gegen den Verursacher ein Schadensersatzanspruch zu.

Praxis-Hinweis für die Whistleblower-Richtlinie

Die prägendste praktische Neuerung durch das HinSchG ist die Verpflichtung zur Einrichtung einer Meldestelle. Das Gesetz stellt klar, dass jeder Hinweis eines Hinweisgebers auf rechtswidriges Verhalten im Sinne des HinSchG an eine Meldestelle rechtmäßig ist. Nicht zu unterschätzen sind die Pflichten zum Schutz von Hinweisgebern.

Überdies gilt es zu bedenken, dass sich etwaige Hinweisgeber bei Fehlen oder ungünstiger Ausgestaltung einer internen Meldestelle unmittelbar an externe Meldestellen wenden werden, was ein staatliches Einschreiten nach sich zieht und die Möglichkeit einer organisationsinternen Lösung beeinträchtigt. Es ist daher sinnvoll, dafür zu sorgen, dass die interne Meldestelle etwaigen Hinweisgebern bekannt ist, von diesen als vertrauenswürdige und funktionierende Einrichtung empfunden wird und auch anonyme Hinweise entgegennehmen kann. Das für die Meldestelle zuständige Personal muss gründlich geschult sein.

Es empfiehlt sich, die entsprechenden Abläufe in einem Handbuch über das Hinweisgebermeldewesen festzuhalten. Gerne un-terstützen wir Sie bei der Einrichtung eines technischen Hinweisgebersystems und einer internen Meldestelle einschließlich der Schulung des Personals. Alternativ können wir Ihnen den Betrieb einer ausgelagerten internen Meldestelle anbieten, die sich um eingehende Hinweise und das Case-Management kümmert.

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