Stiftungsvorstand – Ehrenamt schließt Entgeltlichkeit aus
Ehrenamtlich tätig oder gegen Vergütung – oder am besten beides? Bei der Satzungsgestaltung von Verein und Stiftung ist hinsichtlich der erforderlichen Regelung zur Gestattung einer Vergütung auf eine klare, widerspruchsfreie Formulierung zu achten.
Vergütung im Ehrenamt - Sachverhalt
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig hatte über eine Genehmigung einer Satzungsänderung betreffend die Vergütung eines Stiftungsvorstandes zu entscheiden (Urteil vom 21. März 2019 – 3 LB 1/17).
Zunächst hatte die Stiftung lediglich in der Satzung festgelegt, dass die Vorstände ehrenamtlich tätig sind und nur ihre notwendigen Auslagen ersetzt werden können. Satzungsänderungen waren lediglich zulässig, wenn der Stiftungszweck und die Gestaltung der Stiftung nicht oder nur unwesentlich verändert wurden oder dies wegen einer wesentlichen Veränderung gegenüber den im Zeitpunkt der Entstehung der Stiftung bestehenden Verhältnissen angebracht ist.
Bereits ab 1986 wurden Vergütungen an den Vorstand gezahlt, 2002 wurde dann eine Satzungsänderung versucht, die eine „angemessene Aufwandsentschädigung“ vorsah. Die Stiftung und die Stiftungsaufsicht stritten hierüber sowie über eine Rückforderung von Zahlungen vor den Verwaltungsgerichten. In diesem Zusammenhang gab die Stiftungsaufsicht der Stiftung die Gelegenheit, mit der Finanzverwaltung eine Regelung abzustimmen, die dann von dem Stiftungsvorstand 2012 beschlossen und der Stiftungsaufsicht zur Genehmigung vorgelegt wurde; sie lautete:
„Die Mitglieder des Vorstandes verstehen ihr Amt als Ehrenamt. Den Mitgliedern des Vorstandes kann, soweit der Umfang der Geschäftstätigkeit es erfordert, eine angemessene Vergütung gezahlt werden.“
Diese Satzungsänderung wurde seitens der Stiftungsaufsicht zurückgewiesen. Sie widerspräche dem Stifterwillen und sei nach den Vorgaben der Satzung unzulässig, da sie eine wesentliche Veränderung der Stiftung ohne Grund sei. Im erstinstanzlichen Verfahren wies das Verwaltungsgericht die Änderung wegen Widersprüchlichkeiten zurück, denn das ausdrücklich angeordnete „Ehrenamt“ (bzw. was auch immer mit der Formulierung „verstehen ihr Amt“ gemeint sei) sei mit der „angemessenen Vergütung“ nicht vereinbar.
Vergütung im Ehrenamt - Begründung
Das OVG Schleswig sah das ebenso. Die Regelung sei nicht genehmigungsfähig, weil sich ihr Inhalt – auch durch Auslegung – nicht eindeutig ermitteln ließe, ihr Regelungsgehalt sei widersprüchlich. Insbesondere beschäftigte sich das OVG Schleswig mit dem Begriff der Ehrenamtlichkeit und ob dieser eine Vergütung in Gänze ausschlösse. Das Gericht bedauert, dass es keine einheitliche gesetzliche Definition des „Ehrenamtes“ gebe, und bemüht verschiedene Rechtsgebiete – das Steuerrecht, das Kommunalrecht, ehrenamtlich Tätige im Verwaltungsverfahren und stiftungsrechtliche Entscheidungen.
Aus Letzteren zieht das OVG den Schluss, dass Ehrenamtlichkeit immer vollständige Unentgeltlichkeit bedeute. Der beschlossene Satzungstext bliebe auf jeden Fall dahingehend unklar, ob Ehrenamtlichkeit oder Entgeltlichkeit vorliege – deswegen sei die Regelung widersprüchlich und unzulässig. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass in der Regelung auf das subjektive Verständnis der Amtsinhaber abgestellt wird (diese „verstehen ihr Amt als Ehrenamt“), ist diese Entscheidung durchaus nachvollziehbar.
Vergütung im Ehrenamt - Fazit:
Meist ist es möglich, für die Aufgaben in den Organen von Stiftungen, Vereinen und auch GmbH ehrenamtlich tätige, engagierte Bürger zu finden. Um das zu unterstützen, ist die Aufnahme eines Hinweises auf eine grundsätzlich ehrenamtliche Tätigkeit in der Satzung durchaus sinnvoll und häufig auch „politisch“ gewünscht. Immer häufiger ist es aber für eine Professionalisierung von Vorstände und Aufsichtsgremien und wegen des gesteigerten Arbeitsaufwandes notwendig, finanzielle Anreize oder zumindest Kompensationen zu bieten. Um beide Aspekte zu berücksichtigen, wurden oftmals Regelungen gewählt, die die Ehrenamtlichkeit als Regel („grundsätzlich“) festlegen, jedoch die Entgeltlichkeit nach Beschluss durch ein anderes Organ als Ausnahme zugelassen haben.
Ob solche Regelungen zukünftig noch tragbar sind, ist nach den Ausführungen des OVG zumindest zweifelhaft. Eine Abstimmung mit dem Finanzamt sollte auf jeden Fall erfolgen. Sind Stiftungsaufsichtsbehörden zu beteiligen, ist eine Abstimmung im Vorfeld erforderlich – es empfiehlt sich auf jeden Fall eine klare Regelung. Da jede Zahlung einer Vergütung eine satzungsmäßige Grundlage benötigt, sollte abgewogen werden, ob Zahlungen in absehbarer Zeit erforderlich werden. In diesem Fall sollte dann prospektiv eher auf die Ehrenamtlichkeit verzichtet und die Möglichkeit einer Vergütung satzungsmäßig verankert werden.
Dies gilt umso mehr, als gerade für Änderungen einer Stiftungssatzung zumeist eine Änderung der Verhältnisse erforderlich ist. Wann eine Änderung der Verhältnisse vorliegt, hängt indes auch stark von der jeweiligen Auffassung des Sachbearbeiters bei der Stiftungsaufsicht bzw. der Behördenmeinung ab. Die fortschreitende Professionalisierung und Ökonomisierung lässt es zumindest bei einer gewissen Größe der Stiftungstätigkeit durchaus sinnvoll erscheinen, eine Vergütung zumindest der Sache nach vorzusehen. Soweit der Größe der Stiftung angemessen, sollte daher beizeiten die Möglichkeit einer Vergütung eindeutig aufgenommen werden.