Urlaubsanspruch - Belehrungspflicht eines Arbeitgebers
In einer aktuellen Entscheidung musste sich das Landesarbeitsgericht Hamm mit der Frage des Verfalls von Urlaubsansprüchen auseinandersetzen (LAG Hamm, Urteil vom 24. Juli 2019–5 Sa 676/19). Dabei nahm das LAG auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 19. Februar 2019–9AZR 541/15 –Bezug. Dieses hatte unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 6. November 2018 –C-684/16) entschieden, dass der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers nicht nach Ablauf des Kalenderjahres verfällt, wenn der Arbeitnehmer nicht durch seinen Arbeitgeber hierauf hingewiesen wurde.
Diese Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers ist dann erfüllt, wenn er den Arbeitnehmer in die Lage versetzt, seinen konkreten Urlaub in dem bestimmten Jahr zu nehmen. Dies kann durch eine Mitteilung in Textform erfolgen, aus der sich ergibt, wie viele Urlaubstage dem Arbeitnehmer im konkreten Jahr zustehen und dass er den Urlaub rechtzeitig zu beantragen hat, da er andernfalls verfällt. Der Entscheidung des LAG Hamm lag der Sachverhalt zu Grunde, dass eine Arbeitnehmerin 14 Urlaubstage im Jahr 2017 nicht nehmen konnte, weil sie durchgängig arbeitsunfähig erkrankt war. Im November des Folgejahres – die Klägerin war weiterhin erkrankt - forderte sie ihren Arbeitgeber auf, diesen Urlaub abzugelten, was dieser verweigerte.
Ihre Klage vor dem Arbeitsgericht Paderborn begründete die Arbeitnehmerin damit, dass sie nicht auf den Verfall des Urlaubs hingewiesen worden sei. Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen, das LAG schloss sich dieser Auffassung an. In seiner Begründung weist es darauf hin, dass eine Belehrung über den Verfall von Urlaub nur dann Sinn ergeben kann, wenn der Arbeitnehmer auch in der Lage ist, diesen zu nehmen. Dies ist bei einer andauernden Arbeitsunfähigkeit jedoch nicht der Fall. Selbst wenn die Klägerin aufgefordert worden sei, ihren Urlaub zu nehmen, wäre dies aufgrund der Arbeitsunfähigkeit schlicht unmöglich gewesen.
Eine Belehrung durch den Arbeitgeber kann mithin erst dann wieder erfolgen, wenn die Arbeitsunfähigkeit der Arbeitnehmerin beendet ist. Das LAG führte weiter aus, dass – selbst bei einer erfolgten Belehrung – der Urlaub der weiterhin erkrankten Klägerin verfallen wäre, und greift in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung des europäischen Gerichtshof auf, nach welcher Urlaubsansprüche 15 Monate nach Ablauf desjenigen Jahres verfallen, in dem sie entstanden sind, auch wenn ein Arbeitnehmer aufgrund von Arbeitsunfähigkeit gehindert war, den Urlaub nehmen.
Urlaubsanspruch - Belehrungspflicht eines Arbeitgebers: Fazit
Die – nicht rechtskräftige – Entscheidung des LAG Hamm ist konsequent und nachvollziehbar. Welchem Zweck soll eine Belehrung über Urlaubsansprüche dienen, wenn der Arbeitnehmer nicht in der Lage ist, den Urlaub zu nehmen und der Arbeitgeber den Anspruch nicht erfüllen kann? Dennoch sollten Arbeitgeber gerade jetzt zum Jahresende darauf achten, dass Sie ihre Arbeitnehmer auffordern, bestehenden Resturlaub noch in diesem Jahr zu nehmen