Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) beschäftigt nach wie vor die Verantwortlichen in der Behindertenhilfe. Dabei werden insbesondere zwei Themen immer wieder diskutiert, die durch das BTHG bedingt sind und durchaus miteinander in Zusammenhang stehen: die vorgesehene Trennung der Leistungen der Eingliederungshilfe von der Grundsicherung und die künftig zu führenden Vergütungsverhandlungen.
Bisher wurden die Entgeltsätze für die Einrichtungen insgesamt verhandelt bzw. festgesetzt. Durch die Trennung der Eingliederungshilfe von der Grundsicherung entsteht die Notwendigkeit, die Entgeltsätze neu zu kalkulieren. Das heißt, dass die bisherige Finanzierungslogik durch die Trennung der existenzsichernden Leistungen von den Fachleistungen gebrochen wird. Die Leistungserbringer in der Behindertenhilfe müssen zukünftig ihre Leistungen einzeln bepreisen, was durchaus zu einigem Kopfzerbrechen führen kann. Insbesondere für Wohnheime stellt dies eine komplexe Angelegenheit dar. Hier drängt sich eine Vielzahl von Fragen auf:
›› Wie ermittle ich die Miete des einzelnen Bewohners verursachungsrecht (existenzsichernde Leistung)?
›› Welche Fläche wird nur zur Erbringung der Fachleistung genutzt, deren Aufwand somit explizit mit der Fachleistung zu vergüten ist?
›› Wie bepreise ich den Quadratmeter?
›› Was passiert mit Flächen, die nicht klar zuzuordnen sind?
›› Was ist mit den Nebenkosten?
›› Welcher „Topf“ lässt welche maximale Finanzierung des Aufwands zu?
All dies sind Fragen, deren Beantwortung mit einer neuen Logik verbunden ist und mitunter einen erheblichen Arbeitsaufwand zur Ermittlung der entsprechenden verursachungsgerechten und gewichteten Entgelte bedeutet.
Die genannten Auswirkungen des BTHG führen dazu, da ss die neuen Entgelte in Vergütungssatzverhandlungen durchgesetzt werden müssen. Das ist neu. Bislang hatte man sich oftmals relativ schnell auf pauschale Steigerungen der Vergütungssätze geeinigt. Den tatsächlichen prospektiven Kosten und deren Ermittlung wurde dabei wenig Beachtung geschenkt. Den Themen Verhandlungsstrategie und Verhandlungstaktik kam nicht die Bedeutung zu, welche in der „professionellen“ Verhandlungsführung unbedingt gefordert ist, um ein gutes Verhandlungsergebnis zu erreichen. Das wird sich wohl tendenziell ändern, sodass sichLeistungserbringer gerade mit dem Thema der Vergütungsverhandlungsowohl inhaltlich als auch strategisch und taktisch beschäftigen sollten.
Die Darstellung der prospektiven Kosten – nun getrennt in Grundsicherungund Eingliederungshilfe – muss als Mindestanforderung sicher erfolgen können. Sollte sich erhärten, dass die Landesrahmenverträge genutzt werden sollen, um zusätzliche Anforderungen an geeignete Leistungserbringer zu definieren, werden an die inhaltliche Darstellung noch größere Anforderungen gestellt werden. Der Umgang mit neuen Fragestellungen, die sich direkt aus dem Gesetz ergeben, sollte geklärt werden. Exemplarisch sei hier der § 124 SGB IX genannt, der die Einführung eines externen Vergleichs vorsieht, um die wirtschaftliche Angemessenheit der Vergütungssätze zubestimmen. Danach ist die Vergütung wirtschaftlich angemessen, wenn sie im Vergleich zur Vergütung vergleichbarer Leistungserbringer im unteren Drittel liegt. Dies bedeutet jedoch im Umkehrschluss nicht, dass die Vergütung, sollte sie oberhalb des unteren Drittels liegen, stets unangemessen ist. Gerade in der Vorbereitung von Verhandlungen und in der Verhandlungszieldefinition muss hier eine strategische Grundsatzentscheidung zum Umgang mit diesem Sachverhalt getroffen werden. Nicht zuletzt muss man sich der Bedeutung der – für viele neuen – taktischen Dimension bewusst werden, die in der Verhandlungsführung an Bedeutung gewinnt, um künftig stets auskömmliche Vergütungssätze verhandeln zu können.