Neuer Referentenentwurf im Strafrecht:
Das Verbandssanktionengesetz kommt!
Bisher existiert in Deutschland kein normiertes Unternehmensstrafrecht. Nach dem derzeitigen Koalitionsvertrag soll sich dies noch in der laufenden Legislaturperiode ändern. Bereits im August vergangenen Jahres legte das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) einen Referentenentwurf für ein „Gesetz zur Bekämpfung der Unternehmenskriminalität“ vor. Nunmehr hat das Justizministerium einen ersten finalen und mit dem Wirtschaftsministerium abgestimmten Referentenentwurf vorgelegt, welcher das Gesetzesvorhaben weiterentwickelt. Das geplante Gesetz trägt jetzt den Namen „Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft“.
Wie der bisherige Entwurf soll es ein „Gesetz zur Sanktionierung verbandsbezogener Straftaten“ – kurz „Verbandssanktionengesetz“ in Kraft setzen. Mit Verbänden in diesem Sinne sind juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, nicht rechtsfähige Vereine und rechtsfähige Personengesellschaften gemeint. Wichtige Punkte der grundlegenden Konzeption werden beibehalten. Gestrichen wurde die Verbandsauflösung als Sanktionsmöglichkeit für besonders schwere Fälle. In beiden Entwurfsfassungen würde das Gesetz die Vorhaltung und Pflege funktionierender Compliance-Strukturen in den seinem Anwendungsbereich unterfallenden Verbänden faktisch erzwingen, weil die andernfalls einzugehenden Risiken als untragbar erscheinen müssten.
Werden gemeinnützige Rechtsträger ausgenommen?
Der nun vorliegende Entwurf sieht in Art. 1 § 1 eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des geplanten Verbandssanktionengesetzes vor. Demnach soll das Gesetz nur noch die Sanktionierung von Verbänden regeln, „deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist“. Der ursprüngliche Entwurf hatte eine derartige Einschränkung nicht vorgesehen. In der Öffentlichkeit finden sich vereinzelt Stimmen, wonach der steuerbegünstigte Sektor vom Anwendungsbereich des vorgeschlagenen Verbandssanktionengesetzes nunmehr ausgenommen wäre. Ob tatsächlich alle steuerbegünstigten Rechtsträger aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes herausfallen sollen, lässt sich dem Wortlaut und der Entwurfsbegründung aber nicht ausdrücklich entnehmen.
Die weiteren Entwicklungen beobachten und Compliance-Pflichten erfüllen
Bis auf Weiteres sollten Leiter gemeinnütziger Rechtsträger die weitere Entwicklung im Auge behalten. Ohnehin darf auch ein Ausschluss gemeinnütziger Rechtsträger nicht zu der irrigen Annahme verleiten, dass diese auf ausreichende Vorkehrungen zur Compliance-Gewährleistung verzichten dürfen. Schon bisher besteht auch für gemeinnützige Rechtsträger die (auch für ihr Führungsorgan) mit Haftungsrisiken belastete Obliegenheit, ein nach den Umständen angemessenes Compliance-Management-System (CMS) vorzuhalten und zu pflegen. Dies wird auch weiterhin gelten.
Haben Sie Fragen zu den Anforderungen an angemessene Compliance-Vorkehrungen? Die Experten unseres Compliance-Kompetenzteams stehen Ihnen gerne beratend zur Seite.