Stiftungserrichtung - Ausnahmsweise formbedürftig?

Stiftungserrichtung - Ausnahmsweise formbedürftig?

 

 

Wird eine Stiftung errichtet und ihr als Stiftungskapital ein Grundstück zugesichert, dessen Übertragung im Allgemeinen nach § 311b Abs. 1 BGB der notariellen Beurkundung bedarf, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten, ob diese Formvorschrift auch hier Anwendung findet. Interessant ist, dass der „Streit“ nur zwischen den Rec

Stiftungserrichtung - Ausnahmsweise formbedürftig?

 

Sonderfälle der Stiftungserrichtung

Wird eine Stiftung errichtet und ihr als Stiftungskapital ein Grundstück zugesichert, dessen Übertragung im Allgemeinen nach § 311b Abs. 1 BGB der notariellen Beurkundung bedarf, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten, ob diese Formvorschrift auch hier Anwendung findet. Interessant ist, dass der „Streit“ nur zwischen den Rechtsgebieten, nicht innerhalb dieser besteht: Die stiftungsrechtliche Literatur vertritt die Auffassung, dass eine notarielle Form nicht erforderlich sei, während im Immobilienrecht der Notar für zwingend erachtet wird.

Die Rechtsprechung hat in zwei Urteilen aus Schleswig-Holstein (OLG  Schleswig-Holstein 1995 zum Kostenrecht und schleswig-holsteinisches Finanzgericht aus 2012 zur Grunderwerbsteuer) Partei für die „Stiftungsrechtler“ ergriffen und zugelassen, eine Stiftung mit einer Immobilie privatschriftlich zu errichten. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat dem nunmehr eine deutlich andere neue Facette  hinzugefügt. In seinem Beschluss vom 5. August 2019 –2 Wx 220/19, 2 Wx  227-229/19 – hat sich das OLG Köln nämlich auf die Seite der „Grundstücksrechtler“ geschlagen und sieht bei der Errichtung einer Stiftung mit der Einbringung einer Immobilie die Anwendung des § 311b Abs. 1 BGB und damit die notarielle Beurkundung als zwingend an.

In dem entschiedenen Fall wollte der Stifter der zwischenzeitlich anerkannten Stiftung in Erfüllung seines Errichtungsversprechens Wohnungseigentum übertragen. Er hat daher nur die Auflassung und die Eintragungsbewilligungen notariell beurkunden und beim Grundbuchamt einreichen lassen. Das Grundbuchamt hat dies zurückgewiesen und die Eintragung verweigert – nicht nur die Auflassung, sondern auch das schuldrechtliche Grundgeschäft, das Stiftungsgeschäft für die Errichtung der Stiftung hätte gemäß § 311b Abs. 1 BGB der notariellen Form bedürft. Dem hat sich das OLGKöln  in nachvollziehbarer Weise angeschlossen.

Das Gericht führt aus, dass der stiftungsrechtliche § 81 Abs.1 Satz 1 BGB –wonach Schriftform genügt – lediglich für die Errichtung der Stiftung gedacht  sei und dass weitere, spezifische Formvorschriften  kumulativ  hinzutreten  könnten – eine solche sei der § 311b BGB. Auch der Schutzzweck des §311b BGB spräche für dessen Anwendung, da er durch das verwaltungsrechtliche  Verfahren der  Anerkennungsbehörde eben nicht erfüllt wird und dieses nicht die notarielle Beurkundung ersetzt. Das behördliche Anerkennungsverfahren gewährleiste nicht die erforderliche Klarheit und Beweissicherung sowie erfülle nicht die Beratungsfunktion eines Notars gegenüber dem Stifter, da die Stiftungsbehörden lediglich die Stiftung auf Rechtmäßigkeit prüfen.

Stiftungserrichtung - Ausnahmsweise formbedürftig? Sonderfälle der Stiftungserrichtung: Fazit

Das Stiftungsgeschäft sollte notariell beurkundet werden, wenn eine Übertragung von Grundstücken  vorgesehen ist. Es ist nämlich davon auszugehen, dass sich die meisten Grundbuchämter dieser  Rechtsprechung des OLG Köln anschließen  werden, da dieses in großer  Klarheit und – anders  als  seinerzeit die schleswig-holsteinischen Gerichte – sehr direkt zu der  Frage Stellung nimmt. Der Vorgang ist auch kaum „heilbar“: Das nach § 311b Abs. 1 BGB notariell zu beurkundende schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft ist das Stiftungsgeschäft.

Stiftungsrechtlich“ hat aber bereits eine Anerkennung stattgefunden und die Stiftung wurde errichtet – die Rechtsfähigkeit ist mit der Zustellung der Stiftungsurkunde eingetreten. Es ist unklar, ob aufgrund der fehlenden notariellen Beurkundung die Stiftung nicht  errichtet ist und ein neues Anerkennungsverfahren  angestoßen wird oder ob eine  Nachbeurkundung möglich ist. In ersterem Fall wären dogmatische  Fragestellungen bis hin zur Errichtung von zwei Stiftungen im Raum, deren schwierige Beantwortung durch eine einfache Beurkundung vermieden werden könnte.

Das Urteil reicht jedoch noch weiter: Nicht nur die Übertragung von Grundstücken als Stiftungs-grundstockvermögen, sondern auch alle anderen formbedürftigen Geschäfte sind in der jeweiligen  besonderen Form  durchzuführen – zu denken ist beispielsweise an die Übertragung von GmbH-Anteilen als Stiftungsgrundstockvermögen. Dass stiftungsrechtlich allerdings die Übertragung einer Beteiligung nichtzwingend sinnvoll ist, da dieses Vermögen auch in seinem Wert erhalten werden muss –was sowohl bei Gebäuden als auch bei Beteiligungen fraglich und schwierig sein kann – ist ein zusätzlicher, jedoch stiftungsrechtlicher Aspekt, der zu beachten ist.

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