Körperschaftsteuer bei Stiftungen – trotz vom Erblasser angeordneter Gemeinnützigkeit!
Mit seinem Urteil vom 6. Juni 2019 – V R 50/17 – hat der Bundesfinanzhof (BFH) ein Urteil des Finanzgerichts Münster vom 13. Oktober 2017 – 13 K 641/14 K – (vgl. unseren Newsletter 1/2018, S. 2) bestätigt. Demnach existiert keine steuerliche Rückwirkungsfiktion für die gemeinnützige Satzung einer Stiftung von Todes wegen. Der im Jahr 2004 verstorbene Erblasser hatte mit seinem Testament von 1997 eine Stiftung errichtet, für die er zwar die Gemeinnützigkeit angeordnet, die Erstellung einer Satzung jedoch unterlassen hatte. Der Nachlasspfleger musste zunächst einmal Anfechtungen des Testamentes abwenden, so dass die Stiftungserrichtung erst im Jahre 2007 gelang. Das Finanzamt führt später eine Außenprüfung durch und erkannte die Stiftung für die Jahre 2005 und 2006 nicht als gemeinnützig an und setzte Körperschaftsteuer fest. Die Stiftung wehrte sich hiergegen mit Verweis auf § 84 BGB, der anordnet:
- „Wird die Stiftung erst nach dem Todes des Stifters als rechtsfähig anerkannt, so gilt sie für die Zuwendung des Stifters als schon vor dessen Tod entstanden“. Insoweit wird also die Stiftung als mit dem Todeszeitpunkt rechtsfähig fingiert. Das Finanzamt, das Finanzgericht Münster und der BFH haben diese zivilrechtliche Rückwirkung jedoch nicht auf das Steuerrecht erstreckt. Die Begründung ist praktisch unschön, aber dogmatisch nachvollziehbar. Die Gemeinnützigkeit liegt nur vor, wenn die Satzung gemäß § 60 Abs. 2 AO „den vorgeschriebenen Erfordernissen bei der Körperschaftsteuer und bei der Gewerbesteuer während des ganzen Verlangungs- oder Bemessungszeitraums … entspricht“.
Dies sei nicht der Fall. Die stiftungsrechtliche Fiktion des § 84 BGB kann nach Auffassung der Finanzverwaltung und der Gerichte sich nicht auf die steuerlichen Regelungen auswirken. Die Rückwirkung des § 84 BGB ist eben ausdrücklich nur „für die Zuwendung des Stifters“ vorgesehen, und zwar deshalb, weil die Stiftung als „Vertragspartei für den Schenkungsakt“ zur Verfügung stehen soll. Weitergehende Folgen sollen hiermit nicht verknüpft sein. Alle Argumente der Stiftung, dass ein Missbrauch aufgrund der Stiftungsbindung und der Stiftungsaufsicht nicht gegeben sei, trugen nach Auffassung der Finanzverwaltung und Finanzgerichte nicht.
Körperschaftsteuer bei Stiftungen – trotz vom Erblasser angeordneter Gemeinnützigkeit! - Fazit:
Es bleibt bei der Empfehlung, Testamente mit der Anordnung einer Stiftungserrichtung nach Möglichkeit mit einer gemeinnützigkeitskonformen Satzung auszugestalten, um eine möglichst umfassende Chance zur Rückwirkung der Gemeinnützigkeit zu erhalten. Ob dieses gelingt, muss nach dem Urteil allerdings noch offen bleiben, denn nach den Annahmen des Gerichts wirkt sich die Rückwirkungsfiktion des § 84 BGB nicht auf die in § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG geregelten Voraussetzungen der Steuerbefreiung aus. Es bleibt also offen, ob eine taugliche Satzung diese Rückwirkung entfalten würde. Gleichwohl bestehen gute Argumentationslinien, dies zu erreichen. Die Empfehlung, ein Testament direkt mit einer Satzung auszugestalten, muss also noch darum ergänzt werden, dass im Todesfall die Errichtung der Stiftung schnellstmöglich angegangen werden sollte, um den Zeitraum "kurz“ zu halten.
Weiterer Vorteil einer (steuerlich tauglichen) Satzung im Testament bleibt die Tatsache, dass damit der Stifter und etwaig begünstigte Destinatäre, also die von der Stiftungserrichtung unmittelbar profitierenden Einrichtungen, sicher sein können, dass die Stiftung so errichtet wird, wie dies seitens der handelnden 5 Personen gewünscht war. Diskussionen mit der Stiftungsaufsicht entfallen damit. Dies bedeutet aber auch, dass ein Testament nicht nur hinsichtlich der Stiftungserrichtung vollständig und formgerecht sein muss, sondern auch die Stiftungssatzung im Testament regelmäßig dahingehend überprüft werden muss, ob sich zwischen Testamentserrichtung und Todeszeitpunkt die steuerlichen Anforderungen an die Satzung geändert haben.
Eine Stiftung von Todes wegen – bitte direkt mit Satzung!
Das Finanzgericht Münster hat sich mit der Errichtung einer gemeinnützigen Stiftung von Todes wegen auseinandersetzen müssen (Urteil vom 13. Oktober 2017 –13 K 641/14 K). Danach ist es wesentlich, dass eine Stiftung über eine gemeinnützigkeitsrechtliche Satzung verfügt, eine Rückwirkung besteht nicht.
In dem zu entscheidenden Fall hatte ein Erblasser im Rahmen seines Testamentes eine gemeinnützige, rechtsfähige Stiftung zwar verfügt und mit Zweck und Vermögen ausgestattet, jedoch keine Satzung festgestellt. Der Erblasser verstarb Ende November 2004. Das Amtsgericht bestellte einen Nachlasspfleger, der sich in den Jahren 2005 und 2006 um die Errichtung der Stiftung kümmerte, unter anderem aber auch eine Anfechtung des Testaments abwenden musste. Erst im Januar 2007 wurde die Stiftung errichtet und durch die Stiftungsaufsicht anerkannt. Bei einer Außenprüfung der Körperschaftsteuer für die Jahre 2005 und 2006 monierte der Prüfer, dass nicht nur die Buchführung formell und materiell nicht ordnungsgemäß sei, sondern auch satzungsmäßige Zwecke nicht erfüllt worden seien. Insbesondere habe für den Zeitraum bis zur Errichtung der Stiftung durch Genehmigung eine Satzung gefehlt. Daher unterwarf das Finanzamt die Erträge der Jahre 2005 und 2006 der Körperschaftsteuer. Das Finanzgericht geht davon aus, dass die Klägerin –die Stiftung –gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig war, jedoch nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreit ist.
Tatsächlich beginnt die Stiftung als solche bereits mit dem Tod des Stifters und zivilrechtlich ist das Stiftungsvermögen dieser bereits zuzuordnen (§ 84 BGB). Die Stiftung wird also in ihrer Existenz „rückwirkend fingiert“. Das gilt auch für das Steuerrecht, so dass die Stiftung bereits ab dem Tod des Stifters, also auch in den Jahren 2005 und 2006, existierte und der Körperschaftsteuerpflicht unterlag. Um dann als Körperschaftsteuersubjekt steuerbefreit zu sein, bedarf es einer gemeinnützigkeitsrechtlich korrekten Satzung, die jedoch erst im Jahre 2007 erlassen wurde. Für die Satzung ergibt sich jedoch keine Rückwirkung. Eine Fiktion der Rückwirkung des § 84 BGB auch auf die Steuerbefreiung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG kommt nach Auffassung des Finanzgerichtes nicht in Betracht. Dies würde die gesetzlichen Anforderungen der Abgabenordnung unterlaufen.
Tatsächlich müssen die formellen Anforderungen an die Satzung auch im Allgemeinen für jeden Veranlagungszeitraum voll vorliegen. Für eine Rückwirkungsfiktion von Satzungen ist kein Platz. Fehlen aber die formellen Anforderungen an die Gemeinnützigkeit einer steuerbegünstigten Körperschaft, so entfällt die Gemeinnützigkeit.
Eine Stiftung von Todes wegen – bitte direkt mit Satzung - Fazit:
Bei Stiftungen von Todes wegen empfiehlt es sich also, die Errichtungsanordnung für die Stiftung direkt mit einer gemeinnützigkeitsrechtlich relevanten und tauglichen Satzung auszustatten. Das erhöht nicht nur die Chancen, auch während einer Phase der Unsicherheit durch Nachlasspflegschaft, Erbanfechtung etc. eine als gemeinnützig anerkannte Stiftung zu errichten, sondern ist auch aus zivilrechtlicher Sicht anzuraten. Das Fehlen einer Satzung kann oftmals zu Unklarheiten beider Ausgestaltung führen. Unterschiedliche Interessen –Nachlasspfleger, das zuständige Gericht, Stiftungsbehörden und Finanzämter –führen oftmals zu einem aufwendigen Verfahren bei der Errichtung der Stiftung und zu zahlreichen Wendungen, die genommen werden müssen. Um dies zu vermeiden, sollte eine zumindest mit den wesentlichen Punkten ausgestattete Satzung dem letzten Willen beigefügt werden.