Stichtag bei Planherausnahmen und erstmaliger Zuweisung von Leistungsgruppen

In zwei aktuellen Entscheidungen hat sich das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen unter anderem mit der Frage beschäftigt, auf welchen Zeitpunkt es für die rechtliche Beurteilung von Feststellungsbescheiden im Krankenhausplanungsverfahren ankommt (OVG NRW, Beschluss vom 11. Juli 2025 – 13 B 280/25 – und vom 1. September 2025 – 13 B 315/25).

In beiden Verfahren ging es um die Umsetzung des neuen, leistungsgruppenbasierten Krankenhausplans NRW 2022. Die Entscheidungen betreffen zum einen die Ablehnung einer beantragten Zuweisung von Leistungsgruppen (erstmalige Zuweisung) und zum anderen die (teilweise) Planherausnahme. In beiden Fällen argumentierten die betroffenen Krankenhausträger mit nach Erlass des maßgeblichen Feststellungsbescheids eingetretenen Veränderungen (u. a. Abschluss eines neuen Kooperationsvertrags, personelle Veränderungen) als nachträglich erfüllte (Mindest-)Voraussetzungen.
 

Planherausnahme

Bei der Planherausnahme, d.h. wenn der Krankenhausträger bisherige Versorgungsaufträge (teilweise) verliert, ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Sach- und Rechtsstand im Zeitpunkt der behördlichen Auswahlentscheidung maßgeblich. Somit ist der Zeitpunkt des Erlasses des neuen Feststellungsbescheids, der auf dem Krankenhausplan NRW 2022 beruht, entscheidend. Erlasszeitpunkt war in NRW gegenüber sämtlichen Krankenhausträgern der 16. Dezember 2024.

Maßgeblich ist damit, ob das Krankenhaus im Zeitpunkt der Behördenentscheidung die Mindestvoraussetzungen erfüllte. Nachträgliche Entwicklungen werden für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planherausnahme nicht berücksichtigt. Somit hat z. B. ein nachträglich abgeschlossener Kooperationsvertrag keine Auswirkung auf die Beurteilung der damaligen Herausnahme aus dem Krankenhausplan. Nach der Rechtsprechung kommt es auf die Antragsunterlagen an, die der Krankenhausträger bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Feststellungsbescheides vorgelegt hat. Das OVG NRW leitet dies daraus ab, dass das Land NRW das Verwaltungsverfahren zur flächendeckenden Umsetzung des Krankenhausplans NRW einheitlich ausgestaltet habe, um eine ununterbrochene bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen und eine Gleichbehandlung aller antragstellenden Krankenhausträger zu sichern. Die Verwaltungsverfahren endeten nach den Ausführungen des OVG NRW am 16. Dezember 2024 mit Erlass der Feststellungsbescheide; aus Gründen der Chancengleichheit seien die Möglichkeiten der Krankenhäuser, Antragsunterlagen vorzulegen, zeitlich begrenzt gewesen. Eine unverhältnismäßige Belastung für die Krankenhausträger sah das Gericht darin nicht, weil für jedes Krankenhaus aufgrund des Krankenhausplans NRW 2022 ohne weiteres die Mindest- und Auswahlkriterien für die Zuweisung der jeweiligen Leistungsgruppe erkennbar gewesen seien.

Dies wirft die Frage auf, ob hinsichtlich derjenigen Auswahlkriterien, die für die Krankenhausträger nicht ohne weiteres erkennbar waren, ein späterer Zeitpunkt maßgeblich sein könnte, ohne dass dies der Entscheidung des OVG NRW entgegenstünde. Denn der Krankenhausplan ist im Hinblick auf die Auswahlkriterien nicht abschließend; das Land NRW bzw. die zuständige Bezirksregierung konnte bei seiner Auswahlentscheidung weitere, nicht im Krankenhausplan genannte Kriterien heranziehen (§ 8 Abs. 2 Satz 2 KHG).
 

Erstmalige Zuweisung einer Leistungsgruppe

Im Fall der erstmaligen Zuweisung einer Leistungsgruppe (insbesondere im Rahmen einer landesweiten, flächendeckenden Neuplanung und der damit verbundenen systemweiten Umstellung) stellt das OVG NRW eine Besonderheit heraus: Während nach allgemeinem Verwaltungsrecht für Verpflichtungsklagen typischerweise auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgestellt wird, gilt für die erstmalige Zuweisung einer Leistungsgruppe nach dem Krankenhausplan NRW 2022 nach den Vorgaben des OVG NRW abweichend Folgendes:

Auch hier ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, also der Erlass des Feststellungsbescheids (hier der 16. Dezember 2024), entscheidend. Das OVG NRW begründet dies mit dem Charakter der landesweit flächendeckenden, einheitlichen Planung. Das Verfahren unterscheide sich grundsätzlich von einer punktuellen Nachsteuerung oder Individualentscheidung bei einzelnen Krankenhausträgern außerhalb einer umfassenden Neuplanung.

Die flächendeckende Umstellung auf Leistungsgruppen erforderte eine einheitliche Stichtagsregelung für die Vergleichbarkeit und Chancengleichheit aller Standorte. Daher mussten das Ministerium und die zuständige Behörde alle Bewerber auf Grundlage des am Stichtag vorliegenden Sach- und Datenstands (Antragsunterlagen) bewerten, um eine gerechte „Bestenauslese“ durchzuführen und Doppelstrukturen abzubauen. Nachträgliche Verbesserungen können nicht zu einem späteren Anspruch auf Zuweisung (im gleichen Verfahren) führen – sie wären ggf. Gegenstand einer neuen Antragstellung außerhalb der erstmaligen landesweiten Zuweisungsrunde. Das OVG NRW führt aus:
„In den Verfahren um die erstmalige Zuweisung einer Leistungsgruppe in Umsetzung des Krankenhausplans NRW 2022 bestimmt sich das Bestehen eines Anspruchs nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. […] Dieses landesweite und umfassende Planungsverfahren betreffend die erstmalige Zuweisung von Versorgungsaufträgen […] unterscheidet sich […] wesentlich von einem sonstigen Planungsverfahren, in welchem einzelne Krankenhausträger die Planaufnahme beantragen.“
 

Praxis-Hinweis

Die OVG-Entscheidungen stellen klar: Egal ob Planherausnahme oder erstmalige Zuweisung einer Leistungsgruppe im Zuge der Umsetzung des Krankenhausplans NRW 2022 – maßgeblich ist jeweils der Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung. In beiden Konstellationen sind nachträglich eingetretene Umstände unbeachtlich. Die Krankenhausträger, vor allem in anderen Bundesländern als NRW, sollten für die dort anstehenden Krankenhausplanungsverfahren mit Blick auf die Rechtsprechung des OVG NRW bei ihren strategischen Planungen und bei Änderungen (z. B. medizinisch-strukturell, wie Kooperationen oder Fachärzte) darauf achten, dass die behördliche Entscheidung (Feststellungsbescheid) der „Stichtag“ ist. Sachliche Änderungen nach diesem „Stichtag“ werden nicht berücksichtigt; daran ändert auch ein laufendes Gerichtsverfahren nichts. Die Änderungen sind allerdings – natürlich auch in NRW – bedeutsam, sofern Krankenhausträger neue Anträge stellen. Diejenigen Krankenhausträger in NRW, bei denen bedeutsame Änderungen nach dem 16. Dezember 2024 eingetreten sind, sollten Neuanträge erwägen.

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