Körperschaftsteuer auf Sanierungsgewinn ist keine Insolvenzforderung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich in seiner Entscheidung vom 15. November 2018 – XI B 49/18 – mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein Sanierungsgewinn, der auf einen Insolvenzplan zurückzuführen ist, als Insolvenzforderung zur Tabelle anzumelden oder von der Klägerin, einer GmbH, vollumfänglich als Masseverbindlichkeit zu tragen ist.
Über das Vermögen der Klägerin wurde im Jahr 2006 das Insolvenzverfahren eröffnet und die Eigenverwaltung angeordnet. Im Rahmen der Sanierung des Unternehmens wurde im Jahr 2009 ein Insolvenzplan erstellt, der die Zustimmung der Gläubiger erhielt. Ebenfalls im Jahr 2009 erfolgte die Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Der Insolvenzplan hatte zur Folge, dass Gläubiger – unter anderem die Finanzbehörden – in einem gewissen Umfang auf ihre Forderungen verzichteten. Aus dem Forderungsverzicht resultierte ein sogenannter Sanierungsgewinn, den die Klägerin im korrigierten Jahresabschluss für das Jahr 2008 in der Handelsbilanz berücksichtigte. Die Klägerin stellte sich auf den Standpunkt, dass die Steuerforderung bezogen auf den Sanierungsgewinn zur Insolvenztabelle anzumelden sei. Der BFH hatte zu beurteilen, ob der Sanierungsgewinn als Masse- oder als Insolvenzforderung einzuordnen ist.
Insolvenzrecht
Das Insolvenzrecht verfolgt den Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung durch die Insolvenzmasse. Der überwiegende, nicht privilegierte Teil der Gläubiger, erhält daher im Regelfall eine Befriedigung lediglich nach Insolvenzquote bzw. nach vereinbarten Bestimmungen eines Insolvenzplans.
Insolvenzforderungen sind gegeben, wenn die Ansprüche zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits begründet waren. Eine Anspruchsentstehung ist keine Voraussetzung.
Demgegenüber sind Masseverbindlichkeiten – von Ausnahmen abgesehen – solche Forderungen, deren Begründung auf einen Zeitpunkt nach Insolvenzeröffnung fällt. Masseverbindlichkeiten werden vorrangig und damit im Regelfall vollumfänglich aus der Insolvenzmasse beglichen. Dies gilt auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens und der Fortsetzung des sanierten Unternehmens.
Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass der Sanierungsgewinn im vorliegenden Fall als Masseverbindlichkeit einzustufen ist. Entscheidend dafür sei, dass sich der maßgebliche Zeitpunkt für die Qualifikation ausschließlich nach Insolvenzrecht und nicht nach der steuerrechtlichen Entstehung der Forderung oder deren Fälligkeit richte.
In den Entscheidungsgründen beruft sich der Senat auf eine weitere BFH-Entscheidung (BFH, Urt. v. 16. Mai 2013 − IV R 23/11). Maßgeblich sei demnach der für die Steuerverwirklichung maßgebliche Zeitpunkt der Entstehung des Wertzuwachses, mithin die Gewinnrealisierung. Vorliegend war die Gewinnrealisierung im Augenblick der rechtskräftigen Vereinbarung des Insolvenzplans und insoweit drei Jahre nach Eröffnung des Verfahrens eigetreten.
Die Vermutung, steuerrechtliche Erwägungen wären ausschlaggebend, ist durchaus nachvollziehbar. Der Insolvenzplan regelt einen Verzicht auf Forderungen, die einem Zeitraum zuzuordnen sind, der deutlich vor Insolvenzeröffnung liegt. Im Ergebnis werden vergangene Veranlagungszeiträume gewissermaßen nachversteuert.
Fazit: Besteuerung auf Sanierungsgewinn
Der BFH stellt klar, dass in einem Insolvenzverfahren für die Einordnung der Gläubiger entweder als Insolvenzgläubiger oder als Massegläubiger die insolvenzrechtlichen Grundsätze auch für Steuerforderungen gelten. Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen war lange Zeit äußerst umstritten. Gesetzliche Regelungen zur Steuerfreiheit wurden zwischenzeitlich abgeschafft. Über die Verbindlichkeit von eingeführten Verwaltungsbestimmungen, insbesondere dem sogenannten Sanierungserlass, bestand Unsicherheit, die Finanzverwaltung akzeptierte zuweilen die Stundung oder den Erlass der Körperschaft- und Einkommensteuer. Die zuständigen Behörden erstreckten diese Praxis allerdings nicht auf die Gewerbesteuer. Mit der Einführung des § 3 a EStG herrscht nun Klarheit: Sanierungsgewinne sind steuerfrei. Es bleibt allerdings zu beachten, dass eine Verlustverrechnung nach bestimmten Kriterien vorrangig zu erfolgen hat. Außerdem wird die Steuerfreiheit nur anerkannt, sofern die Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit nachgewiesen werden. Im Einzelfall kann sich dieser Nachweis durchaus aufwendig gestalten.