Separater Internetzugang für Betriebsratsmitglieder nicht erforderlich

Laut dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts (LAG) Köln vom 20. Januar 2023 – 9 TaBV 32/22 – muss der Arbeitgeber Betriebsratsmitgliedern für ihre Arbeit keinen separaten Internetzugang zur Verfügung stellen.


Der Fall

Die Antragstellerin ist als Filialleiterin bei der Antragsgegnerin, welche einen Multi-Channel-Einzelhandel mit Sportbekleidung betreibt, beschäftigt sowie Mitglied des Regionalbetriebsrats Ost. Ihr wurde von der Antragsgegnerin eine personalisierte E-Mail-Adresse zur Verfügung gestellt. Diese nutzt die Antragstellerin auch für ihre Betriebsratstätigkeit.

Die Antragstellerin machte gegenüber der Antragsgegnerin einen umfassenden Auskunftsanspruch nach Art. 15 DS-GVO geltend. Sie begehrte Kopien ihrer Personalakte sowie Auskunft zu ihr als Privatperson und Kundin der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin übermittelte der Antragstellerin daraufhin eine vollständige Kopie der Personalakte sowie deren E-Mail-Verlauf, woraufhin die Antragstellerin wegen angeblich unterbliebener bzw. nicht mit erforderlicher Sorgfalt erfolgter Auskunft als Ersatz für den dadurch erlittenen Schaden einen Betrag in Höhe von 5.000 € forderte. Die Auskunft sei unter anderem deshalb unvollständig, weil der E-Mail-Verkehr zwischen ihr und der Antragsgegnerin als Arbeitgeberin bzw. Dritten nicht vollständig übermittelt worden war. Die Antragsgegnerin stellte daraufhin der Antragstellerin einen Ausdruck ihrer E-Mail-Korrespondenz der letzten zwölf Monaten zur Verfügung. Mit der Zurverfügungstellung der E-Mails wies die Antragsgegnerin die Antragstellerin schriftlich darauf hin, dass in ihrem E-Mail-Postfach sich auch private E-Mails und Anhänge befunden haben, obwohl ihr die private Nutzung des dienstlichen E-Mail-Accounts nicht erlaubt war. Die privaten E-Mail-Inhalte habe die Antragsgegnerin indes nicht zur Kenntnis genommen, da die von der Antragstellerin geforderten Auskünfte von einem Mitglied ihres Datenschutzteams zusammengestellt wurden.

Wegen des Hinweises auf das Verbot der privaten Nutzung des dienstlichen E-Mail-Accounts war die Antragstellerin der Auffassung, die Antragsgegnerin habe von der technischen Überwachungsmöglichkeit der Internetnutzung in unzulässiger Art und Weise Gebrauch gemacht und dabei Inhalte der Korrespondenzen zwischen Betriebsratsmitgliedern gesichtet und zur Kenntnis genommen. Die Antragstellerin beantragte daraufhin beim Arbeitsgericht Köln, dass die Antragsgegnerin ihr eine separate, uneingeschränkte und unkontrollierbare E-Mail-Nutzung zur Verfügung stellt und es unterlässt, ihre E-Mail-Korrespondenz unzulässig zu verarbeiten und dadurch ihre Arbeit als Betriebsratsmitglied zu behindern.

Das Arbeitsgericht wies die Anträge der Antragstellerin zurück. Die Antragstellerin könne aus § 40 Abs. 2 BetrVG keinen Anspruch auf eine eigene IT-Infrastruktur in Form eines separaten Internetanschlusses herleiten. Es liege im berechtigten Interesse der Arbeitgeberin, dass der Betriebsrat seine Internetrecherchen und seinen E-Mail-Verkehr über das von ihr geschützte technische Netzwerk durchführe, um den von ihr für erforderlich gehaltenen Sicherheitsstandard der IT-Systeme zu gewährleisten. Ohne das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte könne nicht unterstellt werden, dass ein Arbeitgeber von den technischen Überwachungsmöglichkeiten der Internetnutzung in unzulässiger Weise Gebrauch mache. Zudem habe die Antragstellerin den Zugriff auf die E-Mail-Korrespondenz selbst veranlasst, indem sie darauf hingewiesen habe, dass ihr Auskunftsverlangen „umfassend“ sei. Gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts legte die Antragstellerin Beschwerde ein.
 

Die Entscheidung

Das LAG wies die Beschwerde als unbegründet zurück. Der Anspruch auf separate Internetnutzung stehe gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG allein dem Betriebsrat als Gremium zu, nicht aber einer einzelnen Betriebsrätin. Weiterhin ergebe sich auch kein Unterlassungsanspruch für die Antragstellerin, da auch dieser Anspruch, wie der Wortlaut des § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG es fordert, lediglich dem Betriebsratsgremium zusteht. Außerdem wäre der Unterlassungsanspruch wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit und damit des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Antragstellerin, welche erst mit ihrem Auskunftsbegehren die Überprüfung ihres E-Mail-Postfachs veranlasst hatte, abzuweisen gewesen.
 

Fazit

Obwohl die private E-Mail-Nutzung betrieblicher Internetzugänge untersagt ist, dürfen Arbeitgeber nicht in unverhältnismäßiger Art und Weise ihre Mitarbeiter kontrollieren und ihre E-Mails lesen. Dies gilt umso mehr, wenn der jeweilige Mitarbeiter ein Mitglied des Betriebsrats ist. Der Ausgleich zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen ist nicht immer leicht. Sollten Sie daher Fragen im Zusammenhang mit der dienstlichen Internetnutzung haben, stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

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