Schlussanträge des Generalanwalts zur beihilferechtlichen Beurteilung von § 6a GrEStG – Keine rechtswidrige Beihilfe?

Am 19. September 2018 hat der Generalanwalt des EuGH Saugmandsgaard im Rahmen des beim EuGH anhängigen Verfahrens (Rs. C-374/17 – A-Brauerei) zur Prüfung der Frage, ob die Nichterhebung der Grunderwerbsteuer gemäß § 6a GrEStG als unionsrechtswidrige staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV einzustufen ist, seine Schlussanträge gestellt. Vorgelegt wurde die im Rahmen eines Vo

Beihilferechtlichen Beurteilung von § 6a GrEStG durch die Schlussanträge des Generalanwalts

Am 19. September 2018 hat der Generalanwalt des EuGH Saugmandsgaard im Rahmen des beim EuGH anhängigen Verfahrens (Rs. C-374/17 – A-Brauerei) zur Prüfung der Frage, ob die Nichterhebung der Grunderwerbsteuer gemäß § 6a GrEStG als unionsrechtswidrige staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV einzustufen ist, seine Schlussanträge gestellt. Vorgelegt wurde die im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens zu beantwortende Frage durch Beschluss des BFH vom 30. Mai 2017 (vgl. Newsletter der Solidaris Rechtsanwaltsgesellschaft 4/2017).

§ 6a GrEStG sieht vor, dass die Grunderwerbsteuer für bestimmte konzerninterne Umstrukturierungen nicht erhoben wird. Zweifelhaft war aus Sicht BFH insbesondere die Frage, ob durch die Regelung ein selektiver Vorteil für bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige gewährt werde. Das Merkmal der Selektivität ist eines von sechs Voraussetzungen für die Einordnung als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV, die definiert wird als aus staatlichen Mitteln gewährter Vorteil, der dem Staat zurechenbar ist, den Handel mit Mitgliedsstaaten beeinträchtigt und den Wettbewerb zu verfälschen droht.

Vorschlag der klassischen Prüfungsmethode

Der Generalanwalt schlägt dem Gericht vor, unter Anwendung der sog. klassischen Prüfungsmethode zur Selektivitätsprüfung zu entscheiden, dass die Befreiung nach § 6a GrEStG keine selektive Maßnahme darstellt und damit nicht als staatliche Beihilfe eingeordnet werden kann. (Die Europäische Kommission hatte in der mündlichen Verhandlung am 11. Juni 2018 die gegenteilige Auffassung vertreten.) Aufschlussreich ist die Begründung des Generalanwalts. Auf eine Erläuterung zur generellen Bedeutung des Merkmals der Selektivität folgt die Darstellung der Bedeutung der Methodik der Selektivitätsprüfung im Bereich von Steuern. Dem Merk-mal der Selektivität komme deshalb im Bereich der Steuern eine entscheidende Bedeutung zu, weil hier davon ausgegangen werden kann, dass die weiteren Voraussetzungen für die Annahme einer Beihilfe in der Regel vorliegen.

Zur Bedeutung der Methodenwahl führte der Generalanwalt aus, dass die alternative dreistufige Methode des Bezugsrahmens, bei der das Kriterium der Diskriminierung im Vordergrund steht und welche der Rechtsauffassung der Europäischen Kommission, aber auch teilweise der jüngeren Rechtsprechung des EuGH zugrunde gelegt ist, in materieller Hinsicht letztlich dazu führe, das Beihilferecht in einen allgemeinen Diskriminierungstest umzuwandeln, der jedes Differenzierungskriterium betreffe und nach dem daher sämtliche Steuerregelungen der Mitgliedsstaaten zu überprüfen sind. Diese Methode bringe die Gefahr mit sich, die Regeln für staatliche Beihilfen auf jede steuerliche Differenzierung auszuweiten, indem sie zu einer Überprüfung sämtlicher Steuerreglungen der Mitgliedstaaten auf der Suche nach Diskriminierungen einlade. Demgegenüber beschränke sich die klassische Prüfmethode, welche auf dem Gedanken der allgemeinen Verfügbarkeit beruht, auf die Prüfung der Differenzen, auf die sich nicht alle Unternehmen im Inland berufen können. Danach ist eine Maßnahme selektiv, die einen Vorteil verschafft, der nur für „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ verfügbar ist. Unter Zugrundelegung dieser Methode sei die Befreiung nach § 6a GrEStG als allgemeine Maßnahme und daher nicht als staatliche Beihilfe einzustufen.

Der Generalanwalt begründete aber hilfsweise ausführlich, dass auch die Anwendung der alternativen Prüfungsmethode nach seiner Auffassung im vorliegenden Fall zu demselben Ergebnis führt. Zugleich legte er plausibel die rechtlichen Probleme bei Anwendung dieser Methode und der damit verbundenen Rechtsunsicherheit dar.

Fazit Beihilferechtlichen Beurteilung durch die Schlussanträge des Generalanwalts

Die Argumentation des Generalanwalts ist überzeugend. Zu hoffen ist, dass sich der EuGH den Schlussanträgen des Generalanwalts zumindest im Ergebnis anschließen wird. Andernfalls droht eine erhebliche Rechtsunsicherheit, insbesondere auch hinsichtlich der finanziellen Folgen für bereits in der Vergangenheit unter Anwendung des § 6a GrEStG vollzogene konzerninterne Umstrukturierungsmaßnahmen. Spannend wird aber mit Blick auf die generelle beihilferechtliche Beurteilung steuerlicher Regelungen auch sein, auf welche Prüfungsmethode das Gericht seine Auffassung stützen wird.

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