Das Sächsische Landesarbeitsgericht (LAG) befasste sich im Rahmen einer Klage auf Schadensersatz wegen verspäteter Auskunft nach Art. 15 DS-GVO indirekt auch mit der Frage, ob der Auskunftsanspruch durch Bereitstellung der angeforderten Datensätze zur Abholung durch die betroffene Person ordnungsgemäß erfüllt werden kann (LAG Sachsen, Urteil vom 19. August 2024 – 2 Sa 162/23).
Der Fall
Die Klägerin, die seit dem 1. Januar 2016 als Gesundheits- und Krankenpflegerin bei der Beklagten beschäftigt war, hatte am 19. April 2022 eine Auskunft über ihre personenbezogenen Daten sowie eine Kopie dieser Daten gemäß Art. 15 Abs. 1 und 3 DS-GVO angefordert. Die Beklagte hatte am 19. Mai 2022 Auskunft erteilt und der Klägerin angeboten, entweder eine Kopie der Daten bei der Beklagten abzuholen oder selbst einen sicheren Datenraum zur Verfügung zu stellen, in welchen die Kopien hochgeladen werden könnten. Mit diesem Vorgehen war die Klägerin nicht einverstanden. Sie forderte mit anwaltlichen Schreiben die Beklagte auf, ihr die Datensätze zu kommen zu lassen. Die Beklagte fügte sich und ließ die Unterlagen der Klägerin per Fax und Boten zukommen. Die Klägerin war jedoch der Ansicht, dass die ihr zur Verfügung gestellten Unterlagen unvollständig waren, weshalb sie auf Herausgabe der vollständigen Unterlagen klagte. Im Rahmen dieses Verfahren wurden der Klägerin die vollständigen Unterlagen während der Gerichtsverhandlung ausgehändigt. Die Klägerin erklärte daraufhin den Anspruch auf Herausgabe der Kopien der Datensätze für erledigt. Sie war jedoch der Ansicht, dass ihr durch die verspätete Auskunft und insbesondere die verspätete Herausgabe der Unterlagen ein Schaden in Höhe von mindestens 2.500,00 Euro entstanden sei, den sie im Rahmen einer Schadensersatzklage gegen die Beklagte weiterverfolgte.
Das Arbeitsgericht Dresden hatte die Klage abgewiesen, da die Klägerin keinen erlittenen Schaden dargelegt habe. Sie sei zwar durch die verspätete Auskunftserteilung verunsichert gewesen, aber ein tatsächlicher Schaden sei nicht nachgewiesen worden. Die Klägerin legte gegen das Urteil Berufung ein.
Die Entscheidung
Das LAG wies die Berufung ebenfalls ab. Obwohl die Beklagte zur Zusendung und nicht nur zur Bereitstellung der Datensätze verpflichtet gewesen wäre und somit eine verspätete Zurverfügungstellung der Datensätze einen Schadensersatz nach sich ziehen könne, habe die Klägerin einen tatsächlich erlittenen Schaden nicht dargelegt. Allein ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften oder latente, allgemeine Ängste vor Kontrollverlust begründeten keinen Entschädigungsanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO. Das LAG verwies dabei auf die Rechtsprechung des EuGH, insbesondere auf die Urteile, in denen klargestellt wurde, dass eine bloße Befürchtung von Datenmissbrauch oder die Sorge über die Kontrolle der eigenen Daten nicht ausreiche, um einen immateriellen Schaden im Sinne der DS-GVO zu begründen. Die Klägerin habe zwar ihre Ängste und Sorgen hinsichtlich des möglichen Missbrauchs ihrer personenbezogenen Daten geäußert, jedoch sei keine hinreichende Darlegung erbracht worden, dass diese Befürchtungen unter den gegebenen Umständen als begründet angesehen werden könnten.
Praxis-Hinweis
Betroffene haben einen gesetzlichen Anspruch auf Auskunft. Verfügen verantwortliche Stellen über Prozesse zur Auskunftserteilung, kann die Auskunft automatisierter und damit schneller erfolgen. Fehler im Hinblick auf die Vollständigkeit und die Art der Zurverfügungstellung der Datensätze können damit auf ein Mindestmaß gesenkt werden. Dies wiederum verhindert kostspielige gerichtliche Auseinandersetzungen mit Betroffenen. Ein effizientes System zur Bearbeitung von Auskunftsersuchen stärkt darüber hinaus das Vertrauen der Betroffenen in den Datenschutz des Unternehmens. Durch klare und transparente Prozesse wird außerdem sichergestellt, dass alle Beteiligten genau wissen, welche Schritte im Falle eines Ersuchens unternommen werden müssen.