Um die Frage zu beantworten, was auf das Management zukommt und wie ein solches Verfahren aussehen kann, hilft es, die unterschiedlichen Phasen zu verstehen. Ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung gliedert sich in drei Phasen und beinhaltet dabei die folgenden Aufgabenfelder:
In der Zeit vor der Antragstellung werden Informationen gesammelt und mögliche Sanierungsmaßnahmen ermittelt. Nur wenn die Handlungsnotwendigkeit früh erkannt wird, kann mit genügend Zeit ein zielführendes Konzept für die Eigenverwaltung erarbeitet werden. Die Etablierung eines Frühwarnsystems mit einer aussagekräftigen Liquiditätsplanung ist dabei nicht nur von der Sache her geboten, sondern auch haftungsrechtlich für alle Organe des Trägers unerlässlich. Schon zu diesem Zeitpunkt sollten Insolvenzspezialisten hinzugezogen werden, die die insolvenzrechtlichen Anforderungen an das Vorliegen von Insolvenzgründen nach der Insolvenzordnung prüfen und die gegebenenfalls erforderlichen Anträge vorbereiten.
Nach der Antragstellung bleiben Vorstand oder Geschäftsführung – beraten von Insolvenzspezialisten – im Amt. Ihnen wird aber für die Dauer der Prüfung des Antrags durch das Insolvenzgericht ein vom Gericht bestellter vorläufiger Sachwalter zur Seite gestellt, der darauf achtet, dass die Interessen der Gläubiger gewahrt bleiben. Vorstand/Geschäftsführung und Beraterteam stabilisieren das Unternehmen und führen es weiter.
Gelingt die Fortführung des Unternehmens, da genügend Masse vorhanden ist, genehmigt das Gericht den Antrag auf Eröffnung eines ordentlichen Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Spätestens in dieser Phase muss die Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen unter Aufsicht des vom Gericht eingesetzten Sachwalters erfolgen. Mit der Aufstellung des Insolvenzplans und dessen Annahme durch die Gläubiger, sowie nach Zustimmung des Schuldners und gerichtlicher Bestätigung des Plans wird ein solches Verfahren dann aufgehoben. Das Unternehmen ist dann mit den im gerichtlich bestätigten Insolvenzplan vorgesehenen Quotenzahlungen auf die von den Gläubigern zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen saniert.
Mögliche Vorteile einer Sanierung im Eigenverwaltungsverfahren liegen schnell auf der Hand: Sanierungsmaßnahmen können schneller umgesetzt werden: Es gelten verkürzte Kündigungsfristen von drei Monaten im Verfahren für sonstige Verträge, für Mitarbeiter oder (langlaufende) Mietverträge. Auch langjährige Verträge mit Kostenträgern können gekündigt und dann neu ausgehandelt werden – oftmals mit einer besseren Refinanzierung.
Erhaltene Leistungen vor Antragstellung werden später mit der Insolvenzquote bedient (durchschnittlich vier bis sechs Prozent). Gleiches gilt für staatliche Zuschüsse wie Rückforderungen aus Projektabrechnung oder im Kindertagesstättenbereich für Rückforderungen aus vergangenen Kitajahren. Im Verfahren werden bei der Schließung von Einrichtungen Fördermittel nicht zurückgezahlt, wenn diese nicht dinglich gesichert sind. Es bleibt in diesem Fall lediglich bei der Quotenzahlung. Im Regelfall sind Forderungen von Banken jedoch dinglich gesichert – insofern bleiben deren Verbindlichkeiten weiterbestehen bzw. werden aus der Sicherheit befriedigt. Es verbessert sich allerdings die Liquidität, denn im Verfahren werden Zins- und Tilgungsleistungen ausgesetzt.
Größte Hilfe bei der Liquiditätsverbesserung ist der Ersatz von Gehaltszahlungen für drei Monate im vorläufigen Verfahren durch die Agentur für Arbeit – diese greift dabei auf die monatliche Umlage der Arbeitgeber zurück. Ein Streitpunkt in diesem Zusammenhang ist der Versuch der Kostenträger, ihre Projektförderung für diesen Zeitraum mit der Begründung, man habe keine Personalkosten gehabt, zu kürzen. Während Zahlungen nach KIBIZ NRW oder für Heimkosten in der Regel erfolgen, werden Projektmittel von Bund oder Land oftmals um die drei Monate gekürzt, in denen das Insolvenzgeld gezahlt worden ist. Häufig müssen Träger diese Ansprüche dann gerichtlich durchsetzen. Denn nach dieser Logik einzelner Kostenträger würde eine Sanierung eines Sozialunternehmens durch eine Insolvenz unmöglich gemacht.
Als weiteren Aspekt im Rahmen der Entscheidung für eine Insolvenz in Eigenverwaltung sind die nicht unerheblichen mit dem Verfahren verbunden Kosten für Sachwalter, Berater etc. zu berücksichtigen. Dies gilt es im Vorfeld im Einzelnen abzuwägen.
Mit der Umsetzung des Insolvenzplans und der Zustimmung der Gläubiger wird das Verfahren dann gerichtlich aufgehoben. Das Unternehmen ist saniert – was aber nicht heißt, dass es dauerhaft wirtschaftlich gesund ist.
Nicht zu unterschätzen sind die psychologischen Nebeneffekte einer Insolvenz in Eigenverwaltung. Beispielsweise wird Kostenträgern wie Kommunen meist erst dann bewusst, dass der Träger z. B. mehrere Angebote einstellen will – welche die Kommune nur viel teurer und nicht sofort anbieten könnte. Aus der Erfahrung abgeleitet erhöht dies nicht selten die Bereitschaft der Kommunen, kostendeckende Finanzierungen zur Verfügung zu stellen. Auch bei der Mitarbeiterschaft und im Leitungsteam kann durch die Insolvenz schnell klargemacht werden, dass lange aufgeschobene Maßnahmen endlich in die Umsetzung kommen müssen. Denn sonst besteht die Gefahr, dass der Träger liquidiert wird. Im besten Fall geht ein Ruck durch das Unternehmen und es macht sich eine Aufbruchsstimmung breit.
Sachwalter und Gläubigerausschuss tun gut daran, alles möglich zu machen, um die Abwanderung von Mitarbeitenden zu verhindern. Denn nur, wenn diese bleiben, kann das Unternehmen auch fortgeführt werden.
Fazit
Die Sanierung eines Trägers durch eine Insolvenz in Eigenverwaltung kann eine Option zum Fortbestand sein. Es besteht die Chance, dass der Träger das Eigenverwaltungsverfahren gestärkt hinter sich lassen kann, wenn bilanziell und liquiditätsmäßig die Umsetzung des Insolvenzplans zum Erfolg führt.