Praxis-Hinweise zur E-Rechnung | Solidaris

Seit dem 1. Januar 2025 ist die E-Rechnung im umsatzsteuerlichen Rechnungsverkehr gesetzlich eingeführt. Das Bundesfinanzministerium hat am 15. Oktober 2024 das bis auf Weiteres endgültige Anwendungsschreiben zur E-Rechnung – III C 2 - S 7287-a/23/10001 :007 – erlassen. In Ergänzung zu unseren bisherigen Ausführungen (siehe Solidaris Information 3/2024 und 4/2024) fassen wir die wesentlichen Praxis-Hinweise zu diesem Thema und die Kernpunkte des BMF-Schreibens zusammen.


Wer muss sich mit dem Thema E-Rechnung befassen? 

Ab dem 1. Januar 2025 muss jeder Unternehmer in der Lage sein, E-Rechnungen empfangen und verarbeiten zu können. E-Rechnungen müssen nur zwischen umsatzsteuerlichen Unternehmern (sog. B2B-Verkehr) sowie juristischen Personen des öffentlichen Rechts verschickt werden können. Spätestens ab dem 1. Januar 2028 wird kein Unternehmer mehr von der Erstellung von E-Rechnungen ausgenommen, es sei denn, er erzielt ausschließlich umsatzsteuerfreie Umsätze. Die Verwendung elektronischer Rechnungsformate, die keine E-Rechnung sind, bedürfen bis dahin der Zustimmung des Rechnungsempfängers. Öffentlich-rechtliche Auftraggeber erwarten grundsätzlich die Nutzung der E-Rechnung von ihren Auftragnehmern.
 

Was ist eine E-Rechnung? Wie wird sie empfangen und verarbeitet?

Die E-Rechnung ist eine Rechnung in Form einer elektronisch verarbeitbaren Datei, die alle Pflichtangaben nach § 14 UStG in kodierter, unmittelbar maschinenlesbarer Form enthält. Keine E-Rechnung hingegen ist beispielsweise ein als Rechnung bezeichnetes PDF-Dokument, dass die Angaben nur visuell für den menschlichen Anwender am Bildschirm lesbar beinhaltet. Ein solches Dokument ist, wie zum Beispiel auch ein Kassenbon oder eine auf Papier ausgedruckte Rechnung, eine sogenannte sonstige Rechnung.

Die bisher am weitesten verbreiteten Formate XRechnung und ZUGFeRD entsprechen der maßgeblichen EU-Richtlinie, die mit der E-Rechnung national umgesetzt wird, unmittelbar. Eine XRechnung besteht ausschließlich aus dem maschinenlesbaren Datensatz, der durch ein Softwaretool erst verarbeitbar gemacht werden muss. Bei ZUGFeRD ist dieser Datensatz in eine menschenlesbare PDF-Datei eingebettet, so dass der Nutzer die Rechnungsangaben visuell nachvollziehen kann. Maßgeblich sind jedoch ausschließlich die Angaben des elektronischen Datensatzes.

Erläuternde Anlagen sind zulässig. Sie sind nicht Bestandteil der E-Rechnung, müssen aber zusammen mit dieser aufbewahrt werden, wenn sie mit ihr zusammen verschickt werden und dem Verständnis der Inhalte der E-Rechnung dienen.

Eine E-Rechnung kann per E-Mail empfangen werden, auch der Austausch über eine Datencloud ist denkbar. Wenig praktikabel und als unzulässig angesehen ist der Transport auf einem physischen Datenträger wie einer DVD oder einem USB-Stick. Durch Schnittstellen im ERP-System können E-Rechnungen direkt in die Finanzbuchhaltung eingebunden werden.

Die Wahl des Formats und des Übermittlungsweges obliegt den Unternehmern; steuerlich kommt es lediglich darauf an, dass das Format die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Zur technischen Verarbeitung gibt es – auch für kleinere Organisationen – inzwischen eine Vielzahl von Möglichkeiten, zum Beispiel Module für bestehende Finanzbuchhaltungs- bzw. ERP-Systeme und separate Einzellösungen zur Konvertierung. Bei Web-basierten Lösungen sind die Anforderungen des Datenschutzes zu beachten.
 

Revisionssichere Aufbewahrung von E-Rechnungen

Aufbewahrt werden muss die E-Rechnungsdatei als solche, gegebenenfalls gemeinsam mit den erläuternden Anlagen – und zwar exakt in der Form, wie sie empfangen worden sind.

Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhaltes und ihre Lesbarkeit müssen bei der Aufbewahrung gewährleistet sein. Echtheit der Herkunft bedeutet hierbei, dass die Identität des Rechnungserstellers unzweifelhaft feststehen und erkennbar sein muss. Dies kann technisch durch eine qualifizierte elektronische Signatur oder durch ein versender- und empfängerseitig vereinbartes elektronisches Datenaustauschsystem (EDI) unterstützt werden. 

Die Unversehrtheit des Inhaltes ist eine Pflicht, die vor allem den Rechnungsempfänger trifft. Durch die Form einiger E-Rechnungsformate wird nicht automatisch verhindert, dass E-Rechnungen beim Empfänger verändert werden können. Es ist daher faktisch unumgänglich, dass die original empfangenen Datensätze mittels eines elektronischen Archivierungssystems bzw. Dokumentenmanagementsystems (DMS) so abgespeichert werden, dass das Original sowie vorgenommene Änderungen an der Originaldatei lückenlos durch Versionssicherungen dokumentiert werden. Die Lesbarkeit durch die Systeme der Finanzverwaltung muss gewährleistet sein. Die simple Abspeicherung, zum Beispiel in einem Ordner in einer Windows-Umgebung, genügt diesen Anforderungen nicht. 
 

Vorsteuerabzug und E-Rechnung

Ist der Rechnungsersteller grundsätzlich und aufgrund der individuell auf ihn anwendbaren Übergangsvorschriften zur Erstellung einer E-Rechnung verpflichtet, kann der Rechnungsempfänger nur mit der E-Rechnung seinen Anspruch auf Vorsteuerabzug begründen. Eine sonstige Rechnung reicht dann grundsätzlich nicht mehr aus. Wurde trotz E-Rechnungspflicht eine sonstige Rechnung verschickt, kann das durch eine E-Rechnung geheilt werden. Der Rechnungsempfänger soll insoweit auch einen zivilrechtlichen Anspruch gegenüber dem Rechnungsersteller auf Erstellung einer E-Rechnung haben.
 

Wesentliche Erleichterungen und Übergangsvorschriften für die E-Rechnung

Für nach § 4 Nr. 7 bis Nr. 28 UStG umsatzsteuerfreie Umsätze müssen keine E-Rechnungen erstellt werden. Die Kerntätigkeit der meisten Unternehmen der Sozial- und Gesundheitsbranche unterfällt einer solchen Steuerbefreiung (z. B. § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG bei Krankenhäusern, § 4 Nr. 16 UStG für Altenhilfeeinrichtungen). Wird in einer Rechnung sowohl über steuerfreie als auch über steuerpflichtige Umsätze abgerechnet, ist diese jedoch insgesamt als E-Rechnung zu erstellen.

Die untenstehende Abbildung stellt die Übergangsvorschriften im Zeitverlauf dar. Die Anwendung einer Erleichterung im Rahmen einer Übergangsvorschrift stellt immer auf den Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes, also der jeweiligen Lieferung bzw. Leistung ab. Zu beachten ist außerdem die definierte Grenze von 800.000 Euro steuerbarem Umsatz, die kleineren Unternehmern bezüglich der Ausstellung von E-Rechnungen längere Fristen einräumt.
 

Fazit

Auch wenn noch nicht jede Einrichtung zur Erstellung von E-Rechnungen verpflichtet ist, muss seit Jahresanfang jeder umsatzsteuerliche Unternehmer die notwendige Infrastruktur zum Empfang, zur Verarbeitung und zur revisionssicheren Aufbewahrung von E-Rechnungen vorhalten, insbesondere dann, wenn er den Vorsteuerabzug weiterhin sicherstellen möchte. Gerade für sehr kleine Einrichtungen, die bislang noch bis zu einem gewissen Rahmen analog arbeiten konnten, ergibt sich somit ein gesetzlich auferlegter Zwang zum Ausbau ihrer digitalen Kapazitäten, besonders dann, wenn sich ihre Kreditoren – womöglich freiwillig – proaktiv in der Anwendung der E-Rechnung engagieren.

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Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, CISA, Leitung Geschäftsbereich IT-Beratung

Übergangsvorschriften zur E-Rechnung

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