Pflegebudget 2020: Abgrenzung der Pflegepersonalkosten
Mit dem Jahreswechsel ist das Pflegebudget Realität geworden. Die ehemaligen DRG-relevanten Kosten nach dem Kalkulationshandbuch sind um die in der Kalkulation berücksichtigten Pflegepersonalkosten für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen bereinigt worden und werden zukünftig als aDRG bezeichnet. Das „a“ kennzeichnet die DRG ohne die nun ausgegliederten Pflegepersonalkosten. Letztere werden seit diesem Jahr über ein Pflegebudget vergütet.
Das Pflegebudget beinhaltet die Kosten des Pflegedienstes auf der Normalstation, der Intensivstation, der Dialyseabteilung und einer etwaigen bettenführenden Aufnahmestation, kurz: der Pflege am Bett. Die gesetzlichen Vorgaben zur Ermittlung des Pflegebudgets sind in der Pflegepersonalkostenabgrenzungsvereinbarung (im Folgenden PPKAV), in der dazugehörigen Konkretisierung der Anlage 3 sowie in der Pflegebudgetverhandlungsvereinbarung (im Folgenden PBVV) nachzulesen. Grundsätzlich gilt, dass die aDRG und die Zusatzentgelte, wie bereits in den Jahren zuvor, gedeckelt sind. Anders jedoch verhält es sich beim Pflegebudget. Dieses ist (bis dato) nicht gedeckelt, und jede Pflegekraft, die im Pflegebudget Berücksichtigung findet, wird refinanziert.
Neben dem Fallpauschalenkatalog 2020 existiert nun ein Pflegeerlöskatalog 2020. Dieser ist als zusätzliche Spalte 14 im Fallpauschalenkatalog 2020 integriert. Der Pflegeerlöskatalog enthält die Bewertungsrelationen für die Pflegeerlöse der jeweiligen DRG pro Tag.
Pflegebudget 2020 - Ermittlung des Pflegebudgets
Durch das MDK-Reformgesetz wurde die Ausschüttung des Pflegebudgets vor Verhandlung abgewandelt. Die Ermittlung des Pflegeerlöses wurde an die Berechnungsmodalität nach Budgetverhandlung angepasst. Der Pflegeerlös eines Falls wird ermittelt, indem die Belegungstage mit der tagesbezogenen Pflegebewertungsrelation multipliziert werden. Anschließend erfolgt eine Multiplikation des Ergebnisses mit einem Pflegeentgeltwert. Nur die Höhe des Pflegeentgeltwertes eines Falls unterscheidet sich vor und nach Verhandlung. Vor der Verhandlung ist der Pflegeentgeltwert auf 146,55 € festgelegt. In der Verhandlung wird ein krankenhausindividueller Pflegeentgeltwert aus der Division des vereinbarten Pflegebudgets und der verhandelten Summe der Bewertungsrelationen des Pflegeerlöskatalogs ermittelt.
In zahlreichen Gesprächen mit Verantwortlichen in Krankenhäusern wird erkennbar, dass die Ermittlung des Pflegebudgets mit einer Vielzahl an ungeklärten Fragen und Zuordnungsschwierigkeiten einhergeht. Aus diesem Anlass sollen nachfolgend einige wesentliche Abgrenzungsfragen erörtert werden.
Pflegebudget 2020 - Unklarer rechtlicher Rahmen für die Abgrenzung der Pflegepersonalkosten
Mit der Veröffentlichung der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) in der Fassung vom 28. Oktober 2019 wird die fehlende Eindeutigkeit in Bezug auf die Abgrenzung von Pflegepersonalkosten nach Berufsgruppen offensichtlich. So sieht die PpUGV ab dem Jahr 2020 folgende Berufsgruppen als anrechenbare Pflegehilfskräfte vor: Medizinische Fachangestellte, Anästhesietechnische Assistentinnen und Assistenten (jeweils mit entsprechender Ausbildung) und Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter (mit Erlaubnis zum Führen der entsprechenden Berufsbezeichnung). Diese drei Berufsgruppen gehen über die in der PPKAV explizit aufgeführten Berufsgruppen hinaus (vgl. § 2 Absatz 2 Satz 2 PPKAV), die für die Ausgliederung von Pflegepersonalkosten auf der Bundesebene maßgeblich sind.
Über die Festsetzung von Pflegepersonaluntergrenzen soll eine Patientengefährdung vermieden werden. Auch wenn die PPKAV und die PpUGV unterschiedliche Bereiche regeln, ist es nach unserer Auffassung schwer vorstellbar, dass im Rahmen der PpUGV als Pflegehilfskräfte anerkanntes Personal nicht auch refinanziert wird. Letzteres würde nicht zuletzt dem politischen Willen widersprechen, wonach die Kosten für die Pflege am Bett vollständig refinanziert werden sollen.
Pflegebudget 2020 - Keine Zurechnung zur Ausgangsbasis pflegebudgetrelevanter Kosten möglich?
Die Ausgangsbasis für die Ermittlung des krankenhausindividuellen Pflegebudgets stellen die Pflegepersonalkosten der Dienstart 01 nach der KHBV dar. Dies sind verkürzt dargestellt die Kosten für Pflege- und Pflegehilfskräfte, dazu kommt weiteres Personal ohne notwendig pflegerische Ausbildung, welches auf die Stationsbesetzung angerechnet wird. Zu diesen regelmäßig für eigenes Personal zu verzeichnenden Personalkosten werden die Kosten für Gestellungskosten für fremdes Pflegepersonal zugeordnet. Dies ist nach Anlage 1 der PBVV die einzige wesentliche vorgesehene Veränderung der Bemessungsbasis für das Pflegebudget.
Vornehmlich von Seiten der Interessenvertretung der Krankenhäuser wird vorgeschlagen, die bisherige Kostenzuordnung für die Dienstart 01 von der berufsbezogenen in eine tätigkeitsbezogene Abgrenzung zu überführen. Die Kosten in Dienstart 01 werden aufgebläht und die anderen Dienstarten, insbesondere 02 und 03, werden entleert. Dies widerspricht aus unserer Sicht der KHBV. Gleichzeitig hat dieses Vorgehen einen nachteiligen Effekt auf das Berichtswesen. Bei einer so weitreichenden Umbuchung sind Vorjahresvergleiche extrem erschwert und es gehen unter Umständen Verknüpfungen zu Nebensystemen verloren (z. B. Personalabrechnung mit hinterlegten Kostenstellen- und Kostenartenschlüsseln).
Nach unserer Auffassung muss es möglich sein, Kosten für Personal, das eine andere qualifizierte Ausbildung als Pflege hat und nur anteilig auf der Station qualifizierte pflegerische Aufgaben übernimmt, dem Pflegebudget zuzurechnen. Das für eine umfassende Darstellung der Kosten in Dienstart 01 angeführte Argument, eine Zurechnung sei durch die Anlage 1 der PBVV nicht vorgesehen, trägt aus zwei Gründen nicht: Erstens kann die Vereinbarung der Vertragsparteien die Vorgaben der KHBV nicht außer Kraft setzen. Zweitens sieht die PBVV nur einen durch die PPKAV vorgegebenen Katalog von Abzügen vor. Abzüge für außerhalb der Station erbrachte Tätigkeiten werden aber von Seiten der Kostenträger sicher durchgesetzt werden.
Wenn das Personalprogramm keine anteilige Verbuchung zulässt bzw. diese, insbesondere prospektiv für die Verhandlung, nur mit unverhältnismäßigem Aufwand durchführbar ist, können diese Kosten im Wege einer Nebenrechnung in den Bereich der Pflege auf Station zugerechnet werden. Durch diese Nebenrechnung wird die Umwidmung transparent. So ist sie für alle Informationsempfänger klar nachvollziehbar, insbesondere auch für Ihren Wirtschaftsprüfer. Das Berichtswesen bleibt intakt. Beispielhaft seien hier Hebammen erwähnt. Hebammen sind nach der KHBV dem Funktionsdienst (Dienstart 03) zugeordnet. Verbringt eine Hebamme Teile ihrer Arbeitszeit auf der Wochenstation, so ist dieser Anteil der Arbeitszeit Pflege am Bett und daher anteilig dem Pflegebudget zuzurechnen.
Die heiße Phase beginnt: Pflegebudget 2020 - Praxis-Hinweise
Mit der Herauslösung der Pflegepersonalkosten aus den DRG und der damit vorgesehenen Einführung des Selbstkostendeckungsprinzips für die Pflegepersonalkosten am Bett ist eine erhebliche Veränderung der Rahmenbedingungen eingetreten. Ohne Budgetvereinbarung sind die konkreten Rahmenbedingungen des einzelnen Leistungsanbieters nicht fixiert. Auf der anderen Seite wird von dem für die Überwachung der wirtschaftlichen Entwicklung zuzuordnenden Umfeld (Aufsicht, Kreditgeber) erwartet, dass das Berichtswesen mit dem Start des Jahres 2020 verlässliche Daten zur Steuerung und Kontrolle der einzelnen Einrichtung liefert. Aus unserer Sicht ist es dringend geboten, frühestmöglich eine größtmögliche Transparenz in die Umsetzung der Rahmenbedingungen zu bringen. Wir unterstützen Sie gerne auf diesem Weg und plausibilisieren auch unterjährig Ihre Umsetzung, damit das Vertrauen in Ihre Berichterstattung durch unabhängige Sachverständige bestätigt wird.