Taschengeldkonten sind teilweise pfändbar

Soweit es den Barbetrag nach § 27b Abs. 3 SGB XII zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts übersteigt, ist das Guthaben auf einem Barbetragskonto pfändbar – so hat der Bundesgerichtshof (BGH) nunmehr entschieden (Beschluss vom 30. April 2020 – VII ZB 82/17).

Ein Gläubiger betrieb die Zwangsvollstreckung gegen einen Schuldner, der in einer Altenpflegeeinrichtung wohnte. Der Betreiber

 

Soweit es den Barbetrag nach § 27b Abs. 3 SGB XII zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts übersteigt, ist das Guthaben auf einem Barbetragskonto pfändbar – so hat der Bundesgerichtshof (BGH) nunmehr entschieden (Beschluss vom 30. April 2020 – VII ZB 82/17).

Ein Gläubiger betrieb die Zwangsvollstreckung gegen einen Schuldner, der in einer Altenpflegeeinrichtung wohnte. Der Betreiber der Einrichtung versorgte den Schuldner mit Unterkunft, Verpflegung und Pflege, zudem verwaltete er auf einem treuhänderischen „Taschengeldkonto“ einen monatlichen Geldbetrag für den Schuldner. Der Gläubiger beantragte die Pfändung des „Taschengeldes“. Sowohl das Amtsgericht Recklinghausen als auch das Landgericht (LG) Bochum wiesen jedoch den Antrag zurück.

Anders der Bundesgerichtshof: Er gab – zumindest teilweise – dem Gläubiger Recht: Zwar bleibt die Pfändung unzulässig hinsichtlich der auf dem Konto befindlichen Mittel in Höhe des in § 27b Abs. 3 SGB XII genannten angemessenen Barbetrags, darüber hinaus ist sie jedoch zulässig.

Dabei stützte sich das Gericht nicht auf die Pfändungsschutzvorschrift des § 17 Abs. 1 S. 2 SGB XII, denn dieser betrifft ausdrücklich Ansprüche aus Sozialhilfe gegen den Leistungsträger der Sozialhilfe. Nicht geschützt ist die bereits auf dem Konto des Schuldners befindliche Sozialhilfe. Für die Pfändbarkeit des „Taschengeldkontos“ blieb es daher unerheblich, ob der Schuldner Empfänger von Sozialleistungen ist.

§ 850c bzw. § 850k ZPO sind als Pfändungsschutzvorschriften weder direkt noch analog anwendbar, diese regeln Arbeitseinkommen und sonstige Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch und sind damit weder einschlägig, noch besteht eine gleichgerichtete Interessenlage. Der Schuldner bestreitet nämlich aus dem Arbeitseinkommen oder den sonstigen Leistungen im Gegensatz zum Bewohner einer Pflegeeinrichtung seinen gesamten Lebensunterhalt selbst. Hier sind ganz andere Pfändungsfreigrenzen erforderlich. Der Taschengeldanspruch des haushaltsführenden Ehegattens nach § 850b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO geht über die Grundbedürfnisse hinaus und kann daher auch nicht herangezogen werden.

Wie auch bereits vom LG Bochum der Sache nach geurteilt, ergibt sich die Unpfändbarkeit der Auszahlungsansprüche des Heimbewohners gegen den Treuhänder seines Taschengeldkontos grundsätzlich aus § 851 Abs. 1 ZPO, § 399 Var. 1 BGB. Er ist allerdings auf die Höhe des in § 27b Abs. 3 SGB XII für den angemessenen Barbetrag geregelten Höhe beschränkt.

Denn nach der – nachvollziehbaren – Auffassung des BGH ist eine Forderung nach § 851 ZPO nur dann der Pfändung unterworfen, wenn sie auch übertragbar ist. Für eine Abtretbarkeit an eine andere Person ist es aber nach § 399 ZPO erforderlich, dass hierdurch keine Veränderung des Inhalts der Forderung erfolgt – das ist bei zweckgebundenen Forderungen nicht gegeben. Eine Zweckbindung liegt aber bei einem Taschengeldkonto vor – jedoch nur für Beträge der in § 27b Abs. 3 SGB XII genannten Höhe. Zudem könne es nicht im Sinne der Pfändungsvorschriften sein, dem Schuldner durch ein solches Konto die Möglichkeit zu eröffnen, dem Gläubiger Geld zu entziehen.

So sah der BGH die Pfändung als möglich an, soweit das vorhandene Guthaben den für einen Monat anzusetzenden Betrag übersteigt, während das LG Bochum das Barbetragskonto grundsätzlich als unpfändbar beurteilte.

Offen blieb – da nicht zu entscheiden – ob aufgrund sozialhilferechtlicher Erwägungen im Einzelfall abweichende Beiträge pfändungsfrei sein können.

Fazit

Ein unpfändbarer monatlicher Betrag nach § 27b Abs. 3 SGB XII zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts bleibt dem Schuldner. Pfändbar sind alle weiteren Mittel. Dies können angesparte Beträge aus Vormonaten sein, die nicht ausgegeben wurden, oder auch andere Mittel. Somit kann Geld auf dem Barbetragskonto nicht mehr dem Gläubiger entzogen werden. Die Pfändung des Taschengeldkontos hatte bislang in der Praxis nur geringe Bedeutung. Nach der eindeutigen höchstrichterlichen Entscheidung könnte dies verstärkt in das Bewusstsein von Gläubigern, ihren Rechtsbeiständen und der Gerichtsvollzieher rücken, so dass sich Heimleitungen verstärkt mit solchen Pfändungen konfrontiert sehen könnten.

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