Von der Steuerbefreiung sind nach der Neufassung folgende Bildungsleistungen erfasst:
Schul- und Hochschulunterricht
Schul- und Hochschulunterricht umfasst Tätigkeiten, bei denen die Unterweisung in Schulen oder Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten in einem breiten und vielfältigen Spektrum von Stoffen zu entwickeln. Der (Hoch-)Schulbegriff erfährt auch weiterhin keine eindeutige Definition. Es können hierunter sowohl besondere allgemeinbildende Schulformen, die nicht bereits nach § 4 Nr. 21 lit. a) aa) UStG steuerbefreit sind, gefasst sein, als auch Angebote der Erwachsenenbildung.
Das führt zu dem fortwährenden Anwendungsproblem, dass Einrichtungen, die umgangssprachlich als Schulen bezeichnet werden und gewisse Merkmale mit allgemeinbildenden Schulen teilen, nicht von der Vorschrift erfasst sein sollen (z. B. Fahrschulen, Jagdschulen), andere hingegen schon (z. B. Computerkurse, Tanzschulen). Die aufgelisteten Beispiele zeigen bereits, dass die Abgrenzung anhand des vorformulierten Kriteriums der Vermittlung eines weiten Stoffspektrums wenig sinnvoll ist. Die durch die einzelfallbezogene Rechtsprechung geprägten Einordnungen erschweren die praktische Umsetzung nach wie vor.
Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung
Die neue Regelung ist so auszulegen, dass die Bildungsleistung einen Bezug auf die Berufsausübung haben muss. Der Berufsbezug darf etwas weiter gefasst sein als zuvor, die Bildungsleistung muss nicht mehr zwingend den Erwerb eines beruflichen Titels oder die Vorbereitung auf eine bzw. die Ablegung einer Abschlussprüfung vor einer öffentlich-rechtlichen Stelle zum Ziel haben.
Der Berufsbezug der Bildungsleistung muss jedoch zumindest mittelbar gegeben sein. Die Leistung muss es den Teilnehmern ermöglichen, die vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten wirklich beruflich zu nutzen, zum Beispiel zur Erfüllung einer Fortbildungspflicht. Leistungen, die nur oder überwiegend der Freizeitgestaltung oder dem privaten Vergnügen dienen sollen, sind nicht von der Steuer zu befreien. Weiterhin werden sehr punktuelle Bildungen, die zwar für bestimmte Berufsgruppen von berufsalltäglicher Relevanz sind, aber ebenso privaten Zwecken dienen können, nicht per se begünstigt (z. B. der Erwerb eines Führerscheins der Klasse B).
Kurse, die die Bedienung von Computern oder die einfache Anwendung von Trivialsoftware zur Text- oder Tabellenverarbeitung lehren, können als berufsbildend steuerbefreit sein. Entsprechendes gilt für Sprach- und Kommunikationskurse. Integrationskurse eines anerkannten Kursträgers sind gleichermaßen als berufsbildende Maßnahme anzuerkennen, da sie als Maßnahme zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt und dem Erwerb ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache dienen. Leistungen gerade im Bereich der Volkshochschulen und ähnlicher Einrichtungen, die nicht einen unmittelbaren Berufsbezug haben (z. B. Gesundheitsbildung oder Kreativität), sind mithin nicht als berufsbezogene Bildungsleistung befreiungsfähig, sondern allenfalls als Schul- oder Hochschulleistung.
Bescheinigungsverfahren
Die Beurteilung, ob eine Bildungsleistung steuerbefreit sein kann, erfordert stets eine Einzelfallprüfung und -entscheidung. Dass nicht mehr auf das Kriterium abzustellen ist, ob die Bildungsleistung auf einen Beruf oder eine Abschlussprüfung vorbereitet, vervielfacht die Menge an potenziellen Befreiungen, erhöht jedoch gleichzeitig die Hürde zu deren Erwirkung. Das Erfordernis einer Bescheinigung der Behörde, die vom Vorliegen der Voraussetzungen überzeugt werden muss, ist weiterhin nicht einheitlich für den gesamten Bildungsträger zu erfüllen. Stattdessen muss jeder Träger für jede Maßnahme, für welche er die Befreiung begehrt, eine eigenständige Bescheinigung einholen oder zumindest im Rahmen einer Sammelbescheinigung auch für die jeweilige Maßnahme das Vorliegen der Voraussetzungen darlegen.
Darüber hinaus behält sich die Finanzverwaltung ein Prüfungsrecht der materiellen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vor, auch dann, wenn die verwaltungsrechtlich zuständige Landesbehörde die Bescheinigung zutreffend ausstellt. Dies konterkariert den Anspruch, dass der Bescheid ein die Finanzverwaltung bindender Grundlagenbescheid i. S. d. § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO sein soll.
Im Zweifel erhöht sich somit der Beratungsbedarf zur Erwirkung der Steuerbefreiung enorm. Unter Umständen muss man sich trotz des Vorliegens einer Bescheinigung sogar durch eine gesonderte Äußerung, zum Bespiel im Rahmen einer verbindlichen Auskunft, von der Finanzverwaltung die Steuerfreiheit bescheinigen lassen, um Handlungssicherheit zu gewinnen. Von der Steuerfreiheit der Bildungsleistung und dem Vorliegen der Bescheinigung hängt nicht zuletzt auch ab, ob man hauptberufliche selbständige Lehrkräfte gewinnen kann, die typischerweise den Umgang mit der Umsatzsteuer meiden. Das Vorliegen der Voraussetzungen für deren eigene Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 lit. c) UStG hängt systemisch von der Steuerfreiheit ihrer Leistungsempfänger, der Bildungseinrichtungen, ab.
Positiv zu werten ist, dass bereits erteilte Bescheinigungen nach altem Recht bis zum Ablauf ihres Gültigkeitszeitraums oder bis auf Widerruf weiterhin auch über den 31. Dezember 2024 als Nachweis der Voraussetzung anzuerkennen sind.
Fazit
Während die Öffnung der Befreiungsvorschrift für weitere Bildungsleistungen sicherlich positiv zu werten ist, bringt sie keine wesentliche bürokratische Erleichterung mit sich. Auch im Wortlaut der MwStSystRL ist das Bescheinigungsverfahren nach nationalem Recht so nicht vorgesehen. Das Erlangen der Befreiung und das entsprechende Agieren im Hinblick auf Bepreisung und Rechnungstellung erfordern sorgfältige Prüfung und Beratung. Gewissheit über die Steuerfreiheit hat mithin einzig derjenige, der keine Bescheinigung vorweisen kann, denn in seinem Fall tritt die Steuerpflicht als Regelfall ein.