Der Fall
Eine ehemalige Pflegedienstleiterin, die bei einer Senioreneinrichtung beschäftigt war, war an der Erstellung eines Werbeflyers beteiligt, auf dem ihr Vor- und Nachname sowie ihre dienstliche Telefonnummer abgedruckt waren. Nachdem sie das Unternehmen im Oktober 2021 verlassen hatte, wurde der Flyer im März 2023 erneut in einer Auflage von 78.500 Exemplaren zu Werbezwecken verwendet, ohne ihre Daten zu entfernen. Der Flyer wurde einer kostenfreien Wochenzeitung, die in räumlicher Nähe zum Wohn- und Arbeitsort der Klägerin verteilt wird, beigefügt. Nachdem der ehemalige Arbeitgeber bemerkt hatte, dass die Daten der Klägerin aus dem Flyer nicht zuvor gelöscht worden waren, entschuldigte er sich bei der Klägerin per E-Mail. Die Klägerin wurde von mehreren Personen auf den Flyer angesprochen. Sie hatte das Gefühl, sich ihnen gegenüber rechtfertigen zu müssen, und trug vor, Angst um ihren neuen Arbeitsplatz zu haben. Die Klägerin forderte von ihrem ehemaligen Arbeitgeber Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro gem. § 82 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) sowie § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Das Arbeitsgericht Koblenz verurteilte den Arbeitgeber auf Zahlung von 3.000 Euro. Der Arbeitgeber legte gegen das Urteil Berufung ein. Seiner Ansicht wurde der Flyer nur von Freunden und Bekannten der Klägerin beiläufig erwähnt, weshalb er Zweifel an einer psychischen Belastung der Klägerin hege. Gegenüber dem neuen Arbeitgeber hätte die Klägerin mit der Vorlage der Entschuldigungs-E-Mail den Sachverhalt leicht aufklären können, Angst um den neuen Arbeitsplatz habe sie nicht haben müssen. Die Klägerin verfolgte mit der Anschlussberufung die weiteren 12.000 Euro. Ihrer Ansicht nach wirke der Verstoß gegen die DS-GVO lange Zeit nach, da der Flyer von den Empfängern der Zeitung lange Zeit aufbewahrt werden könne.
Die Entscheidung
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz wies die Klage vollumfänglich ab. Es stellte klar, dass es unstreitig zu einem Datenschutzverstoß gekommen sei, der Klägerin sei dadurch jedoch kein Schaden entstanden. Der Klägerin sei es nicht gelungen, einen Schaden, so gering er auch sein möge, darzulegen und zu beweisen. Die Angst der Klägerin vor einem Arbeitsplatzverlust sei unbegründet. Die Klägerin hätte den Sachverhalt gegenüber dem neuen Arbeitgeber leicht aufklären können. Die Angst, von weiteren Personen auf den Flyer angesprochen zu werden, erachtete das Gericht als nicht erwiesen an. Der Flyer enthielt kein Foto und keine private Telefonnummer der Klägerin, so dass eine Kontaktaufnahme oder ein Erkennen der Klägerin durch Fremde nicht möglich sei. Die Anzahl der Auflagen des Flyers wäre daher unerheblich. Ein schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung liege ebenfalls nicht vor, da der unantastbare Kernbereich höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung nicht tangiert wurde. Die Ehre der Klägerin, ihr guter Ruf und ihre soziale Anerkennung wurden nicht beeinträchtigt. Ein Foto der Klägerin wurde nicht veröffentlicht. Der Inhalt des Flyers sei nicht ansatzweise geeignet, dem Ansehen der Klägerin in der Öffentlichkeit zu schaden.
Fazit
Das LAG hat in seiner Urteilsbegründung immer wieder darauf hingewiesen, dass in dem Flyer kein Foto der Klägerin abgebildet war. Es ist daher anzunehmen, dass das Urteil im Falle einer Abbildung der Klägerin anders hätte ausfallen können. Das Urteil des LAG Rheinland-Pfalz verdeutlicht somit die Herausforderungen für Arbeitgeber bei der Verwendung personenbezogener Daten von Mitarbeitern, insbesondere nach deren Ausscheiden aus dem Unternehmen. Arbeitgeber sollten sich bewusst sein, dass eine transparente und sorgfältige Handhabung personenbezogener Daten erforderlich ist, um datenschutzrechtliche Risiken zu vermeiden.