Nachhaltige Personalstrategie – Herausforderungen für 2025

Ab 2025 sind auch Unternehmen in der Gesundheits- und Sozialbranche gemäß der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet, Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen, deren Themenbereich von den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) vorgegeben werden. Insbesondere der Standard ESRS S1 Own Workforce fordert eine umfassende Berichterstattung über die Belegschaft. Im Fokus stehen dabei Themen wie Arbeitsbedingungen, Diversität, Entlohnung und soziale Absicherung. In den letzten Jahren haben bereits einige Unternehmen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft freiwillig über ihre Nachhaltigkeitsbemühungen berichtet. Diese Berichte können wertvolle Hinweise für die zukünftige Umsetzung liefern. Auch der Blick auf andere Branchen, die bereits intensiver nach den ESRS-Vorgaben berichten, kann hilfreich sein. Wir beleuchten im Folgenden die größten Herausforderungen der Branche und geben praxisorientierte Empfehlungen für eine erfolgreiche Umsetzung des ESRS S1.


Herausforderungen und Chancen

In der Gesundheits- und Sozialwirtschaft stehen die Mitarbeiter im Mittelpunkt des Unternehmens. Die Qualität von Pflege und Betreuung hängt maßgeblich von ihren Arbeitsbedingungen, ihrer Zufriedenheit und ihrer Motivation ab. Da die Branche stark von menschlicher Arbeitskraft geprägt ist, ist die Förderung der Mitarbeiter von zentraler Bedeutung. ESRS S1 unterstützt Unternehmen dabei, durch erhöhte Transparenz gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu implementieren und langfristige Vorteile zu sichern.

Eine der größten Herausforderungen ist der Fachkräftemangel. Prognosen deuten darauf hin, dass der Bedarf an qualifiziertem Personal in den kommenden Jahren steigen wird, während demografische und strukturelle Hindernisse den Zugang zu neuen Talenten erschweren. Unternehmen können ihre Position im Wettbewerb um Fachkräfte stärken, indem sie Diversität und Inklusion fördern und attraktive Arbeitsbedingungen schaffen.

So konnte beispielsweise ein Unternehmen durch die Integration von Nachhaltigkeitszielen in die Unternehmensstrategie (z. B. durch die Reduzierung des CO2-Ausstoßes und Maßnahmen zur Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz) seine Attraktivität als Arbeitgeber erheblich steigern. Ein anderer Anbieter verbesserte die Arbeitsbedingungen, indem soziale Aspekte in das Umweltmanagementsystem integriert und Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter eingeführt wurden. Diese Initiativen trugen zur Steigerung der Zufriedenheit und zum langfristigen Verbleib der Mitarbeiter bei.
 

Strategien zur Bewältigung des Fachkräftemangels

Angesichts des zunehmenden Personalbedarfs ist es wichtig, nicht nur junge Talente zu gewinnen, sondern auch erfahrene und ältere Mitarbeiter langfristig zu binden. Altersgerechte Arbeitsplätze und flexible Arbeitsmodelle ermöglichen es, die Beschäftigungsfähigkeit der Belegschaft zu erhalten. Zudem kann die Bildung interdisziplinärer Teams und die Integration von Fachkräften mit unterschiedlichen Hintergründen die Effizienz steigern und innovative Ansätze in der Pflege fördern. 

In der Praxis haben Unternehmen, die flexible Arbeitszeitmodelle und spezielle Programme für ältere Mitarbeiter implementiert haben, eine höhere Zufriedenheit und eine längere Verweildauer der Fachkräfte in der Organisation erreicht. Diese Strategien sollten in den jährlichen Nachhaltigkeitsberichten dokumentiert und mit geeigneten Kennzahlen bewertet werden.
 

Anforderungen des ESRS S1

Der ESRS S1 verlangt von Unternehmen detaillierte Berichte über die sozialen und arbeitsbezogenen Aspekte ihrer Personalstrategie. Vier Themenbereiche sind dabei besonders relevant:

  •  Arbeitsbedingungen und Gesundheitsschutz
    Die Unternehmen müssen darlegen, wie sie die physische und psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter schützen. Dies umfasst sichere Arbeitsplätze, Programme zur Stressbewältigung und Maßnahmen zur Reduzierung körperlicher Belastungen. In der Pflegebranche, wo Mitarbeiter oft unter anspruchsvollen Bedingungen arbeiten, sind solche Programme besonders wichtig. Schulungsprogramme zur Erhöhung der Gesundheits- und Sicherheitsstandards haben sich hier als wirksame Maßnahme erwiesen, um den Mitarbeitern zu helfen, sowohl psychische als auch physische Belastungen besser zu bewältigen. Zusätzlich tragen ergonomische Arbeitsplatzgestaltungen und regelmäßige Gesundheitschecks dazu bei, die physischen Belastungen zu reduzieren.
  • Diversität und Inklusion
    Die Zusammensetzung der Belegschaft nach Merkmalen wie Geschlecht, Alter, Herkunft und Behinderung soll transparent dargestellt werden. Maßnahmen zur Förderung von Chancengleichheit und zur Schaffung einer inklusiven Unternehmenskultur sind zentrale Anforderungen. Schulungen und Mentoring-Programme haben gezeigt, dass sie die Vielfalt in Führungspositionen deutlich fördern können. Durch gezielte Förderprogramme konnte der Anteil von Frauen in Führungspositionen in vielen Unternehmen gesteigert werden.
  • Entlohnung und soziale Absicherung
    Transparente Informationen zur Entlohnung, insbesondere in Bezug auf den Gender Pay Gap, sowie zur sozialen Absicherung der Mitarbeiter sind hier entscheidend. In der Gesundheitsbranche sind die Gehälter oft niedriger als in anderen Sektoren, was zu Unzufriedenheit und zu hoher Fluktuation führen kann. Um dem entgegenzuwirken, haben bereits viele Unternehmen flexible Arbeitszeitmodelle und Maßnahmen zur sozialen Absicherung (z. B. betriebliche Altersvorsorge und Programme zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie) eingeführt. Diese Maßnahmen tragen maßgeblich zur Zufriedenheit und langfristigen Bindung der Mitarbeiter bei.
  • Sozialer Dialog und Mitbestimmung
    Die aktive Einbindung der Mitarbeiter in betriebliche Entscheidungsprozesse ist essenziell für eine nachhaltige Personalstrategie. Mitarbeiter sollten regelmäßig in Entscheidungen einbezogen und über relevante Entwicklungen im Unternehmen informiert werden. Regelmäßige Versammlungen und Feedbackrunden haben sich als effektive Methode erwiesen, um den sozialen Dialog zu fördern und das Arbeitsklima zu verbessern. Unternehmen, die diese Maßnahmen etabliert haben, berichten von einer erhöhten Beteiligung und einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
     

Ansätze zur Ermittlung und Bewertung von KIPs

Für eine effektive Umsetzung von ESRS S1 ist es entscheidend, aussagekräftige Kennzahlen (Key Performance Indicators, KPIs) zu identifizieren und zu überwachen, um den Fortschritt der geplanten Maßnahmen zu messen. Diese Daten bieten wertvolle Einblicke in die Fortschritte bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen und ermöglichen eine zeitnahe Anpassung der Maßnahmen. Moderne Personalcontrolling-Systeme machen es möglich, KPIs zeitnah zu verfolgen und flexibel auf Veränderungen zu reagieren. Die Digitalisierung des Personalwesens kann dazu beitragen, Prozesse zu optimieren, Daten effizienter zu erfassen und frühzeitig auf Probleme zu reagieren. Der Einsatz digitaler Dashboards zur Überwachung von Trends bei Fluktuationsraten oder der Mitarbeiterzufriedenheit hat sich als effektiv erwiesen, um schnell auf negative Entwicklungen zu reagieren und Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
 

Handlungsempfehlungen

Um die Anforderungen von ESRS S1 erfolgreich umzusetzen, sollten Unternehmen in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft folgende Maßnahmen ergreifen:

  •  Priorisierung von Arbeitsbedingungen und Gesundheitsschutz
    Einführung umfassender Gesundheitsförderungsprogramme, die sowohl physische als auch psychische Belastungen reduzieren. Diese Maßnahmen sollten regelmäßig mit KPIs wie Fehlzeitenreduktion und Teilnahme an Gesundheitsprogrammen überprüft werden.
  • Gezielte Förderung von Diversität und Inklusion
    Entwicklung konkreter Strategien zur Förderung von Frauen und Minderheiten in Führungspositionen. Fortschritte können über KPIs wie den Anteil von Frauen in leitenden Rollen und die Teilnahme an Schulungsprogrammen gemessen werden.
  • Gewährleistung transparenter Entlohnung und sozialer Sicherheit
    Etablierung einer klaren Entlohnungspolitik, einschließlich der systematischen Erfassung und Veröffentlichung des Gender Pay Gaps. Kommunikation von Angeboten zur sozialen Absicherung, wie betriebliche Altersvorsorge und Gesundheitsleistungen.
  • Stärkung des sozialen Dialogs und der Mitarbeiterbeteiligung
    Durchführung regelmäßiger Mitarbeiterversammlungen, Umfragen und Feedbackrunden, um den sozialen Dialog zu fördern und die Belegschaft stärker in Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Eine erhöhte Beteiligung kann die Zufriedenheit steigern und die Bindung an das Unternehmen stärken.

Fazit

Die Umsetzung von ESRS S1 stellt für die Gesundheits- und Sozialbranche nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine bedeutende Chance dar. Unternehmen, die diese Anforderungen als strategisches Instrument zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und zur Bindung von Fachkräften nutzen, werden langfristig profitieren. Der Einsatz digitaler Systeme und die Etablierung eines effektiven Personalcontrollings können den Erfolg der Maßnahmen weiter steigern und gewährleisten, dass Unternehmen flexibel auf veränderte Bedingungen reagieren können. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, diese Gelegenheit zu ergreifen, um die Position im Markt zu stärken und der Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern gerecht zu werden.

Autor
Autor
Autor
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Partner, Niederlassungsleitung Freiburg
Autor
Wirtschaftsprüfer, Partner, Leitung Grundsatzabteilung, Leitung KompetenzTeam Krankenhäuser

Weitere Artikel, die Sie interessieren könnten

phone
mail Pfeil weiß