Nachhaltige Lieferketten – die nächste Runde!

Die auf die eigene Lieferkette bezogenen Sorgfaltspflichten nach dem deutschen Lieferkettensorgfalts­pflichtengesetz (LkSG) gelten für betroffene Unternehmen je nach Größe seit Anfang 2023 bzw. 2024. Die meisten betroffenen steuerbegünstigten Träger sollten inzwischen insoweit geeignete Maßnahmen ergriffen haben. Nun hat die EU mit eigener „Rechtssetzung“ in Form der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD oder CS3D) nachgelegt. Was sind die Folgen?


Man könnte sagen, dass das LkSG ein Gesetz einer neuen Kategorie war. Dass Gesetze Unternehmen bestimmte Verhaltenspflichten abverlangen, ist nichts Neues. Dass sie jenseits spezifischer Wirtschaftszweige ganz bestimmte Pflichten zur Organisation der Compliance vorgeben, in diesem Ausmaß hingegen schon – auch wenn sich eine entsprechende Tendenz schon früher abzeichnete. Den damit verbundenen bürokratischen Aufwand darf man mit jeder Berechtigung kritisch hinterfragen. Anlass zu hoffen, der Trend wäre in nächster Zeit vorüber, gibt es aber kaum. Jedenfalls serviert die EU in Punkto „Lieferketten-Compliance“ mit ihrer „Richtlinie (EU) 2024/1760 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2024 über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937 und der Verordnung (EU) 2023/2859“ („CSDDD“) einen Nachschlag mit eigener Geschmacksrichtung.

Die CSDDD verfolgt ähnliche Zielsetzungen und Ansätze wie das LkSG. Die Regelungsgehalte sind aber nicht deckungsgleich. Auch die CSDDD will Unternehmen auf die Analyse menschenrechts- und umweltbezogener Risiken in ihren jeweiligen Lieferketten sowie zum Ergreifen von Präventions- und Abhilfemaßnahmen verpflichten, flankiert von einer entsprechenden Berichtspflicht sowie der Vorhaltung von Meldemechanismen. Im Detail bestehen aber Unterschiede. Im Folgenden geben wir eine grobe Übersicht.

Verglichen mit dem LkSG erfasst die CSDDD einen erweiterten Katalog an Schutzgütern, z. B. das Verbot der Beeinträchtigung der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit.  Auch sieht sie für betroffene Unternehmen eine Pflicht vor, einen Klimaplan zu erstellen, der unter anderem die selbst gesetzten Emissionsziele aufzeigen soll.

Die CSDDD kennt die „Abstufung“ der Sorgfaltspflichten des LkSG im Grundsatz nicht, welche zwischen dem eigenen Geschäftsbereich, unmittelbaren und mittel‑baren Zulieferern unterscheiden. Außerdem werden auch einige nachgelagerte Tätigkeiten (downstream), wie etwa Vertrieb oder Transport, in den Verantwortungsbereich einbezogen.

Die Pflichterfüllung nach der CSDDD soll ähnlich, wenn nicht noch intensiver, wie jene nach dem heutigen LkSG im Unternehmen verwurzelt werden. Die Berichtspflichten sollen Unternehmen im Rahmen der CSRD-Nachhaltigkeitsberichterstattung oder auf ihrer Website erfüllen.

Während das LkSG unmittelbar für alle Unternehmen gilt, die regelmäßig mindestens 1.000 Arbeitnehmer im Inland beschäftigen, verlangt die CSDDD (nur) eine Erstreckung ihrer Regeln auf Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern weltweit und wenigsten 450 Mio. Euro globalem Jahresumsatz, wobei auch die Rechtsform eine Rolle spielen kann. Betrachtet man die typischen Strukturen deutscher steuerbegünstigter Unternehmen, erscheinen diese Vorgaben eher entlastend.

Die CSDDD wird mittelbare Wirkung entfalten: Unmittelbar betroffene Unternehmen werden verpflichtet, ihren
Geschäftspartnern bestimmte vertragliche Zusicherungen abzuverlangen und umfangreiche Informationen abzufragen. Immerhin könnten sich praktische Vereinfachungen ergeben. Die vertragliche Einbindung der Partner nach dem deutschen LkSG ist mit Blick auf die Anforderungen an AGB und den Bezug zur konkreten Risikolage anspruchsvoll. Es ist zu erwarten, dass viele der heute gängigen, auf Simplizität, Wiederverwendbarkeit und Verantwortungsweiterreichung getrimmten Lösungen einer gerichtlichen Kontrolle nicht standhalten werden. Im Zuge der CSDDD-Umsetzung werden Leitlinien für Mustervertragsklauseln für die notwendigen vertraglichen Zusicherungen erstellt. Die Einhaltung der vertraglichen Klauseln ist nach der CSDDD allerdings zwingend zu kontrollieren, was zu erheblichen Kosten führen kann.

Auch die CSDDD baut zu ihrer Durchsetzung auf Kontrollen und Bußgelder. Während das LkSG Schadensersatzansprüche wegen Verstößen gegen seine Regeln auszuschließen versucht, werden sich aus CSDDD-Verstößen Schadensersatzansprüche herleiten lassen. So könnten z. B. Arbeitnehmer eines ausländischen Zulieferers ein Unternehmen auf Schadensersatz verklagen, wenn infolge nicht erfüllter CSDDD-Pflichten bestimmte Regeln zu ihrem Schutz verletzt wurden.

Als EU-Richtlinie verpflichtet die CSDDD Unternehmen grundsätzlich nicht unmittelbar, sondern schafft eine Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, ihre Anordnungen in nationales Recht umzusetzen. Insoweit ist eine Anpassung des LkSG zu erwarten. Insbesondere dieser Umsetzungsakt wird Aufschluss über die künftig für Ihr Unternehmen geltenden Pflichten geben.

Großteils gibt die Richtlinie Mindeststandards vor. Strengere nationale Regeln bleiben so erlaubt und das LkSG liefert dort, wo es strengere Vorgaben enthält, diesbezügliche Steilvorlagen. Das kann Sorge bereiten, denn Deutschland kennt eine gewisse Tradition, bei der Umsetzung von EU-Vorgaben gesteigerte Belastungen zu schaffen.

Andererseits besteht Hoffnung, dass der deutsche Gesetzgeber die CSDDD auch zum Anlass für Entschärfungen des LkSG nimmt und dessen Anforderungen absenkt, wo die Vorgaben der CSDDD dies erlauben. Die Wachstumsinitiative der Bundesregierung sieht vor, die CSDDD noch in dieser Legislaturperiode durch Änderungen des LkSG so bürokratiearm wie möglich umzusetzen, womit nur noch rund ein Drittel der bisherigen und damit weniger als 1.000 Unternehmen direkt erfasst würden. Für viele Unternehmen des steuerbegünstigten Sektors dürfte dies eine enorme Entlastung darstellen.
 

Fazit

Die CSDDD will „größere“ Unternehmen erfassen als das LkSG. Die von ihr vorgesehenen Pflichten gehen aber weiter. Die sich aus dem LkSG ergebenden Pflichten gelten bis auf weiteres fort. Die Umsetzung der CSDDD bleibt zu beobachten. Man darf auf Entlastungen für viele Rechtsträger der steuerbegünstigten Wirtschaft hoffen.

Das BAFA hat auf seiner Website erklärt, das Vorliegen von LkSG-Berichten für das Jahr 2023 erstmals ab dem 1. Januar 2025 zu prüfen. Die geplanten gesetzlichen Regelungen zur CSRD sollen es erlauben, LkSG-Berichte durch Nachhaltigkeitsberichte nach HGB zu ersetzen.

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Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Partner, Niederlassungsleitung Freiburg

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