Mindestmengen und Krankenhausplanung: LSG NRW stärkt Prognosen von Krankenhäusern

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat am 18. Juli 2025 in einem Eilverfahren entschieden, dass die Krankenhausplanung des Landes NRW ein tragfähiges Argument sein kann, um die Widerlegung einer Mindestmengenprognose abzuwehren (LSG NRW, Beschluss vom 18. Juli 2025 – L 10 KR 59/25 KH B ER).


Der Fall

Ein Plankrankenhaus gab für den Leistungsbereich „komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus“ für das Jahr 2025 eine Prognose von 26 Eingriffen ab. Für diese Eingriffe besteht seit dem Jahr 2023 eine Mindestmenge von 26 Leistungen pro Standort eines Krankenhauses. Im Jahr 2023 hatte es 19 solcher Eingriffe durchgeführt und im Zeitraum vom 3. Quartal 2023 bis einschließlich des 2. Quartals 2024  21 Leistungen. Die Krankenkassen widerlegten die Prognose, weil erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Prognose des Krankenhausträgers bestünden: Die Mindestmenge im Jahr 2023 sei nicht erreicht worden und die Krankenhausplanung sei kein neuer weiterer Umstand im Sinne der Mindestmengenregelung (Mm-R) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Da die bestehenden Kooperationen bereits für das Prognosejahr 2024 angeführt worden waren, könnten auch diese nicht berücksichtigt werden. Das Sozialgericht Duisburg folgte dieser Sicht der Krankenkassen (Beschluss vom 27. Dezember 2024 – S 17 KR 1461/24 ER K).
 

Die Entscheidung

Das LSG NRW gab hingegen dem Krankenhausträger recht und ordnete die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Widerlegungsentscheidung der Krankenkassen an. Wesentlich war für das Gericht:

  • Beabsichtigter Versorgungsauftrag für die Leistungsgruppe (LG)

Soll der Krankenhausträger nach dem Stand des Krankenhausplanungsverfahrens einen Versorgungsauftrag für die betreffende LG erhalten, so kann es sich hierbei um einen Umstand handeln, der die Prognose eines Krankenhausträgers stützt und der Annahme begründeter erheblicher Zweifel der Krankenkassen im Rahmen der Widerlegungsentscheidung entgegensteht. Die Krankenkassen können ihre Widerlegung nicht damit begründen, dass sich das Krankenhausplanungsverfahren (erst) im Anhörungsverfahren befindet.

  • Krankenhausplanung bereits konkretisiert genug

In der LG die Eingriffe am Organsystem Ösophagus betreffend strebt die Krankenhausplanung eine starke Konzentration von Krankenhäusern an. Deshalb ging das LSG NRW davon aus, dass mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit eine Steigerung der Eingriffszahlen der mit einem Versorgungsauftrag bedachten Krankenhäuser zu erwarten sei.

  • Kooperationsvertrag für die LG

Für eine positive Prognose sprachen nach der Rechtsauffassung des LSG NRW zudem das Vorliegen einer Kooperation mit einem Krankenhaus ohne eigenen künftigen Versorgungsauftrag für die Eingriffe am Ösophagus und der Umstand, dass 21 Eingriffe im letzten 4-Quartals-Zeitraum vorlagen.
 

Fazit

Die Krankenhausplanung kann Prognosen für das Erreichen bestimmter Fallzahlen im Rahmen von Mindestmengenregelungen stützen. Die Krankenkassen dürfen sich nicht darauf beschränken, für die Widerlegung der Prognose auf das Nichterreichen der Mindestmenge im Vorjahr zu verweisen, wenn konkrete Umstände – hier: konkretisierte Krankenhausplanung und strukturelle Veränderungen – die Prognose tragen. Es ist für Krankenhäuser wichtig, die Krankenhausplanung und weitere Umstände (z. B. Kooperationsverträge) aktiv in Prognosebegründungen einzubeziehen. Lässt sich die Prognose plausibel untermauern, lohnen sich auch Eilverfahren.

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