Mieterstrom als eigenständige Leistung neben der Vermietung und Verpachtung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte in seinem Urteil vom 17. Juli 2024 – XI R 8/21 – darüber zu befinden, wie sogenannte Mieterstromlieferungen durch den Vermieter umsatzsteuerlich zu würdigen sind. Konkret bedurfte es der Klärung, ob die Lieferung von Strom, den ein Vermieter mittels einer eigenen Photovoltaikanlage erzeugt und an seine Mieter verkauft hat, eine unselbständige Nebenleistung zur umsatzsteuerbefreiten Wohnraumvermietung i. S. d. § 4 Nr. 12 UStG darstellt oder ob die Stromlieferung als eigenständige, umsatzsteuerpflichtige Hauptleistung zu beurteilen ist.


Der Kläger vermietete mehrere Wohnungen und ließ anschließend eine Photovoltaikanlage samt Batteriespeicher errichten. Der erzeugte Strom wurde vorrangig den Mietern angeboten, überschüssige Strommengen wurden in das öffentliche Netz eingespeist. Zugleich erwarb der Kläger im Bedarfsfall zusätzlichen Strom hinzu und leitete ihn im Rahmen der Belieferung der Mieter weiter. Die Abrechnung des Stroms erfolgte mittels eigener Zähler und gesonderter Vereinbarungen mit den Mietern. Die unabhängige Vereinbarung über die Stromlieferung konnte seitens der Mieter mit einer vierwöchigen Frist gekündigt werden, wobei in diesem Fall sich der Mieter für den Anbieterwechsel verpflichtete, die Kosten für den technischen Umbau der Zähler zu übernehmen. Im Übrigen entsprachen die vereinbarten Konditionen, insbesondere der Arbeitspreis je Kilowattstunde, dem Marktüblichen.

Der BFH betrachtete in seiner Entscheidung die Stromlieferungen des Klägers als eigenständige und umsatzsteuerpflichtige Leistungen und begründete dies insbesondere mit der individuellen vertraglichen Ausgestaltung und Wahlmöglichkeit des Lieferanten, der unabhängig vom Mietvertrag bestehenden Kündigungsmöglichkeit und der Abrechnung nach dem tatsächlichen Verbrauch. Die Kostenübernahme für erforderliche Umbaumaßnahmen bei Wechsel des Stromlieferanten durch den Mieter sah der BFH als unschädlich an. Im Zuge dessen verwies der BFH auch auf § 42a Energiewirtschaftsgesetz, wonach bereits gesetzlich die Belieferung von Mietstrom nicht Bestandteil des Mietvertrages sein darf.

Insoweit erfolgte auch eine Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 7. Dezember 2023 – V R 15/21, in dem es um die Lieferung von Wärme durch eine Heizungsanlage ging. Denn die Versorgung mit Wärme und Warmwasser sei eine typischerweise durch den Vermieter geschuldete Leistung, die als solche eine unselbständige Nebenleistung zur Vermietung darstelle. An einer ebensolchen Verpflichtung des Vermieters fehle es hingegen bei der Belieferung mit Strom, was die Eigenständigkeit der Leistung nochmals untermauere.

Für Vermieter, die Mieterstrommodelle betreiben oder dies beabsichtigen, sind die umsatzsteuerlichen Folgen durchaus relevant. Die Lieferung von selbst erzeugtem und im Bedarfsfall von zugekauftem Strom stellt umsatzsteuerlich eine eigenständige und mangels Befreiung i. S. d. § 4 UStG umsatzsteuerpflichtige Leistung zum Regelsteuersatz von derzeit 19 % dar. Dies ermöglicht es dem Vermieter in seiner Funktion als Stromlieferant, einen etwaigen Vorsteuerabzug aus Investitionen und laufenden Aufwendungen aus dem Stromlieferungen geltend zu machen.

Es sei allerdings an dieser Stelle auch auf § 12 Abs. 3 UStG zum Nullsteuersatz für die Anschaffung von Photovoltaikanlagen auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, hingewiesen. Der Nullsteuersatz gilt seit dem 1. Januar 2023 für bestimmte neu angeschaffte Photovoltaikanlagen einschließlich wesentlicher Komponenten. In der Folge beschränkt sich ein möglicher Vorsteuerabzug für Mieterstrom auf die regelmäßige Wartung einer gekauften Anlage, den Zukauf von Strommengen und die entgeltlichen Dienstleistungen für Ablesung und Abrechnung.

Wesentliche Voraussetzung für die umsatzsteuerlich getrennt zu beurteilenden Hauptleistungen ist die separate vertragliche Ausgestaltung von Mietvertrag und Stromliefervertrag. Letzterer muss überdies über die oben genannten Merkmale der individuellen Abrechnung und Wahlfreiheit des Stromlieferanten durch den Mieter verfügen.

Die Stromlieferung als fester Bestandteil eines Mietvertrages war hingegen nicht Gegenstand der Entscheidung. Unter Beachtung der Auffassung der Finanzverwaltung im einschlägigen Umsatzsteuererlass kann in diesen abweichenden Fällen daher ebenfalls eine umsatzsteuerlich unselbständige Nebenleistung zur steuerfreien Vermietung angenommen werden.

Für steuerbegünstigte Körperschaften stellt sich indes die Frage nach der weiteren Einordnung in die ertragsteuerlichen Sphären. Die Vermietung und Verpachtung ist grundsätzlich als zulässige steuerbegünstigte Vermögensverwaltung (§ 14 Satz 3 AO) zu qualifizieren. Allerdings ermöglichen nach entsprechender Satzungsänderung auch die neue Wohngemeinnützigkeit i. S. d. § 52 Abs. 2 Nr. 27 AO und das Vorliegen ihrer Voraussetzungen (ein Mietzins unterhalb der ortsüblichen Miete oder eine maximal kostendeckende Miete einerseits und eine Hilfsbedürftigkeit des Mieters gemäß § 53 AO andererseits) zukünftig die Zuordnung der Wohnraummiete zum gemeinnützigen Zweckbetrieb. Somit kommt hier der steuerlichen Einordnung der Mieterstromlieferungen eine bedeutende Rolle zu. Aufgrund der individuellen Abrechnung und der gesonderten Vertragsvereinbarungen scheint eine weitere Zuordnung zur steuerbegünstigten Vermögensverwaltung auszuscheiden, so dass im ersten Schritt eine Zuordnung zum steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nach § 64 AO sachgerecht erscheint. Da der stromliefernde Vermieter grundsätzlich in einen Wettbewerb mit anderen Stromlieferanten tritt, dürfte es insoweit für einen Zweckbetrieb an der Voraussetzung des § 65 Nr. 3 AO mangeln. Für einen wohlfahrtspflegerischen Zweckbetrieb nach § 66 AO müsste zudem gewährleistet sein, dass es zu keiner signifikanten Überschusseinspeisung kommt, da die Leistung sonst nicht überwiegend hilfsbedürftigen Menschen zugutekommt. Denkbar wäre die Zuordnung zum Zweckbetrieb als sogenannter Selbstversorgungseinrichtung.
 

Praxis-Hinweis

Das Urteil des BFH hat hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Einordnung des Mieterstrommodells Klarheit geschaffen. Für die ertragsteuerliche Einordnung bei steuerbegünstigten Körperschaften haben sich hingegen weiterführende Fragestellungen bzw. Gestaltungsmöglichkeiten ergeben, die eine Beurteilung im Einzelfall erforderlich machen.

Autor
Autor

Weitere Artikel, die Sie interessieren könnten

phone
mail Pfeil weiß