Feststellung der Arbeitsunfähigkeit per Videosprechstunde
Die Digitalisierung unseres Gesundheitssystems schreitet weiter voran: Vertragsärzte können zukünftig die Arbeitsunfähigkeit von Patienten auch per Videosprechstunde feststellen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 16. Juli 2020 eine entsprechende Anpassung der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie beschlossen. Patienten müssen künftig nicht immer zur Untersuchung in die Praxis kommen, wenn sie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) benötigen. Der Beschluss liegt aktuell dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vor.
Die Krankschreibung per Videosprechstunde ist allerdings nur unter den folgenden Voraussetzungen möglich:
- Der Patient muss der Praxis bereits bekannt sein.
- Die Krankheit muss in einer Videosprechstunde untersucht werden können.
- Die erstmalige AU-Bescheinigung kann für maximal sieben Kalendertage ausgestellt werden. Danach muss der Patient die Praxis aufsuchen, sollte er länger erkrankt sein.
- Eine Folgekrankschreibung gibt es nur, wenn der Arzt die vorherige Arbeitsunfähigkeit bei einer unmittelbaren persönlichen Untersuchung festgestellt hat. Dann kann auch für einen längeren Zeitraum krankgeschrieben werden.
Die Organisation der Videosprechstunde ist nicht kompliziert: Der Arzt registriert sich bei einem zertifizierten Videodienstanbieter, der für die technische Sicherheit sorgt. Danach erhält der Arzt vom Videodienstanbieter eine Bescheinigung (Gütesiegel) und weitere Informationen zum Einwählen in die Videosprechstunde. In manchen Bundesländern muss die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung der Videosprechstunde bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) beantragt werden. Nach Terminvereinbarung mit der Praxis wählen sich Arzt und Patient bei dem Videodienstanbieter ein.
Für den Ablauf der Videosprechstunde gelten für die vertragsärztliche Versorgung weitere Anforderungen zur Videosprechstunde (Anlage 31b zum Bundesmantelvertrag-Ärzte). Aber auch (Krankenhaus-)Ärzte sind gut beraten, die dortigen Anforderungen zu beachten. So sollte insbesondere eine Einwilligung des Patienten in die Datenverarbeitung eingeholt und über die Anforderungen zur Durchführung der Videosprechstunde informiert werden.
Krankschreibung per Videosprechstunde und was Sie beachten müssen - Fazit
Gerade bei langen Anfahrtswegen oder nach Operationen kann die Videosprechstunde eine sinnvolle Hilfe sein. Für die Krankschreibung per Videosprechstunde sollte der Arzt stets prüfen, ob er in bestimmten Fällen eine AU ohne körperliche Untersuchung in der Praxis ausstellt. Ist keine hinreichend sichere Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit per Videosprechstunde möglich, muss sich der Patient persönlich in der Praxis vorstellen.
Zudem ist der Patient im Vorfeld der Videosprechstunde über die eingeschränkten Möglichkeiten der Befunderhebung zum Zwecke der Feststellung der AU im Rahmen der Videosprechstunde aufzuklären. Ausdrücklich ausgeschlossen ist eine AU-Feststellung ausschließlich auf Basis eines Online-Fragebogens, einer Chat-Befragung oder eines Telefonats.