Krankenhauszukunftsgesetz – Die Pandemie als Treiber der Digitalisierung
Weitere Fördermaßnahmen für Krankenhäuser
Das Jahr 2020 ist aufgrund der Corona-Pandemie eine Herausforderung über alle Wirtschafts- und Versorgungszweige hinweg. Auch das Gesundheitswesen musste sich gezwungenermaßen am Lockdown orientieren und der Versorgung von COVID-19-Patienten Vorrang gewähren. Durch den fehlenden Regelbetrieb mussten auch die Krankenhäuser finanzielle Einbußen auf sich nehmen, die jedoch durch das COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz und die darin festgelegten Ausgleichszahlungen für Einnahmeausfälle durch die Verschiebung und Aussetzung elektiver Aufnahmen je Tag und freies Bett weitgehend minimiert wurden. In den letzten Monaten haben sich die Krankenhäuser mit der Versorgung von COVID-19 Patienten vertraut gemacht und sich an die Schutzmaßnahmen weitgehend gewöhnt.
Ferner wurden aus aktueller Sicht ausreichende Intensivkapazitäten geschaffen, so dass der Regelbetrieb wieder aufgenommen werden konnte und die Ausgleichszahlungen endeten. Dennoch ist allen Verantwortlichen bewusst, dass derzeit nicht der Ausgangspunkt vom Jahresanfang wieder erreicht werden kann. Um die Zukunftsfähigkeit der Krankenhäuser sowie die Gesundheitsversorgung auch in pandemischen Zeiten zu stärken, wurde vom Bundestag am 18. September 2020 das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) beschlossen. Auf diesem Weg soll das von der Koalition beschlossene „Zukunftsprogramm Krankenhäuser“ umgesetzt werden.
Mit dem neuen Gesetz sollen vor allem die Themen moderne Notfallkapazitäten, Digitalisierung und IT- Sicherheit sowie die gezielte Entwicklung und Stärkung regionaler Versorgungsstrukturen in das Zentrum der Förderung gerückt werden. Zur Finanzierung der förderfähigen Maßnahmen soll ein Krankenhauszukunftsfonds (KHZF) in Höhe von 3 Mrd. € durch den Bund eingerichtet werden. Zusätzlich sollen 1,3 Mrd. € (30 % der förderfähigen Kosten) durch die Länder und Krankenhausträger kofinanziert werden. Die Mittel sollen bis Anfang Januar 2021 vom Bund zur Verfügung gestellt werden.In der Gesetzgebung werden die förderungsfähigen Vorhaben in unterschiedliche Gruppen untergliedert:
- Anpassung der technischen und informationstechnischen Ausstattung der Notaufnahmen an die aktuellen Standards der Technik. Hierbei muss das Krankenhaus die Mindestanforderungen nach § 136c Abs. 4 SGB V erfüllen.
- Einrichtung von Patientenportalen für ein digitales Aufnahme- und Entlassmanagement zur Förderung des digitalen Informationsaustauschs während und nach der Behandlung im Krankenhaus.
- Einrichtung einer durchgehenden elektronischen Dokumentation von Pflege- und Behandlungsleistungen. Hierbei sollen ebenfalls Dienste zur halbautomatisierten sowie sprachbasierten Dokumentation gefördert werden.
- Einrichtung von teil- oder vollautomatisierten Entscheidungsunterstützungssystemen zur Erhöhung der Versorgungsqualität.
- Einführung eines digitalen Medikationsmanagements zur Erhöhung der Arzneimitteltherapiesicherheit.
- Einrichtung eines digitalen Prozesses zur Leistungsanforderung mit dem Ziel, interne Kommunikationsprozesse hinsichtlich Geschwindigkeit und Fehlerverminderung zu optimieren.
- Entwicklung von wettbewerbsrechtlichen Maßnahmen, wie z. B. Bereitstellung von sicheren Systemen ohne lokalen Server (Cloud-Computing-Systeme), um eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen sowie eine spezialisierte Versorgung zu ermöglichen.
- Ausbau/Neuimplementierung eines onlinebasierten Versorgungsnachweissystems (Bettennachweis), um unter anderem die krankenhausübergreifende Zusammenarbeit zu fördern.
- Implementierung von telemedizinischen Netzwerkstrukturen oder Anwendungen, um insbesondere Ärzte im OP zu unterstützen.
- Entwicklung/Implementierung von informations- oder kommunikationstechnischen Systemen zur Vermeidung von Störungen der Verfügbarkeit, der Integrität und der Vertraulichkeit (IT-Sicherheit).
- Epidemiegerechte und an den Behandlungserfordernissen orientierte Anpassung von Patientenzimmern (z. B. Reduzierung der Bettenanzahl pro Zimmer). Diese Maßnahme wird nur gefördert, sofern sich die Anzahl der krankenhausplanerischen Betten verringert.
Grundsätzlich sollen die Fördermittel vor allem für moderne Notfallkapazitäten sowie eine bessere digitale Infrastruktur bereitgestellt werden. Allerdings können auch finanzielle Unterstützungen für notwendige personelle Maßnahmen einschließlich entsprechenden Schulungen beantragt werden. Des Weiteren können Kosten für räumliche Maßnahmen, soweit sie für die technischen, informationstechnischen und personellen Maßnahmen erforderlich sind, gefördert werden. Letztere dürfen jedoch nur maximal 10 % der gewährten Fördermittel betragen. Von den insgesamt 3 Mrd. € des Bundes sollen mindestens 15 % in Vorhaben zur IT-Sicherheit fließen. Ein Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung der Gelder ist vorzulegen. Nicht für das förderungsfähige Vorhaben verwendete Mittel sind zurückzuzahlen.
Die Beantragung erfolgt durch die Krankenhausträger direkt bei den Ländern. Hierfür ist ein vom Bundesamt für Soziale Sicherung bereitgestelltes, bundeseinheitliches Formular zu verwenden. Die Festlegung weiterer Anforderungen an die Ausgestaltung der Förderanträge durch die Länder steht noch aus. Dort werden vermutlich auch die Fristen für die Krankenhäuser definiert.
Darüber hinaus wird im KHZG geregelt, dass Erlösrückgänge, welche die Krankenhäuser in diesem Jahr gegenüber dem Jahr 2019 aufgrund der Corona-Pandemie verzeichnen, auf Verlangen des Krankenhauses über Verhandlungen mit den Kostenträgern individuell ermittelt und schließlich ausgeglichen werden können. Dabei gilt es zu beachten, dass die krankenhausindividuellen Zuschläge nur gelten, sofern diese Mehrkosten nicht anderweitig finanziert werden. Darunter fallen etwa persönliche Schutzausrüstungen der Angestellten.
Krankenhauszukunftsgesetz Praxis-Hinweis
Mit der Einführung des KHZG wird ein erster Schritt in Richtung Beschleunigung der Digitalisierung im Krankenhaus getan. Auf diesem Weg soll auch in Ausnahmesituationen eine Entlastung des Personals sowie die Aufrechterhaltung eines schnellstmöglichen Datentausches durch digitale Prozesse sichergestellt werden. Demnach hat die Einführung der neuen Gesetzgebung eine erhebliche strategische Auswirkung auf die Krankenhäuser, da neben digitalen auch medizin-strategische sowie strukturelle Maßnahmen gefördert werden.
Das KHZG bietet nicht nur die Chance, digitale Änderungen bzw. Verbesserungen vorzunehmen, sondern auch die Möglichkeit, strukturelle Anpassungen im Einklang mit der zunehmenden Digitalisierung umzusetzen. Es ist ratsam, sich frühzeitig mit den Inhalten des KHZG auseinanderzusetzen, da ab Januar 2025 ein Abschlag von 2 % des Rechnungsbetrages für jeden voll- und teilstationären Fall erfolgt, sofern ein Krankenhaus nicht sämtliche in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 des KHFSV aufgezählten digitalen Dienste bereitstellt.
Die Solidaris Unternehmensberatung unterstützt Sie gern bei der Bestandsaufnahme zu Ihrer strategischen Ausrichtung, dem Digitalisierungsgrad und der daraus abzuleitenden Digitalisierungsstrategie sowie bei der Etablierung von strukturellen Änderungen. Hierfür bündeln wir unsere Kompetenzen aus der IT-Beratung und der strategischen Beratung und entwickeln mit Ihnen gemeinsam eine individuelle Strategie. In diesem Zusammenhang erstellen wir gemeinsam mit Ihnen den für Ihr Unternehmen konkretisierten Förderantrag. Ferner möchten wir darauf hinweisen, dass Beratungsleistungen im Kontext des KHZG förderfähig sind.