Steuerliche Beurteilung von Kooperationen in der Pflegeausbildung
Das Gesetz zur Reform der Pflegeberufe (Pflegeberufereformgesetz – PflBRefG) vom 17. Juli 2017 soll die Arbeit und die Ausbildung in der Pflege optimieren und modernisieren. Die Neuregelungen sind am 1. Januar 2020 in Kraft getreten und ersetzen das Altenpflegegesetz und das Krankenpflegegesetz. Die aufgrund dessen vorzunehmenden Maßnahmen werfen für die in diesem Bereich tätigen Rechtsträger insbesondere umsatzsteuerliche Fragestellungen auf. Zu diesen hat die Finanzverwaltung mit zwei Schreiben aus dem Jahr 2019 Stellung bezogen.
Die in § 5 PflBRefG konkretisierten Ziele bzw. Maßstäbe für eine Ausbildung zum Pflegefachmann bzw. zur Pflegefachfrau erfordern zur optimalen Umsetzung eine besonderen Ausbildungsstruktur. Die Ausbildung soll den angehenden Pflegefachleuten erlauben, Kenntnisse und Fähigkeiten für eine umfassende und prozessorientierte Pflege von Menschen aller Altersstufen in stationären und ambulanten Pflegesituationen mit den damit einhergehenden fachlichen und persönlichen Kompetenzen zu entwickeln. Die Ausbildung in der Pflege wird in zwei Bereiche unterteilt:
- theoretischer und praktischer Unterricht,
- praktische Ausbildung.
Der theoretische und der praktische Unterricht haben über eine staatlich genehmigte oder staatlich anerkannte Pflegeschule auf Grundlage eines von der Pflegeschule zu erstellenden schulinternen Curriculums zu erfolgen. Die praktische Ausbildung ist in den jeweiligen Einrichtungen auf Basis eines vom Träger der Ausbildung zu verfassenden Ausbildungsplans durchzuführen. Pflichteinsätze in den nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäusern sowie den nach §§ 71 und 72 SGB XI zugelassenen stationären bzw. ambulanten Pflegeeinrichtungen sind Bestandteil des Ausbildungsplans.
Für eine optimale Umsetzung der Anforderungen an eine Ausbildung in der Pflege sind Pflegeschulen, Träger der praktischen Ausbildung und weitere in die Ausbildung einzubindende Einrichtungen somit angehalten, im Rahmen von Kooperationsverträgen zusammenzuwirken und ihr angebotenes Tätigkeitsspektrum abzustimmen (§ 6 Abs. 4 PflBRefG). Der Abschluss von Kooperationsverträgen ist zudem eine wesentliche Voraussetzung für die Anerkennung als Träger der praktischen Ausbildung, sofern keine eigene Pflegeschule betrieben wird. Hinsichtlich der praktischen Umsetzung der neuen Pflegeausbildung hat der Paritätische Gesamtverband im November 2019 einen Leitfaden veröffentlicht.
Die Finanzierung der beruflichen Ausbildung ist im § 26 Abs. 4 PflBRefG geregelt. Die durch die Pflegeberufsausbildung entstehenden Kosten werden im Wege eines Ausgleichsfonds finanziert. Die Träger der praktischen Ausbildung und die Pflegeschulen erhalten in diesem Zusammenhang von der zuständigen Stelle Ausgleichszuweisungen. Das Landesamt für Steuern Sachsen hat sich mit Schreiben vom 14. März 2019 – 213-S 7179/1/9-2019/10691 – zu umsatzsteuerlichen Thematiken wie folgt geäußert:
- Ausgleichszuweisungen aus den Ausgleichfonds an die Träger der praktischen Ausbildung und Pflegeschulen sind kein Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustausches.
- Die von den Kooperationspartnern an die Träger der praktischen Ausbildung und Pflegeschule erbrachten Kooperationsleistungen nach dem Pflegeberufereformgesetz, die aus Mitteln des Ausgleichsfonds finanziert werden, können unter den Voraussetzungen der Vorschrift nach § 4 Nr. 21 UStG von der Umsatzsteuer befreit sein.
Dieser Auffassung hat sich das Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern mit Schreiben vom 7. August 2019 – S 7100 – 0000 - 2019/003 – angeschlossen. § 4 Nr. 21 Buchstabe a UStG ist unter den folgenden Kriterien einschlägig, wenn es sich um unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsausbildender Einrichtungen handelt:
- wenn diese als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder
- wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass diese auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.
Sollte § 4 Nr. 21 Buchstabe a UStG nicht einschlägig sein, kommt aus unserer Sicht als weitere umsatzsteuerliche Befreiungsvorschrift § 4 Nr. 22 UStG in Betracht. Voraussetzung hierfür ist, dass eine gemeinnützige Einrichtung Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art anbietet und die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden. Die Kurse im Rahmen der Pflegeausbildung stellen dabei unzweifelhaft eine Leistung im Sinne der wissenschaftlichen oder belehrenden Art dar.
Wenn im Zusammenhang mit der Ausbildung auch Beherbergungs- und Beköstigungsleistungen erbracht werden, fallen diese grundsätzlich unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 23 UStG. Dies gilt für Leistungen an Personen, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und für das Lehrpersonal.
Kooperationen in der Pflegeausbildung - Fazit
Die sich mit dem Pflegeberufereformgesetz für die künftigen Pflegefachkräfte ergebenden neuen Möglichkeiten einer optimalen und zielgerichteten Ausbildung stellen die einzelnen Einrichtungen vor die Maßgabe, im Einzelfall Kooperationen zu schließen. Kooperationen zwischen verschiedenen Einrichtungen werfen in steuerlicher Hinsicht zahlreiche Fragestellungen auf. Grundsätzlich fallen die Leistungen der Träger der Ausbildung und ihrer Kooperationspartner unter die Vorschrift des § 4 Nr. 21 UStG und sind somit als umsatzsteuerfrei anzusehen. Diese Auffassung wird auch von der Finanzverwaltung vertreten.