BGH entscheidet: Ansprüche wegen Beschädigung der Mietsache können ohne Fristsetzung geltend gemacht werden
Ein vom Vermieter wegen Beschädigung der Mietsache geltend gemachter Schadensersatzanspruch setzt keine vorherige Fristsetzung zur Schadensbeseitigung gegenüber dem Mieter voraus. Dies hat der Bundes-gerichtshof (BGH) mit Urteil vom 28. Februar 2018 – VIII ZR 157/17 – entschieden.
Dem Urteil liegt folgender Fall zugrunde: Nach mehrjähriger Mietzeit beendeten Vermieter und Mieter ein-vernehmlich das Mietverhältnis. Der Mieter gab dem Vermieter die Wohnung zurück. Dieser machte den Mieter für verschiedene Beschädigungen der Wohnung (Schimmelbefall, Lackschäden etc.) verantwortlich und verlangte Schadensersatz, ohne dem Mieter eine Frist zur Beseitigung der Schäden zu setzen. In beiden Vorinstanzen machte der Mieter erfolglos geltend, der Vermieter hätte ihm vorher eine Frist zur Schadensbeseitigung setzen müssen, und wurde zur Zahlung von Schadensersatz nebst Zinsen verurteilt. Die vom Mieter dagegen eingelegte Revision blieb ebenfalls ohne Erfolg.
Dabei stellten die Karlsruher Richter vor allem darauf ab, dass die Pflicht eines Mieters, die ihm über-lassenen Räume schonend und pfleglich zu behandeln, lediglich eine sogenannte Nebenpflicht aus dem Mietvertrag ist. Das für Schadensersatzansprüche gesetzlich als Anspruchsvoraussetzung vorgesehene Fristsetzungserfordernis gilt hingegen nur für die Nicht- oder Schlechterfüllung von Leistungspflichten. In diesen Fällen muss der Gläubiger dem Schuldner grundsätzlich zunächst eine weitere Gelegenheit zur Erfüllung geben, bevor er Schadensersatz statt der eigentlichen Leistung verlangen kann. Ein Beispiel für eine solche Leistungspflicht des Mieters ist laut BGH etwa die wirksam vertraglich für den Vermieter übernommene Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen.
Im Gegensatz dazu handelt es sich bei der Verpflichtung des Mieters, die ihm überlassenen Mieträume in einem dem vertragsgemäßen Gebrauch entsprechenden Zustand zu halten und insbesondere die Räume aufgrund der aus der Besitzübertragung folgenden Obhutspflicht schonend und pfleglich zu behandeln, um eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht. Deren Verletzung begründet einen Anspruch des Geschädigten auf Schadensersatz neben der Leistung. Hierbei ist nach dem Gesetz keine Fristsetzung erforderlich. Daher kann ein Vermieter bei Beschädigungen der Mietsache vom Mieter nach seiner Wahl statt einer Schadensbeseitigung auch sofort Geldersatz verlangen, ohne ihm zuvor eine Frist zur Schadensbehebung setzen zu müssen. Dabei kommt es laut BGH nicht darauf an, ob ein Vermieter den Schadensersatz bereits vor oder (wie im entschiedenen Fall) erst nach der Rückgabe der Mietsache geltend macht.
Gegen die am 1. März 2018 veröffentlichte Entscheidung des BGH regt sich aber bereits Widerstand.
Nach Ansicht des Deutschen Mieterbundes ist die Unterscheidung zwischen fristbewehrtem Verlangen der Durchführung von Schönheitsreparaturen und fristlosem Beschädigungsersatz nicht zielführend. Das Urteil sei nicht nachvollziehbar und trage nicht zu einer sicheren und klaren Rechtslage bei. Insbesondere werde der Mieter so in der Praxis der bisherigen, oft preiswerteren Möglichkeit beraubt, den Schaden selbst oder durch seine Handwerker beseitigen zu lassen.
Fazit BGH-Urteil
Grundsätzlich ist das Urteil aus Sicht der Vermieter zu begrüßen, da der BGH hiermit klar die Rechts-position der Vermieterseite stärkt. Die von Mieterseite geübte Kritik ist jedoch möglicherweise nicht vollkommen unberechtigt. In der Praxis kann die Unterscheidung zwischen Schönheitsreparatur und schadensersatzpflichtiger Beschädigung tatsächlich äußerst schwierig sein. Oft wird in komplexeren Fällen nur ein Sachverständigengutachten helfen können. Vor diesem Hintergrund sollten Vermieter vor einer fristlosen Geltendmachung von Schadensersatz zumindest prüfen, ob die Inkaufnahme der Frist
im Einzelfall nicht doch das „kleinere Übel“ darstellt.