Argumente für die Einbeziehung von Werkstattbeschäftigten in die Beschäftigungsquote von Inklusionsprojekten
Mit Urteil vom 27. Februar 2020 – V R 10/18 – hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Beschäftigte einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) bei der Bestimmung der für ein Inklusionsprojekt als Zweckbetrieb maßgeblichen Beschäftigungsquote zu berücksichtigen sein können.
In dem zu entscheidenden Fall betrieb ein Verein eine WfbM und zusätzlich ein Inklusionsprojekt in der Rechtsform einer 100%igen Tochtergesellschaft. Zwischen den beiden Unternehmen bestand eine umsatzsteuerliche Organschaft. Im Rahmen der Umsatzsteuererklärung für den Organkreis wurden die Umsätze des Inklusionsprojektes mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz versteuert.
Die Außenprüfung durch das Finanzamt kam zu dem Schluss, dass die maßgebliche Beschäftigungsquote von 40 % nach § 68 Nr. 3 c) AO für das Inklusionsprojekt nicht erfüllt wurde, und versagte die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes insoweit. Der Kläger hatte bei der Ermittlung der Beschäftigungsquote neben den behinderten Arbeitnehmern des Inklusionsprojektes auch Werkstattbeschäftigte auf ausgelagerten Arbeitsplätzen einbezogen, was vom Finanzamt nicht akzeptiert wurde.
Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) bestätigte mit Urteil vom 1. September 2017 – 5 K 51/16 – die Auffassung des Finanzamtes, da bei der Ermittlung der Beschäftigungsquote die Beschäftigten aus der WfbM nicht zu berücksichtigen seien. Sie verfügten nicht über Anstellungsverträge mit der GmbH und seien daher keine Betriebsbeschäftigten gewesen.
Der BFH führt nunmehr aus, dass sozialrechtlich die Beschäftigung von Werkstattbeschäftigten in einem Inklusionsprojekt im Rahmen sogenannter Außenarbeitsplätze zulässig sei. Für die Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft nach § 68 Nr. 3 c) AO kommt es demnach darauf an, ob die behinderten Menschen, die in der WfbM beschäftigt waren, auch dort Arbeitnehmer sind. Wenn dies nicht der Fall sei, könnten sie aufgrund einer Tätigkeit auf ausgelagerten Arbeitsplätzen bei der Ermittlung der Beschäftigungsquote des Inklusionsprojektes Berücksichtigung finden.
Dem BFH zufolge müssten also die Beschäftigten innerhalb der WfbM klassifiziert werden in solche, die eher Arbeitnehmer sind, und solche, bei denen eher die bloße Beschäftigung in der WfbM im Vordergrund steht. Bei Vorliegen einer Arbeitnehmereigenschaft könne die Person nicht zusätzlich Arbeitnehmer bei einem Inklusionsprojekt sein.
Behinderte Beschäftigte stehen zu der WfbM in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis und sind grundsätzlich keine Arbeitnehmer. Das arbeitnehmerähnliche Rechtsverhältnis ist gekennzeichnet von einer besonders umfangreichen Schutzfunktion und begrenzten Pflichten der Werkstattbeschäftigten. Die vom BFH geforderte Unterscheidung geht daher unseres Erachtens ins Leere.
Fazit zur Anrechnung von Werkstattbeschäftigten zur Beschäftigungsquote
Das Urteil ist – obwohl die Klage an das FG zurückverwiesen wurde – beachtlich, weil es weitere Argumente für die Einbeziehung von Werkstattbeschäftigten in die Beschäftigungsquote von Inklusionsprojekten bietet.