Die Mannschaften
Beschwerdeführerin ist die Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG (nachfolgend Hannover 96 GmbH& Co KG); sie ist Kommanditaktionärin der Hannover 96 GmbH & Co. KGaA (nachfolgend Hannover 96 KGaA). Beschwerdegegner war der Hannover 96 e. V., Alleingesellschafter der Hannover 96 Management GmbH (nachfolgend Hannover 96 GmbH), welche Komplementärin der Hannover 96 KGaA ist.
Das Spiel
Zwischen den Mannschaften, der Hannover 96 GmbH& Co KG und dem Hannover 96 e. V., bestehen schuldrechtliche Vertragsbeziehungen über die Zusammenarbeit der Parteien in der Hannover 96 KGaA und der Hannover 96 Management GmbH (der sog. „Hannover-96-Vertrag“). Letztere ist zuständig für die Einreichung und Unterzeichnung von Lizenzierungsunterlagen bei der Deutschen Fußball Liga GmbH für die Teilnahme am Spielbetrieb der Profifußball-Ligen in der kommenden Saison. Dieser Aufgabe kam die Hannover 96 GmbH wegen fehlendem Geschäftsführer nicht nach, denn der bisherige Geschäftsführer war durch den Hannover 96 e. V. vom Platz genommen worden und die Einwechselung eines neuen Geschäftsführers erfolgte nicht zeitnah.
Zuständig für die Berufung eines neuen Geschäftsführers der Hannover 96 GmbH ist der Aufsichtsrat, in den entsprechend der vertraglichen Vereinbarung durch die Parteien dieser Partie (Hannover 96 GmbH& Co KG : Hannover 96 e. V.) Mitglieder entsandt werden. Der Aufsichtsrat konnte sich nicht auf die Person eines neuen Geschäftsführers einigen. Wegen der Eilbedürftigkeit der erforderlichen Einreichung von Lizenzierungsunterlagen rekurrierte die Hannover 96 GmbH& Co KG daher beim zuständigen Unparteiischen – hier dem Registergericht – auf die gerichtliche Bestellung eines Notgeschäftsführers zum Zwecke der Einreichung von Lizensierungsunterlagen für die folgende Saison. Diesen Antrag wies das Registergericht zurück, da nach seiner Auffassung kein dringender Fall für die Bestellung eines Notgeschäftsführers vorlag. Der hiergegen eingelegten Beschwerde der Hannover 96 GmbH& Co KG half das Registergericht auch nicht ab – Hannover 96 e.V. ging in Führung.
Der Videobeweis
Auch der Blick von oben durch das OLG Celle änderte das Ergebnis nicht – es stimmte der Argumentation des Registergerichts zu und wies die Beschwerde als unbegründet ab, weil nämlich der (fakultative) Aufsichtsrat der Gesellschaft besetzt sei und daher ein Geschäftsführer hätte bestellt werden können. Es sei nicht Aufgabe eines Unparteiischen, Streitigkeiten innerhalb einer Mannschaft zu entscheiden. Soweit der Aufsichtsrat keinen neuen Geschäftsführer bestelle, könne dies durch den Alleingesellschafter, den Hannover 96 e. V., mittels eines Gesellschafterbeschlusses erfolgen, um so die Führungslosigkeit der Gesellschaft zu beseitigen. Entsprechendes hatte bereits der Bundesgerichtshof ausdrücklich in seinem Urteil vom 16. Juli 2024 – II ZR 71/23 – ausgeführt. Zur Erinnerung: Die Hannover 96 GmbH& Co KG ist an der Hannover 96 GmbH nicht beteiligt, so dass ihr gesellschaftsrechtliche Mittel wie vorliegend die erstrebte Einsetzung eines Notgeschäftsführers durch das Registergericht gar nicht zustehen. Eventuelle schuldrechtliche Ansprüche aus dem „Hannover-96-Vertrag“ wären auf dem Zivilrechtswege durchzusetzen – hierfür ist ein Registergericht weder zuständig noch ausgestattet. Sieg für Hannover 96 e.V.
Spielbewertung
Der Entscheidung des OLG Celle ist zu folgen, der Erfolg für Hannover 96 e.V. ist verdient. Eine Bestellung eines Notgeschäftsführers kann analog § 29 BGB durch das Registergericht bei Führungslosigkeit erfolgen, was sogar durch Dritte, wie zum Beispiel Gläubiger, erfolgen kann. § 29 BGB stellt hierbei aber auf eine Dringlichkeit ab, welche nur vorliegt, wenn die zuständigen Gesellschaftsorgane selbst nicht in der Lage sind, innerhalb einer angemessenen Frist die Geschäftsführung in ausreichender Anzahl zu besetzen und der Gesellschaft oder einem Beteiligten ohne Notgeschäftsführerbestellung Schaden droht oder eine zeitnah erforderliche Handlung nicht vorgenommen werden kann (siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2. August 2024 – 3 Wx 123/24; siehe auch den folgenden Artikel). Dies war hier aber nicht gegeben – es bestand die Neubestellungsmöglichkeit durch den Aufsichtsrat oder durch den Gesellschafter.
Unser Spielkommentar
Der Beschluss des OLG Celle zeigt, dass die gerichtliche Notgeschäftsführerbestellung nur in Ausnahmefällen erfolgt; sie ist eine Frage des Einzelfalls (siehe auch den folgenden Artikel). Sie ist aber auch nicht wünschenswert, so dass Gesellschaften darauf achten sollten, den Weg der Geschäftsführerbestellung so zu gestalten, dass diese auf Dauer möglichst reibungslos möglich ist. Gesellschaftssatzungen sollten dahingehend geprüft werden, dass sie eindeutige Zuständigkeitsregelungen für die Bestellung von Gesellschaftsorganen enthalten, die kein Konfliktpotential bergen.