Der Fall
Ein kommunaler Zweckverband – KdöR – ist Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes und an den TVöD-VKA gebunden. Auf eine von ihm ausgeschriebene Sachbearbeiterstelle in der Verwaltung einer Volkshochschule bewarb sich der mit einem Grad von 60 schwerbehinderte Kläger, der zum Zeitpunkt seiner Bewerbung die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung bereits überschritten hatte. Nach § 33 TVöD-VKA enden Arbeitsverhältnisse mit Ablauf des Monats, in dem ein Arbeitnehmer diese Regelaltersgrenze erreicht, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Der Zweckverband stellte eine 1976 geborene Bewerberin befristet für ein Jahr ein. Der Kläger verlangte vom Zweckverband eine Entschädigung in Höhe von 8.176,98 Euro, da er sowohl wegen seiner Schwerbehinderung als auch wegen seines Alters diskriminiert worden sei.
Die Entscheidung
Wie in den Vorinstanzen hatte der Kläger auch beim BAG keinen Erfolg. Zunächst bestätigt das BAG seine Rechtsprechung (Urteil vom 25. April 2024 – 8 AZR 140/23), wonach die Ablehnung der Wiedereinstellung eines Bewerbers, der aufgrund des Erreichens der Regelaltersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, vor dem Hintergrund der Gewährleistung der Generationengerechtigkeit gerechtfertigt sein kann, wenn ein jüngerer qualifizierter Bewerber zur Verfügung steht. Es überträgt diesen Grundsatz auch auf externe Bewerber.
Zwar habe der Zweckverband seine Bewerbung wegen des Erreichens der Regelaltersgrenze nicht berücksichtigt und ihn damit wegen seines Alters benachteiligt. Dies sei aber nach § 10 AGG zulässig, da die Entscheidung des Zweckverbandes, grundsätzlich keine externen Bewerber einzustellen, die die Regelaltersgrenze bereits erreicht haben, der Zielsetzung einer ausgewogenen Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen folgt. Die Ablehnung des Klägers sei im konkreten Fall angemessen und erforderlich gewesen, da andere qualifizierte Bewerber zur Auswahl gestanden hätten, die die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht hatten. Im Hinblick auf seine Schwerbehinderung habe der Zweckverband den Kläger entgegen dem Wortlaut des § 165 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, jedoch habe hier eine Einladungspflicht nicht bestanden, da der Kläger die Regelaltersgrenze überschritten habe und die Ablehnung der Bewerbung aus diesem Grund nach § 10 AGG gerechtfertigt sei.
Praxis-Hinweis
Der Arbeitgeber, der sich auf diese Entscheidung beruft, muss darlegen und beweisen, dass er das Ziel einer ausgewogenen Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen tatsächlich verfolgt. Das BAG geht stets davon aus, dass dies bereits der Fall ist, wenn der Arbeitgeber sich auf seine unmittelbare Bindung an eine tarifvertragliche Altersgrenzenregelung beruft. Dies dürfte auch für kirchliche Arbeitsvertragsrichtlinien gelten. Hingegen müssen Arbeitgeber, die einer entsprechenden Bindung nicht unterliegen, darlegen, dass sie das Ziel der ausgewogenen Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen auch tatsächlich verfolgen. Fraglich ist, ob ein Arbeitgeber sich nur dann auf eine ausgewogene Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen berufen kann, wenn er bereits in der Stellenanzeige darauf hinweist. Nach der Entscheidung des BAG bedarf es eines solchen Hinweises nicht, wenn ein Hinweis auf die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers in der Stellenanzeige erfolgt. Sämtliche Tarifverträge des öffentlichen Dienstes enthielten seit Langem und unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage Altersgrenzen, so dass ein Bewerber damit rechnen müsse, dass sich der Arbeitgeber an den Zielen einer einschlägigen Altersgrenzenregelung orientiert. Das dürfte auch für kirchliche Arbeitgeber gelten, wenn ihre jeweiligen Arbeitsvertragsrichtlinien genannt werden. Darüber hinaus sollten Arbeitgeber, die das Ziel eines ausgewogenen Generationenverhältnisses verfolgen und daher Rentner nicht einstellen wollen, in Stellenanzeigen vorsorglich einen entsprechenden Hinweis aufnehmen.
