Gemeinnützigkeitsrecht: geplante Neuregelungen
Im aktuellen Gesetzgebungsverfahren zum Jahressteuergesetz 2019 werden neben den von der Reforminitiative „Steuerliche Vereinfachungen und Entlastungen für die Mitte der Gesellschaft“ erarbeiteten Maßnahmen, die vornehmlich ehrenamtlich tätige Menschen und gemeinnützige Organisationen entlasten sollen, auch einige bedeutsame Änderungen in der Abgabenordnung für gemeinnützige Körperschaften angestoßen.
Folgende Eckpunkte, die im Rahmen der Finanzministerkonferenz der Länder im September 2019 einstimmig beschlossen wurden, sollen in das Jahressteuergesetz 2019 aufgenommen werden (BR-Drs. 356/1/19 vom 10. September 2019):
- Erhöhung der Übungsleiterpauschale von 2.400 € auf 3.000 € im Jahr und Anhebung der Ehrenamtspauschale um weitere 120 € auf 840 €,
- Erhöhung der Freigrenze bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer für steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von 35.000 € auf 45.000 €,
- Ausweitung des Anwendungsbereichs für das vereinfachte Spendenbescheinigungsverfahren.
Laut Gesetzesbegründung soll die Erhöhung der derzeit gültigen steuerlichen Freibeträge das ehrenamtliche Engagement fördern und gemeinnützige Organisationen dabei unterstützen, Bürgerinnen und Bürger für ehrenamtliche Tätigkeiten zu gewinnen. Die Anhebung der Freigrenze für steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe in § 64 Absatz 3 AO nach mehr als 12 Jahren soll überwiegend kleinere Vereine sowie die für solche Vereine tätigen Ehrenamtlichen von steuerrechtlichen Verpflichtungen entlasten. Erhebliche Auswirkungen auf steuerbegünstigte Körper-schaften könnten nach unserer Einschätzung die vorgeschlagenen Neuregelungen zur Unmittelbarkeit der Verfolgung der satzungsmäßigen Zwecke (§ 57 und 58 AO) entfalten.
§ 57 AO soll um einen Absatz 3 ergänzt werden, wonach eine Körperschaft ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar verfolgt, wenn sie durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft, die im Übrigen die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 AO erfüllt, einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht. Dabei sind für das Vorliegen der Zweckbetriebseigenschaft die Tätigkeiten dieser zusammenwirkenden Körperschaften zusammenzufassen. In der Gesetzesbegründung werden dafür in Abkehr von der bisherigen Sichtweise der Finanzverwaltung als Beispiel Wäschereileistungen, die auf eine (bisher steuerpflichtige) Tochter-GmbH ausgegliedert werden, dem Zweckbetrieb Krankenhaus zugeordnet. Sowohl das Krankenhaus als auch die Wäscherei-GmbH würden demnach ihre Leistungen im Rahmen des Zweckbetriebs nach § 67 AO erbringen.
Nur Leistungen an Dritte bewirkten einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Diese Änderung würde aus unserer Sicht eine erhebliche Neuausrichtung der steuerlichen Beurteilung von Servicegesellschaften bedeuten. Ein neuer Absatz 4 zu § 57 AO soll zudem das Halten und Verwalten von Anteilen an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften als unmittelbare Zweckverwirklichung darstellen und damit die Steuerbegünstigung von Holdinggesellschaften sicherstellen. Ebenso wird eine vollständige Neufassung des § 58 AO vorgeschlagen. Die Unterscheidung der Weitergabe von Mitteln durch Förder- und Nicht-Förderkörperschaften soll entfallen.
Die bisherige Beschränkung in § 58 Nr. 1 AO a. F., wonach die satzungsmäßigen Zwecke bei der Geber- und Empfängerkörperschaft übereinstimmen müssen, wird ebenso wie die betragsmäßige Beschränkung der Mittelweitergabe im Verhältnis zum Gesamtvermögen nach § 58 Nr. 2 AO a. F. aufgehoben. Die Neuregelungen sollen mehr Rechtssicherheit schaffen und den Prozess der Mittelwei-tergabe vereinfachen. Es bleibt abzuwarten, welche Neuregelungen tatsächlich mit dem Jahressteuergesetz 2019 verabschiedet werden.