EuGH: Zwölf Tage am Stück arbeiten ist erlaubt

Das portugiesische Berufungsgericht – Tribunal da Relação do Porto – hatte dem Europäischen Gerichtshof aufgrund von Zweifeln in Bezug auf die Auslegung der sogenannten EU-Arbeitszeitrichtlinie (AZR, 2003/88/EG) die folgende Frage vorgelegt: Muss die kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden, auf die ein Arbeitnehmer nach der Richtlinie Anspruch hat, an dem Tag gewährt werden, der auf

Das portugiesische Berufungsgericht – Tribunal da Relação do Porto – hatte dem Europäischen Gerichtshof aufgrund von Zweifeln in Bezug auf die Auslegung der sogenannten EU-Arbeitszeitrichtlinie (AZR, 2003/88/EG) die folgende Frage vorgelegt: Muss die kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden, auf die ein Arbeitnehmer nach der Richtlinie Anspruch hat, an dem Tag gewährt werden, der auf einen Zeitraum von sechs aufeinanderfolgenden Arbeitstagen folgt? Mit Urteil vom 9. November 2017 –Rs. C-306/16 – verneinte der EuGH diese Frage und entschied, dass der Ruhetag auch an einem beliebigen Tag innerhalb eines Sieben-Tage-Zeitraums liegen kann.

Der Kläger war von 1991 bis 2014 bei der Beklagten beschäftigt, die ein Casino in Portugal betreibt. Das Casino ist mit Ausnahme des 24. Dezembers täglich vom Nachmittag bis zum folgenden Morgen geöffnet. Während der Jahre 2008 und 2009 arbeitete der Kläger manchmal an sieben aufeinanderfolgenden Tagen. Ab 2010 änderte die Beklagte die Organisation der Arbeitszeiten, so dass die Beschäftigten an nicht mehr als sechs aufeinanderfolgenden Tagen arbeiteten. Nach der Beendigung seines Arbeitsvertrags im März 2014 erhob der Kläger Klage gegen die Beklagte, um im Wesentlichen feststellen zu lassen, dass diese ihm die Pflichtruhetage, auf die er nach seiner Auffassung Anspruch hatte, nicht gewährt habe. Er forderte insoweit Entschädigungszahlungen entsprechend der Vergütung der gearbeiteten Überstunden.

Nach Art. 5 der AZR hat jeder Arbeitnehmer pro Sieben-Tage-Zeitraum Anspruch  auf eine kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden zuzüglich der täglichen Ruhezeit von elf  Stunden. Dies ist bereits im deutschen Recht aufgrund des grundsätzlichen Verbots der Sonn- und Feiertagsarbeit  verankert. Jedoch können nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) Arbeitnehmer z. B. in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen auch ausnahmsweise sonntags zur Arbeit eingesetzt werden. Solche Arbeitnehmer dürfen in rechtlich zulässiger Weise nach dem ArbZG sogar an bis zu 19 aufeinander folgenden Tagen arbeiten, sofern die täglichen Ruhezeiten von 10 bzw.11 Stunden gemäß § 5 ArbZG und die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden im Rahmen von § 11 Abs. 1, 3 ArbZG eingehalten werden.

Das Maximum liegt bei 19 Tagen, da spätestens am 20. Tag der nach § 11 Abs. 3 ArbZG fällige  Ersatzruhetag für den ersten Sonntag einzulegen ist. Jedoch müssen auch in Deutschland mindestens  15 Sonntage im Jahr beschäftigungsfrei bleiben (§ 11 Abs. 1 ArbZG). Der deutsche Gesetzgeber hat somit bei dem  Einsatz von Arbeitnehmern im Krankenhaus- oder Pflegebereich auf die Festlegung von 24 Stunden-Pausen innerhalb eines Zeitraums von sieben Tagen verzichtet. Dies gilt im Übrigen auch für den Bereich der AVR. Nach §§ 1 und 2 der Anlage 5 sollen hier jedoch mindestens zwei Sonntage im Monat arbeitsfrei bleiben.

Fazit
Somit ist nach Lesart des EuGH unter Umständen eine Tätigkeit von 12 Tagen am Stück möglich, sofern der entsprechende Arbeitnehmer den ersten Ruhetag zu Beginn der ersten Arbeitswoche nimmt und den nächsten am Ende der zweiten Arbeitswoche. Allerdings ist die Arbeit an 12 aufeinander folgenden Tagen aus  arbeitsmedizinischen Gründen nicht zu empfehlen. Es ist nicht auszuschließen, dass der nationale Gesetzgeber diese Entwicklung zum Anlass nimmt, die Regelungen des ArbZG entsprechend zu überarbeiten.

Weitere Artikel, die Sie interessieren könnten

phone
mail Pfeil weiß