Einladung zum betrieblichen Eingliederungsmanagement muss datenschutzkonform sein

Krankheitsbedingte Kündigungen sind schwer begründbar, wenn kein ordentliches betriebliches Eingliederungsmanagement erfolgte. Datenschutzverstöße oder andere formale Fehler im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements gehen laut Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg zu Lasten des Arbeitgebers.

Einladung zum betrieblichen Eingliederungsmanagement muss datenschutzkonform sein

Krankheitsbedingte Kündigungen sind schwer begründbar, wenn kein ordentliches betriebliches Eingliederungsmanagement erfolgte. Datenschutzverstöße oder andere formale Fehler im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements gehen laut Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg zu Lasten des Arbeitgebers (Urteil vom 20. Oktober 2021 – 4 Sa 70/20).

Der Fall

Der Arbeitnehmer (Kläger) ist im Betrieb des Arbeitgebers (Beklagten) seit 2014 als Produktionsfacharbeiter im Betrieb R beschäftigt. Er war im Jahr 2016 an insgesamt 31,7 Arbeitstagen, im Jahr 2017 an insgesamt 51 Arbeitstagen, im Jahr 2018 an insgesamt 42 Arbeitstagen und im Jahr 2019 an insgesamt 43 Arbeitstagen arbeitsunfähig krank. Anfang des Jahres 2020 erkrankte der Arbeitnehmer erneut. In den genannten Zeiten seiner Arbeitsunfähigkeit war der Arbeitgeber entgeltfortzahlungspflichtig.

Der Arbeitgeber hat mit dem Gesamtbetriebsrat und mit dem örtlichen Betriebsrat jeweils eine Betriebsvereinbarung über das betriebliche Eingliederungsmanagement abgeschlossen. Die Betriebsvereinbarung mit dem Gesamtbetriebsrat sieht vor, dass eine Bekanntgabe der Gesundheitsdaten an die Standortleitung nur unter bestimmten Voraussetzungen und nur mit einem zusätzlich einzuholenden Einverständnis des Mitarbeiters erfolgen darf. Der Beklagte lud den Arbeitnehmer schriftlich Ende Januar zu einem betrieblichen Eingliederungsmanagement ein. Im Einladungsschreiben belehrte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zwar über den Datenschutz und die Bekanntgabe der mitgeteilten Gesundheitsdaten gegenüber der Standortleitung. Er wies aber nicht darauf hin, dass dies nur unter den in der Betriebsvereinbarung genannten Voraussetzungen erfolgen würde. Auf diese Einladung hat der erkrankte Arbeitnehmer, wie auch schon auf vergangene Einladungen, nicht reagiert. Die Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit ihm aus krankheitsbedingten Gründen im März ordentlich zum 30. Juni 2020. Der Arbeitnehmer erhob gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage. Er war der Ansicht, dass die negative Gesundheitsprognose seitens des Arbeitgebers fehlerhaft war, und rügte zudem die Anhörung des Betriebsrats und die Ordnungsgemäßheit der Einleitung des betrieblichen Eingliederungsmanagements. Er behauptete, die im Einladungsschreiben benannten Anlagen (Antwortschreiben, Datenschutzunterrichtung und Liste der Mitglieder des betrieblichen Eingliederungsteams) nicht erhalten zu haben.

Das Arbeitsgericht (ArbG) Reutlingen gab der Klage statt und stützte seine Entscheidung auf eine fehlerhafte negative Gesundheitsprognose. Gegen diese Entscheidung legte der Arbeitgeber Berufung ein.

Entscheidung

Das LAG entschied, dass die Berufung unbegründet und die Kündigung unzulässig sei. Die erheblichen Fehlzeiten hätten zwar laut dem LAG für eine negative Gesundheitsprognose und damit eine Kündigung wegen Krankheit ausgereicht. Allerdings hat der Arbeitgeber das für die Kündigung erforderliche betriebliche Eingliederungsmanagement nicht ordnungsgemäß eingeleitet. Es fehlte an der datenschutzrechtlichen Aufklärung über die Verwendung der Gesundheitsdaten.

Im Einladungsschreiben zum betrieblichen Eingliederungsmanagement muss darauf hingewiesen werden,

  • dass nur solche Daten erhoben werden, deren Kenntnis erforderlich ist, um ein zielführendes, der Gesundung und Gesunderhaltung des Betroffenen dienendes betriebliches Eingliederungsmanagement durchführen zu können,
  • welche Krankheitsdaten – als sensible Daten im Sinne von Art. 9 Abs. 1, 4 Nr. 15 DSGVO – erhoben und gespeichert werden und
  • inwieweit und für welche Zwecke die Gesundheitsdaten dem Arbeitgeber zugänglich gemacht werden.

Gesundheitsdaten dürfen außerdem nur einem engen Personenkreis im Unternehmen bekannt gemacht werden. Sollte der Eindruck entstehen, dass der Arbeitgeber auch andere Personen ohne die Einwilligung des betroffenen Mitarbeiters einbeziehen will, so geht das zu seinen Lasten.

Fazit

Arbeitgeber sollten das Urteil zum Anlass nehmen, im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements auch die Anforderungen an den Datenschutz genau zu beachten und hierüber korrekt zu belehren.
 

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