Die letzten beiden Stellungnahmen der Regierungskommission zur Krankenhausreform - Was sind die Empfehlungen für die Zukunft?

Die im Mai 2022 eingerichtete Regierungskommission von Karl Lauterbach, deren Einsatz zur Abgabe von Empfehlungen für die notwendigen Reformen im Krankenhausbereich erfolgte, beendete nunmehr am letzten Freitag (7. März 2025) ihre Arbeit. Zum Abschluss gab sie ihre letzten beiden Stellungnahmen (13. und 14.) ab.


Regierungswechsel 2025

Anlässlich des bevorstehenden Regierungswechsels 2025 und der heute beginnenden Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD, ist ein Blick auf die die Zukunft hinsichtlich der Weiterentwicklung des Umgestaltungsprozesses der Krankenhäuser in Deutschland interessant und damit eine Vergegenwärtigung der letzten Positionierungen der Regierungskommission. Welche zukünftigen weiteren Reformprozesse werden von der Regierungskommission als dringend erforderlich angesehen? Wie mag sich der Regierungswechsel auf die Fortsetzung begonnener und noch anzugehender Reformen auswirken und von welchen Stellschrauben wird wohl das zukünftige Bild der Krankenhausversorgung in Deutschland abhängen?
 

Finanzierung Gesundheitssystem

Die Regierungskommission sieht die zukünftige Finanzierung des Gesundheitssystems insgesamt vor einer gewaltigen Herausforderung. Die fortgesetzte Ausweitung des Leistungsspektrums der gesetzlichen Krankenversicherung und damit die Höhe der Gesamtkosten wird als Problem für die dauerhafte Erhaltung eines solidarisch finanzierten Gesundheitssystem identifiziert. Gleichzeitig wird auf die Notwendigkeit einer gesicherten medizinische Versorgung für den Erhalt von sozialem Frieden und Demokratie verwiesen.
 

Investitionskostenfinanzierung

Dringend plädiert die Regierungskommission dafür, dass für die Krankenhäuser die unzureichende Investitionskostenfinanzierung beendet werden muss und verweist insoweit auf ihre ebenfalls aktuell veröffentlichte 13. Stellungnahme. Dort wird eine Reform der Investitionskostenfinanzierung näher erläutert. Die Bestandsinnovationen seien unabhängig vom Transformationsfonds erforderlich und ihre Mittel müssten daher zusätzlich aufgebracht werden. Zur Erreichung der empfohlenen Investitionsquote für Bestandsinvestitionen in Höhe von 7 bis 9 % der Erlöse der Krankenhäuser wird als ein Vorschlag ein Anreizsystem empfohlen, an dem sich auch der Bund mit Steuermitteln beteiligt. Diese Beteiligung erfolge jedoch nur, wenn das jeweilige Bundesland in seiner Krankenhausplanung die Ziele der Krankenhausreform umsetze und eine bestimmte Mindestquote an Bestandsinvestitionen in seinem Landeshaushalt vorsehe. Bestandsinvestitionen der Länder über diese Mindestquote hinaus könnten dann durch den Bund mit zusätzlichen Mitteln in halber Höhe finanziert werden. 

Als alternativer Vorschlag wird eine zukünftige monistische Finanzierung für den Krankenhausbereich unterbreitet, analog zu den übrigen Bereichen der Gesundheitsversorgung, bei denen ebenfalls die Finanzierung von Leistungen und Investitionen nicht getrennt sei. Für die Zeit nach der Krankenhausreform sollen Investitionen in Strukturveränderungen mit Hilfe eines Fonds gemeinsam durch Bund und Länder finanziert werden.
 

Transformationsfonds

Der Umgestaltungsprozess der Krankenhäuser wird durch den Transformationsfonds begleitet und nach den Zielvorstellungen der Regierungskommission im Jahr 2035 weitgehend abgeschlossen sein. Den Transformationsfonds hält sie für eine gute Grundlage, um die Transformation des Krankenhausbereichs zu finanzieren, geht aber davon aus, dass ihr entworfenes Krankenhauszielbild weitergehender finanzieller Mittel bedarf.
 

Konsequente Umsetzung des weiteren Reformbedarfs auf Basis von Konzepten 

An verschiedenen Stellen betont die Regierungskommission eine Gesundheitspolitik, die das Gesundheitssystem und seine verschiedenen Teilbereiche konzeptionell reformiert und Reformen konsequent vorantreibt.

Demografie, Baby-Boomer

Betont wird die Notwendigkeit eines noch nicht vorhandenen (Finanz-)Konzeptes zur Vorbereitung des Gesundheitssystem und der Krankenhausversorgung auf den sich demografisch bedingt weiter verschärfenden Fachkräftemangel und der gravierenden Herausforderungen für die medizinische und pflegerische Versorgung. Hierbei wird u.a. auf die Babyboomer verwiesen, die in den nächsten Jahren aus dem Erwerbsleben ausscheiden. 

Krankenhausplanung und ambulante Bedarfsplanung

Die künftige Krankenhausplanung soll die ambulante Bedarfsplanung mit einbeziehen. Dabei werden gemeinsame regionale Planungsgremien vorgeschlagen. 

Qualitätssicherung, Indikationsqualität

Moniert wird das Fehlen eines Gesamtkonzeptes für die gesetzliche Qualitätssicherung und -steuerung, das über Strukturqualitätsanforderungen hinausgeht. Die bestehende Qualitätssicherung wird zu Recht als zu kleinteilig, teils widersprüchlich und nicht harmonisiert kritisiert. Plädiert wird für eine evidenzbasierte sowie am Ergebnis und am Patienten orientierte Prozessgestaltung. Hier wird auch der digitalen Vernetzung eine bedeutsame Rolle zugeschrieben, indem Qualitätssicherungsdaten, insbesondere zur Prozess- und Ergebnisqualität, systematisch und weitestgehend automatisiert erhoben und regelmäßig veröffentlicht werden könnten. 

Zudem plädiert die Regierungskommission für Instrumente zur Erhöhung der Indikationsqualität. Genannt werden z.B. Zweitmeinungen, Indikationsboards, Abbau ökonomischer Fehlanreize, Reform des Notfall- und Rettungsdienstwesens sowie die Digitalisierung. 

Innovationen

Unter Hinweis auf den AMNOG-Report 2024 wird auf die gravierenden Ausgabensteigerungen durch neue Arzneimittel und andere medizinische und medizintechnische Innovationen verwiesen. Prognostiziert wird, dass das Gesundheitssystem in seiner bestehenden Konzeption an die Grenze seiner Finanzierbarkeit gelangen wird, da die bestehenden Preisregulierungsinstrumente nur begrenzt greifen. Die Regierungskommission fordert daher ein umfassendes Konzept zum Innovationsmanagement. 

Prävention

Konzeptionell und dringend eingefordert wird zudem eine breit angelegte Präventionsstrategie, um einen deutlich größeren Teil der Gesundheitsausgaben von der kurativen in die präventive Medizin zu verschieben.
 

Ausblick auf den Regierungswechsel

Keine Frage: Der Regierungswechsel 2025 dürfte Auswirkungen auf die Umsetzung der bestehenden und geplanten Reformprozesse haben. Nachfolgend einige zukunftsgerichtete Überlegungen:

  • Politischer Wandel: Ein Regierungswechsel bringt oft neue Prioritäten und Strategien mit sich. Dies gilt in der aktuellen Lage mit Blick auf den Ukraine-Krieg und die veränderten Beziehungen zu den USA besonders. Bestehende Reformprozesse könnten überprüft und möglicherweise angepasst oder in Teilen sogar gestoppt werden. Wie das Bild der Krankenhausversorgung 2035 aussehen wird und inwieweit es dann noch mit dem Zielbild der Regierungskommission übereinstimmen wird, hängt stark davon ab, wie sehr die neue Regierung von den bisherigen Plänen abweicht.
  • Koalitionsdynamik: Die Koalitionsdynamik kann erheblichen Einfluss auf die Umsetzung der Reformprozesse haben und ist in ihrer Entwicklung schwierig einzuschätzen. Bei den bereits sichtbar werdenden unterschiedlichen Ansichten der Koalitionspartner zu den politischen Zielen und Prioritäten insgesamt oder zu Teilen von ihnen, sind Verzögerungen oder Kompromisse erwartbar.
  • Wirtschaftliche Rahmenbedingungen: Die wirtschaftliche Lage wird entscheidend für die Frage sein, welche Reformen priorisiert und angegangen werden. Die neue Regierung steht vor immensen finanziellen Herausforderungen. Es geht um die Reform der Schuldenbremse und um das Sondervermögen. CDU, CSU und SPD haben bekanntermaßen ein milliardenschweres Verteidigungs- und Infrastrukturpaket geschnürt. Hier schlägt dann wegen der erforderlichen Zweidrittelmehrheit für Grundgesetzänderungen im Bundestag die politische Abhängigkeit zum Bündnis 90/Die Grünen durch, die für die Zustimmung im (alten) Bundestag ihrerseits inhaltliche Forderungen aufstellen. Zudem ist auch im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Reformprozesse drohen also auch immer aufgrund von Haushaltszwängen, wirtschaftlichen Herausforderungen und politischen Wechselwirkungen priorisiert oder verschoben zu werden.
  • Öffentliche Meinung und Lobbyismus: Die öffentliche Meinung und der Einfluss von Interessengruppen spielen eine wichtige Rolle. Insofern wird es darauf ankommen, welche Bestandteile der Reformprozesse Unterstützung in der Bevölkerung und bei wichtigen Interessengruppen genießen. Je größer die Unterstützung ist, desto wahrscheinlicher ist ihre Fortsetzung trotz des Regierungswechsels.

Insgesamt ist es schwierig vorherzusagen, wie sich der Regierungswechsel konkret auf die Umsetzung auswirken wird. Es wird von vielen Faktoren abhängen, einschließlich der politischen Prioritäten der neuen Regierung, der Koalitionsdynamik und der allgemeinen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Es bleibt zu beobachten, wie sich die Situation entwickeln wird. Hierzu werden wir weiter berichten.

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