Datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch kann durch arbeitsgerichtlichen Vergleich ausgeschlossen sein

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Saarlandes hat in seinem Urteil vom 13. Mai 2025 – 2 A 165/24 – entschieden, dass eine weit gefasste Abgeltungsklausel in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich auch datenschutzrechtliche Auskunftsansprüche nach Art. 15 DS-GVO erfassen kann – sofern sich diese auf das frühere Arbeitsverhältnis beziehen und die Klausel entsprechend formuliert ist.

Der Fall

Der Kläger hatte sich im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens mit seinem früheren Arbeitgeber auf einen Vergleich geeinigt. Dieser enthielt eine umfassende Abgeltungsklausel, wonach „alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung, gleich ob bekannt oder unbekannt, gleich aus welchem Rechtsgrund“ abgegolten seien – mit Ausnahme der Arbeitspapiere.

Später verlangte der Kläger dennoch Auskunft über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten durch den Arbeitgeber. Seinem Auskunftsbegehren ging der ehemalige Arbeitgeber nicht nach. Daraufhin legte der Kläger Beschwerde gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber bei der Beklagten, der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde, ein. Diese bat den ehemaligen Arbeitgeber um Stellungnahme. Der ehemalige Arbeitgeber verwies auf den gerichtlichen Vergleich und teilte ansonsten mit, dass Kopien eines Impfnachweises nach dem Ausscheiden des Klägers vernichtet wurden und, anders als vom Kläger vorgetragen, keine Fotos von ihm angefertigt worden seien. Die Beklagte leitete die Stellungnahme an den Kläger weiter und stellte darüber fest, dass sie für Ansprüche nach dem Kunsturhebergesetz nicht zuständig sei. Sie stellte das Verfahren gegen den ehemaligen Arbeitgeber ein, woraufhin der Kläger klagte. Das Verwaltungsgericht des Saarlandes wies die Klage als unbegründet ab. Dagegen legte der Kläger Berufung ein.
 

Die Entscheidung

Das OVG Saarland bestätigte die Auffassung der Vorinstanz: Die datenschutzrechtlichen Auskunftsansprüche seien durch die Abgeltungsklausel im Vergleich wirksam ausgeschlossen worden. Zwar bestehe das Auskunftsrecht grundsätzlich unabhängig vom Arbeitsverhältnis, doch könne es durch eine klare und umfassende vertragliche Regelung wirksam erfasst werden. Wenn Betroffene in Form der Einwilligung selbst bestimmen können, welche ihrer Daten verarbeitet werden dürfen, dann liege es nahe, dass sie auch selbstbestimmt auf einen Auskunftsanspruch verzichten können, der nur Einblick in die – selbstbestimmte – Datenverarbeitung gebe. Zwar spräche einiges dafür, dass der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DS-GVO für die Zukunft unabdingbar sei. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass dieser nicht effektiv durchgesetzt werden könnte und letztlich leerliefe. Bei einem – wie hier – beendeten Arbeitsverhältnis sei eine Schutzbedürftigkeit des (grundsätzlich unterlegenen) Arbeitsnehmers hingegen nicht mehr in vergleichbarem Maße gegeben.

Die Formulierung „alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund“ sei eindeutig und umfasse auch datenschutzrechtliche Ansprüche, sofern sie im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen. Dies gilt umso mehr, als dem Kläger der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DS-GVO zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses bekannt gewesen war. Eine ausdrückliche Nennung datenschutzrechtlicher Ansprüche sei nicht erforderlich.

Das Gericht stellte klar, dass das Transparenzgebot der DS-GVO sich auf die Datenverarbeitung bezieht – nicht jedoch auf die Ausgestaltung arbeitsrechtlicher Vergleiche. Entscheidend sei die Auslegung der Vergleichsklausel. Zudem sei davon auszugehen, dass die Parteien – insbesondere bei anwaltlicher Vertretung – bewusst und informiert einem solchen Vergleich zustimmen.
 

Praxis-Hinweis

Das Urteil unterstreicht die Bedeutung präziser Formulierungen in arbeitsgerichtlichen Vergleichen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten sich bewusst sein, dass weit gefasste Abgeltungsklauseln auch datenschutzrechtliche Ansprüche erfassen können. Für Arbeitnehmer bedeutet dies, dass sie etwaige Auskunfts- oder Schadensersatzansprüche aus der DS-GVO vor Abschluss eines Vergleichs ausdrücklich sichern sollten. Arbeitgeber wiederum können durch sorgfältige Formulierungen Rechtssicherheit schaffen.

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