Coronavirus: Der Corona-Rettungsschirm für Krankenhäuser, Vertragsärzte/MVZ, Pflege- und Rehaeinrichtungen

Der Rettungsschirm: Ein Überblick

Am 27. März 2020 sind sowohl das Gesetz zum Ausgleich COVID-19 bedingter finanzieller Belastungen der Krankenhäuser und weiterer Gesundheitseinrichtungen (COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz) als auch das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) in Kraft getreten. Wir geben einen Überblick über die zum Veröffentlichungszeitpunkt wesentlichen Hilfen und d

Der Rettungsschirm: Ein Überblick

Am 27. März 2020 sind sowohl das Gesetz zum Ausgleich COVID-19 bedingter finanzieller Belastungen der Krankenhäuser und weiterer Gesundheitseinrichtungen (COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz) als auch das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) in Kraft getreten. Wir geben einen Überblick über die zum Veröffentlichungszeitpunkt wesentlichen Hilfen und deren Beantragung.

 

Bildquelle: Adobe Stock/Nomad_Soul/Feydzhet Shabanov/eigene Darstellung

Krankenhäuser

  • Krankenhäuser erhalten für zusätzliche, genehmigte Betten mit Beatmungsmöglichkeit einmalig einen Betrag von 50.000 €. Voraussetzung ist, dass die gleichzeitige Anzeige von Elektrokardiogramm, Sauerstoffsättigung und invasiven Drucken möglich ist sowie eine Zugriffsmöglichkeit auf Blutgasanalysegeräte besteht.

  • Ab dem 16. März bis zum 30. September 2020 erhalten die Krankenhäuser für jedes im Verhältnis zum Vorjahr „freie Bett“ 560 € am Tag.

  • Der Fixkostendegressionsabschlag wird für das Jahr 2020 ausgesetzt.

  • Ab dem 1. April bis zum 30. Juni 2020 wird ein fallbezogener Zuschlag von 50 € gezahlt, um die Kosten für Schutzausrüstung zu refinanzieren.

  • Ab dem 1. April 2020 wird der „vorläufige Pflegeentgeltwert" auf 185 € pro Tag erhöht.

  • Die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung wird für sechs Monate ausgesetzt.

  • Die Krankenkassen sind bis zum 31. Dezember 2020 verpflichtet, Rechnungen innerhalb von fünf Tagen nach Rechnungseingang zu bezahlen.

  • Die MDK-Prüfquote wird gesenkt und Strafzahlungen werden für die Jahre 2020 und 2021 ausgesetzt.

  • Die Ausgleiche werden durch die zuständigen Landesbehörden an die Krankenhäuser ausgekehrt. Das Nähere regelt die von den Partnern der Selbstverwaltung am 2. April 2020 vereinbarte Ausgleichzahlungsvereinbarung. Neben der Bestimmung der Referenzwerte zur Berechnung der Ausgleiche enthält die Ausgleichszahlungsvereinbarung auch Musterformulare zur Übermittlung der Daten an die Landesbehörden. Vereinbarung und Formulare sind unter anderem auf der Internetpräsenz der Deutschen Krankenhausgesellschaft (www.dkgev.de) abrufbar.

Vertragsärzte/MVZ

  • Vertragsärzte und MVZ sollen befristete Ausgleichszahlungen erhalten, wenn das Gesamthonorar um mehr als zehn Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal gemindert ist. Entsprechend sollen auch existenzbedrohende Fallzahlrückgänge berücksichtigt werden. Konkrete Abwicklungsregelungen im Sinne geänderter Honorarverteilungsverträge sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht bekannt.

Pflegeeinrichtungen

Die Inhalte des Rettungsschirmes für Pflegeeinrichtungen sind in § 150 SGB XI (gültig bis zum 30. September 2020) geregelt:

  • Sofern die Leistungserbringung aufgrund von COVID-19 wesentlich beeinträchtigt ist, haben Einrichtung und Pflegekasse gemeinsam geeignete Maßnahmen zur Sicherstellung der pflegerischen Versorgung zu treffen. Sowohl eine Abweichung von der vereinbarten Personalausstattung als auch der flexible Einsatz des Personals sind erlaubt.

  • Außerordentliche Aufwendungen und Mindereinnahmen aufgrund von COVID-19 werden von den Pflegekassen erstattet. Die Ansprüche der Einrichtungen sind monatlich im Folgemonat geltend zu machen. Die Erstattung ist innerhalb von 14 Tagen nach Geltendmachung auszuzahlen. § 85 Abs. 7 SGB XI (Anpassung der Pflegesätze bei wesentlichen Änderungen der Annahmen der Pflegesatzvereinbarung) findet keine Anwendung. Ebenfalls gilt § 115 Abs. 3 SGB XI (Kürzungsvereinbarung bei Unterschreiten der vereinbarten Personalausstattung) bei Einschränkungen durch COVID-19 nicht.

Die Abwicklung der Erstattungsansprüche ergibt sich aus den „Kostenerstattungs-Festlegungen“ des GKV-Spitzenverbandes. Der Erstattungsanspruch außerordentlicher Aufwendungen und Mindereinnahmen, die durch COVID-19 im Zeitraum vom 1. März bis zum 30. September 2020 entstehen, umfasst sowohl die Leistungserbringung nach SGB XI und SGB V als auch Leistungen für Unterkunft und Verpflegung. Einnahmeausfälle aus Investitionskosten werden nicht erstattet.

Außerordentliche Aufwendungen und Mindereinnahmen sind z.B.:

  • Personalmehraufwendungen für Pflege- und Betreuungskräfte sowie für sonstiges Personal einschl. Leiharbeiter und Honorarkräfte.

  • Erhöhte Sachmittelaufwendungen, insbesondere aufgrund von infektionshygienischen Schutzmaßnahmen.

  • Einnahmeausfälle bei ambulanten Pflege- und Betreuungseinrichtungen und bei stationären Pflegeeinrichtungen.

Der Erstattungsanspruch ist in Textform und unterzeichnet durch den Träger der Einrichtung bei der jeweils zuständigen Pflegekasse geltend zu machen. Ein veröffentlichtes Musterformular gewährleistet die Einhaltung der verpflichtenden Angaben.

Zur Bestimmung der Mindereinnahmen gilt der Monat Januar 2020 als Referenzgröße. Mehraufwendungen und Mindereinnahmen sind nur insofern geltend zu machen, als eine anderweitige Finanzierung nicht möglich bzw. alle übrigen staatlichen Unterstützungsleistungen ausgeschöpft sind. Die Prüfung der geltend gemachten Erstattungsansprüche erfolgt nachgelagert. Geeignete Nachweise sind auf Verlangen vorzulegen.

Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen 

Geeignete Rehabilitationseinrichtungen können zur nicht-intensivpflichtigen Behandlung von Akutfällen durch die Länder herangezogen werden und gelten dann zunächst bis zum 30. September 2020 als zugelassene Krankenhäuser. Die Vergütung der Leistungen soll pauschal durch die Krankenkassen erfolgen. Die Berechnung erfolgt jedoch in Verantwortung der jeweiligen Einrichtung.

Für Covid-19-bedingte Einnahmeausfälle erhalten auch Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen bis zum 30. September 2020 Ausgleichszahlungen, allerdings nur in Höhe von 60 % der mit den Krankenkassen vereinbarten durchschnittlichen Vergütungssätze. Als Referenzgröße werden die im Jahr 2019 durchschnittlich pro Tag behandelten Patienten herangezogen. Die Auszahlung erfolgt über die Landesbehörden.

Leistungsträger nach § 12 SGB I

Ziel des SodEG ist, dass die Leistungsträger nach § 12 SGB I (mit Ausnahme der Leistungsträger nach SGB V (Krankenkassen) und SGB XI (Pflegekassen)) und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den Bestand der Einrichtungen (Freie Wohlfahrtspflege und gewerbliche Anbieter), die als soziale Dienstleister im Aufgabenbereich des SGB oder des Aufenthaltsgesetzes soziale Leistungen erbringen, gewährleisten.

Nach § 3 SodEG müssen die Leistungen von den Leistungserbringern gegenüber den Leistungsträgern beantragt werden. Dabei gewährt das SodEG den Leistungserbringern Rechtsansprüche; den Leistungsträgern steht kein Ermessen zu. Die Leistungsbewilligung erfolgt rückwirkend, frühestens ab 16. März 2020, durch Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag. Nach § 5 SodEG werden die Leistungen längstens bis zum 30. September 2020 gewährt. Der Schutzschirm greift nur insoweit, als die bisher von den vorgenannten Leistungsträgern finanzierten Leistungen wegen hoheitlicher Entscheidungen zur Bewältigung der Corona-Krise nicht mehr erbracht werden können (z.B. Betriebsschließung).

Die Leistungsbewilligung ist an zwei Voraussetzungen gebunden:

  • Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Krise (maßgebender Zeitpunkt: 16. März 2020) muss ein Rechtsverhältnis (z.B. Versorgungsverträge) zu einem der o.g. Leistungsträger bestanden haben.

  • Bei Antragstellung muss erklärt werden, dass der soziale Dienstleister alle ihm nach den Umständen zumutbaren und rechtlich zulässigen Möglichkeiten ausschöpft, um Arbeitskräfte, Räumlichkeiten und Sachmittel in Bereichen zur Verfügung zu stellen, die für die Bewältigung von Auswirkungen der Corona-Krise geeignet sind (vgl. § 1 SodEG).

Weder das Gesetz noch die Verfahrensabsprachen zwischen Bund, Ländern, BAMF und Sozialversicherungs-trägern enthalten einen Nachranggrundsatz. Nach § 2 SodEG wird der Zuschuss vielmehr zur Sicher-stellung derjenigen Bereiche geleistet, die wegen Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise nicht mehr arbeiten können.

Der Zuschuss beträgt höchstens 75% der bisherigen monatlichen durchschnittlichen Finanzierung (§ 3 SodEG). Die maximale Zuschusshöhe ist nicht erforderlich, soweit anderweitige Kostenersparnisse (z.B. Kurzarbeit) oder Einnahmen (z.B. Weiterführung des Betriebes) zu einem geringeren Zuschussbedarf führen. Etwaige Überkompensationen sollen nach § 4 SodEG erst im Nachhinein (frühestens drei Monate nach der letzten Zuschusszahlung) geprüft und ggf. erstattet werden. 

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