Coronavirus: Vergütung von Vertragsärzten und MVZs

Zusätzliches Vergütung für Corona-Patienten

Die Vergütungsvereinbarung

Die Krankenkassen bzw. die Kassenärztlichen Vereinigungen stellen für die ambulante medizinische Versorgung von Corona-Patienten zusätzliches Geld bereit. Alle ärztlichen Leistungen, die aufgrund des klinischen Verdachts auf eine Infektion oder einer nachgewiesenen Infektion erforderlich sind, werden bereits seit 1. Februar 2020 in voller Höhe extrabudgetär bezahlt. Auf eine entsprechende Vergütungsvereinbarung haben sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband der Krankenkassen Anfang März 2020 geeinigt.

 

Corona-Patienten und Verdachtsfälle

Seit dem 1. April 2020 sind Leistungen, die der Arzt bei Patienten mit klinischem Verdacht auf eine COVID-19-Infektion oder bei Patienten mit einer nachgewiesenen COVID-19-Infektion erbringt, mit der Ziffer 88240 zu kennzeichnen. Dann bekommt der Arzt alle an diesen Tagen für den Patienten abgerechneten Leistungen in voller Höhe extrabudgetär vergütet.

Ebenfalls extrabudgetär werden die im Quartal 2/2020 abgerechneten Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschalen vergütet. Dasselbe gilt für die Zusatzpauschale für Pneumologie (GOP 04530 und 13650) und die Zusatzpauschale fachinternistische Behandlung (GOP 13250). Auch diese Pauschalen werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen extra vergütet, und zwar auch dann, wenn sie nicht an den mit der Ziffer 88240 gekennzeichneten Behandlungstagen abgerechnet wurden.

Kodierempfehlungen

Für die Kodierung von COVID-19-Fällen in der Abrechnung und auf Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gibt es eigene Diagnoseschlüssel: U07.1 ! für COVID-19-Fälle, bei denen das Virus labordiagnostisch nachgewiesen wurde, und U07.2 ! neu ab 1. April. Mit dem Kode U07.2 ! werden ab dem zweiten Quartal die „Verdachtsfälle“ kodiert, bei denen klinisch-epidemiologisch eine COVID-19-Erkrankung diagnostiziert wurde, aber SARS-CoV-2 durch einen Labortest nicht nachgewiesen werden konnte (Quelle: Kodierempfehlungen der KBV vom 02.04.2020).

Ausgleichszahlungen für Vertragsarztpraxen und MVZs

Mit dem am 28. März 2020 in Kraft getretenen COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz hat der Gesetzgeber Ausgleichszahlungen für niedergelassene Vertragsärzte, Psychotherapeuten und Medizinische Versorgungszentren geschaffen, um die ambulante Versorgung der Bevölkerung während der Coronavirus-Pandemie auch bei reduzierter Inanspruchnahme durch Patienten zu sichern und drohende Praxisschließungen abzuwenden.

Voraussetzung für eine Ausgleichszahlung ist eine Honorarminderung um mindestens 10 % gegenüber dem Vorjahresquartal. Ursache der Honorarminderung muss ein Fallzahlrückgang infolge der COVID-19-Pandemie sein. Nach dem Gesetz (§ 87a Abs. 3b SGB V neu) erhält der Arzt von der Kassenärztlichen Vereinigung eine befristete Ausgleichszahlung, welche allerdings auf die sog. extrabudgetären Leistungen beschränkt ist. Extrabudgetäre Leistungen sind z.B. Früherkennungsuntersuchungen und ambulante Operationen. Verglichen wird also die Vergütung für die extrabudgetären Leistungen der Quartale 1/2019 bzw. 2/2019 mit derjenigen der Quartale 1/2020 bzw. 2/2020. Beträgt der Umsatzrückgang bei diesen Leistungen mehr als 10 % gegenüber dem Vorjahresquartal, können der Vertragsarzt bzw. das MVZ dem Grunde nach mit einer Ausgleichszahlung rechnen, müssen sich jedoch Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz, z.B. bei einer angeordneten Quarantäne oder finanzielle Hilfen aufgrund anderer Anspruchsgrundlagen, z.B. aus den Soforthilfeprogrammen der Länder, anrechnen lassen. Damit sind die Ausgleichszahlungen subsidiär gegenüber anderen staatlichen Hilfen. Fraglich ist, ob mit den „finanziellen Hilfen aufgrund anderer Anspruchsgrundlagen“ auch die KfW-Kredite gemeint sind, die jetzt kurzfristig vergeben werden, was die Ausgleichszahlungen letztlich ad absurdum führen würde.

Da Aufgreifkriterium für die Ausgleichszahlung die extrabudgetären Leistungen sind, dürften nach unserer Einschätzung zudem nur wenige Vertragsarztpraxen und MVZs in den Genuss einer Ausgleichzahlung kommen, so dass bezweifelt werden darf, ob es sich um eine suffiziente Existenzsicherung handelt.

Vergütung von Corona-Patienten: die Gesetzeslage

Das Gesetz sieht jedoch noch eine andere Form der Ausgleichszahlung vor, nämlich dann, wenn sich infolge der Pandemie die Fallzahl einer Praxis in einem „die Fortführung der Praxis gefährdenden Umfang“ reduziert. Die Entscheidung darüber, wann eine solche Fallzahlminderung vorliegt, haben die Kassenärztlichen Vereinigungen im Benehmen mit den Krankenkassen in den Honorarverteilungsmaßstäben zu treffen und entsprechende Regelungen zur Fortführung der vertragsärztlichen Tätigkeit vorzusehen (§ 87b Abs. 2a SGB V neu). Da nach unseren Recherchen bisher weder die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe noch die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein ihren Honorarverteilungsmaßstab an die neue Gesetzeslage angepasst haben, bleiben wesentliche Fragen offen. Wir werden die Entwicklung daher weiter beobachten und berichten.

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