Die Lage der Krankenhäuser: Von der Corona-Simulationsrechnung zur integrierten Finanzplanung
Die Corona-Krise hat signifikante Auswirkungen auf die Krankenhausbranche in Deutschland. Durch das COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz und die zugehörigen Änderungsverordnungen wurden Ausgleichszahlungen für belegungsbedingte Erlösrückgänge infolge der Vorhaltung freier Bettenkapazitäten beschlossen. Doch auch neben der Vergütung originärer Krankenhausleistungen im DRG- und PEPP-Bereich sind weitere Erlösbereiche wie Wahl- und Ambulanzleistungen sowie Nebenbetriebe (z. B. Cafeteria) von den Hygiene- und Eindämmungsmaßnahmen der Corona-Politik betroffen.
Diese werden nicht über die Ausgleichspauschalen abgegolten, welche auch nur die durchschnittliche Kostenstruktur einer Krankenhausgruppe widerspiegeln. Dies führt dazu, dass Krankenhäuser in Abhängigkeit vom individuellen Leistungsangebot und Patientenkollektiv unterschiedlich stark von den Ausgleichszahlungen profitieren oder eben auch Verluste generieren. Daher ist es notwendig, die Wirtschaftsplanung unter den neuen Prämissen und Veränderungen stetig zu aktualisieren und anzupassen.
Die Solidaris Unternehmensberatung hat im Rahmen eines selbst entwickelten Simulationstools die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Ergebnis- und Liquiditätssituation von Krankenhäusern unter Berücksichtigung sämtlicher Aspekte des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetzes untersucht. Die Ergebnisse unserer Analysen sehen zunächst besser aus, als es die Medienberichterstattung vermuten lässt: Der Großteil aller Hochrechnungen weist deutlich positive Abweichungen zur ursprünglichen Wirtschaftsplanung aus, wobei nur jene Aufwands- und Ertragspositionen betrachtet wurden, welche einen unmittelbaren Zusammenhang zur Belegungssituation haben. Die Überleitung zu einer Plan-Gewinn- und Verlustrechnung bedarf weiterer Einschätzungen, insbesondere zur Entwicklung von Fixkostenbereichen wie Personal- und Investitionsaufwendungen.
Hierbei muss natürlich auch berücksichtigt werden, dass die Anzahl kritischer COVID-19-Krankheitsverläufe, die einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machen, bisher unter dem Erwartungswert geblieben ist. In der Regel liegen die Erträge aus den Freihaltepauschalen, zumindest bei Grund- und Regelversorgern, deutlich höher als die Erträge aus der Behandlung von COVID-19-Fällen.
Ein besonderes Problem beim Abgleich zur Wirtschaftsplanung zeigt sich im vierten Quartal des Jahres 2020. Die Ausgleichszahlungen für Kliniken aus dem ersten Gesetzespaket sind zum 30. September 2020 ausgelaufen. Unter Umständen wird jedoch die Belegungssituation weiterhin angespannt bleiben, etwa wenn Betten aufgrund der bestehenden Abstandsregelungen gesperrt sind oder Patienten planbare Eingriffe und Operationen aus Furcht vor einer zweiten Ansteckungswelle aussetzen. Auch ein gegenteiliges Szenario ist denkbar, wenn sämtliche verschobene Behandlungen aus dem zweiten und dritten Quartal zum Jahresende konzentriert werden und damit die Personal- und Sachressourcen der Krankenhäuser (neben der Behandlung von COVID-19-Patienten) überlasten.
Daher hat der Gesetzgeber im Rahmen des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) neben umfangreichen Investitionsfördermaßnahmen beschlossen, dass sämtliche Erlösrückgänge, die Krankenhäusern in 2020 gegenüber dem Vorjahr wegen der Corona-Pandemie entstanden sind, in Verhandlungen mit den Kostenträgern krankenhausindividuell ermittelt und ausgeglichen werden können. Somit ist ein kontinuierlicher Plan-Ist- bzw. Vorjahres-Ist-Vergleich zwingend notwendig.
Im Falle positiver Deckungsbeiträge aus den Ausgleichszahlungen wird analog zur Anhebung des Pflegeentgeltwertes das Meistbegünstigungsprinzip für Krankenhäuser angewandt. Der hohe Unsicherheitsfaktor bei der Bewertung des weiteren Infektionsgeschehens und der Reaktionsfähigkeit der Bundes- und Landesregierungen erschwert eine Hochrechnung für das Jahr 2021.
Von der Corona-Simulationsrechnung zur integrierten Finanzplanung Praxis-Hinweis
Die Beratungserfahrung zeigt, dass die Planungsrechnungen in vielen Krankenhäusern noch keinen ausreichenden Reifegrad aufweisen und das tatsächliche Leistungsgeschehen nur in Teilen abbilden. Insbesondere vor dem Hintergrund der Budgetaufstellung 2021 – auch wenn das Jahr 2020 als Basisjahr vermutlich keine Anwendung finden wird – ist es zwingend notwendig, eine Wirtschaftsplanung mit einem möglichst hohen Detaillierungsgrad (z. B. auf Sachkonten- und/oder Kostenstellenebene) zu erstellen. Hierbei gilt es auch, unterjährige Abgrenzungen vorzunehmen, saisonale Einflüsse auf das Leistungsgeschehen zu berücksichtigen sowie die Leistungs- mit der Finanz- und Liquiditätsplanung zu verknüpfen.
Die Leistungsmengen aus 2019 gelten nur dann als valide Planungsgrundlagen, wenn diese um MDK-Prüfungen, Risiken aus der zunehmenden Ambulantisierungsquote und dem Verweildauermanagement (sekundäre Fehlbelegung) sowie um die Folgen des Hygiene- und Belegungskonzeptes bereinigt wurden. Auch eventuelle Personalanpassungen im ärztlichen Dienst (insbesondere Honorarkräfte) sind vorzunehmen. Die Solidaris unterstützt Einrichtungen des Gesundheitswesens hierbei mit fachlicher Expertise sowie Modellvorschlägen zur gemeinsamen Entwicklung einer hausindividuellen Kalkulationslösung. Sprechen Sie uns bei Bedarf gerne an.